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Ein Blick in die Kirchengeschichte - Teil 7

Wie war das Verhältnis zwischen Kirche und Staat im Mittelalter?

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Regensburg, 23. Mai 2023

In unserer Themenreihe zur Kirchengeschichte geht es heute um das enge Verhältnis von Kirche und Staat im Mittelalter.

Geschichte der Kirche: Kirche und Staat im Mittelalter

Mit Kaiser Konstantin dem Großen begann eine geschichtliche Entwicklung, die die Kirche über Jahrhunderte hinweg prägen sollte. War das Verhältnis von Staat und Kirche zuvor einerseits sehr eng, so war es andererseits aber häufig von schweren Konflikten geprägt: Der Staat verfolgt die Kirche. Die Kirche erfährt den Staat als Gegner ihrer selbst und als Gegner Gottes. Konstantin förderte nunmehr das Christentum und 311 wurde es zur tolerierten Religion. Konstantin und seine Nachfolger drängen das Heidentum zurück und gingen eine immer tiefere Verbindung mit der Kirche ein.

Die Bindung von Papst und Franken

Eine weitere bedeutende Rolle spielte das Frankenreich. Dort regierten die Könige aus der Merowingerdynastie, standen aber lange schon im Schatten ihrer „Hausmeier“, die faktisch die Regierungsgeschäfte übernahmen. Pippin wagte es, die Merowinger abzusetzen. Er wollte selbst König werden, wusste aber, dass er dafür eine religiöse Bestätigung benötigte. Er ließ sich 751/752 zum König der Franken wählen und in dem Zuge anschließend im Auftrag des Papstes salben: Die Franken suchten den engen Kontakt zum römischen Papst – der Papst umgekehrt band sich an die Franken und löste sich damit vom byzantinischen Reich.

Kurz darauf zogen die Franken gegen die Langobarden, die in Italien siedelten, in den Krieg. Die gewonnenen Gebiete wurden dem Papst geschenkt: Auf diese Weise wurde der Grundstein für den späteren Kirchenstaat gelegt, in dem der Papst nicht nur geistliche Macht ausübte, sondern dort und in einigen Gebieten in Mittelitalien auch die weltliche Macht. Bis ins 19. Jahrhunderte existierte der Kirchenstaat, der wie jeder andere weltliche Staat auch über ein ausdifferenziertes Gefüge verfügte: Der Papst war Gesetzgeber, unterhielt eine Armee, führte Kriege. Die letzte Spur dieses Kirchenstaates findet sich heute im Vatikanstaat. Parallel zur Salbung Pippins wurde eine Urkunde gefertigt, in der angeblich schon Kaiser Konstantin dem Papst die Herrschaft über die westliche Hälfte seines Reiches geschenkt haben sollte: Diese Dokument galt über Jahrhunderte hinweg als authentisch und wurde erst im 15. Jahrhundert als Fälschung entlarvt. Lange Zeit war jedoch diese Schenkung die  Begründung für die weltlichen Herrschaftsansprüche der Kirche.

Kaiser Karl: „König und Priester“

Dieses Denken mag uns heute fremd erscheinen. Die mittelalterliche Welt war aber – bis hin zur Reformation – konfessionell sehr einheitlich. Eine starke Trennung zwischen einem nur weltlich agierenden Herrscher und einer nur geistlichen Kirche war diesem Denken fremd: Jeder Herrscher verstand seine Macht als von Gott gegeben. Kaiser Karl der Große etwa verstand seine Verantwortung als Herrscher nicht nur für den politischen, sondern auch den kirchlichen Bereich. Die Synode von Frankfurt nannte ihn 794 „Rex et Sacerdos“, „König und Priester“. In der Folge verstand sich Karl als Herr über die fränkische Kirche: Er behandelte das Gut der Kirche wie das des Königs und besetzte selbst die Bischofsstühle. Unter Ludwig dem Frommen wurden gar Gesetze erlassen, die das Leben der Kleriker reformieren sollten; 817 schrieb Ludwig den Mönchen die Beachtung der Benediktsregel vor. Später übten die Könige und Kaiser auch Einfluss auf die Papstwahl aus: Otto III. etwa bestimmte mehrmals einen neuen Papst.

Zwei „Schwerter“ der Herrschaft

Diese enge Verbindung von Kirche und Staat führte in der Folgezeit immer wieder zu Problemen. Die Bischöfe waren nicht nur Geistliche, sondern erhielten vom Kaiser ein Lehen, innerhalb dessen sie die Herrschaft ausübten. Damit aber stellte sich die Frage, wer einen neuen Bischof einsetzen dürfe: Der Papst, weil der Kandidat ja die geistlichen Aufgaben eines Bischofs übernehmen sollte, oder der Kaiser, weil der neue Bischof ja zugleich weltliche Aufgaben übernehmen sollte. Den Höhepunkt fand diese Auseinandersetzung im sogenannten „Investiturstreit“. Gegenseitige Absetzung durch den Kaiser und Exkommunikation durch den Papst waren die Folge. Eine große Rolle spielte dabei auch die „Lehre von den zwei Schwertern“: Danach gäbe es zwei „Schwerter“ oder zwei Machtbereiche: Das weltliche und das kirchliche Schwert. Damit aber war nicht gesagt, in welchem Verhältnis diese beiden zueinanderstehen sollten. Hatte der Kaiser sein „Schwert“ eigenständig von Gott empfangen? Oder war es die Kirche, der beide Schwerter, beide Machtbereiche zustanden, und die das „weltliche Schwert“ nur an den Kaiser verlieh?

Das Ende einer engen Verbindung

Die enge Verbindung zwischen Kirche und Staat sicherte der Kirche einerseits einen gewissen Einfluss auch im politischen Bereich und das gesellschaftliche Leben war ohne die Kirche und den christlichen Glauben nicht zu denken. Auf der anderen Seite stand die Kirche auf diese Weise immer unter dem Druck der Herrschenden. Selbst die Reformation löste diese Bindung nicht vollkommen auf: Nun war Deutschland konfessionell nicht mehr einheitlich sondern gespalten, in den protestantischen Gebieten gab es aber wiederum eine starke Bindung der Kirche an die jeweiligen Landesherren. Erst die Französische Revolution (1789) brachte einen Paradigmenwechsel mit der strikten Trennung von Staat und Kirche. Gerade in Bayern machte sich das während der Herrschaft Napoleons durch die Säkularisation bemerkbar, in der Kirchengut zu großen Teilen verstaatlicht wurde.

Text: Benedikt Bögle

(ssc)



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