Ein Blick in die Kirchengeschichte – Teil 3
Die Zeit der Kirchenlehrer
Regensburg, 12. März 2023
Nach der Zeit der Verfolgungen wurde aus dem Christentum eine erlaubte Religion. Im dritten Teil unserer Themenreihe zur Kirchengeschichte geht es um die Zeit der Kirchenlehrer.
Mit der Regentschaft Kaiser Konstantins hat eine neue Epoche der Kirchengeschichte begonnen. Aus einer verfolgten Religion wurde eine erlaubte Religion, der sogar der Kaiser angehörte. Konstantins Nachfolger setzten seinen Kurs im Wesentlichen fort: Sie begünstigten das Christentum und trugen so auch zu seiner Verbreitung bei. Einzig unter Kaiser Julian – dem die Geschichte den Beinamen „Apostata“, der „Abgefallene“ gab – kam es zwischen 361 und 363 zu einer sehr kurzen Renaissance der heidnischen Religion. Die späteren Kaiser favorisierten wieder das Christentum. 380 wurde den Bürgern des Reiches der Übertritt zum Christentum befohlen, 381 die Konversion zum Heidentum unter Strafe gestellt. Für die Kirche beginnt im vierten Jahrhundert eine enge Symbiose von Staat und Religion, die sich bis in die Neuzeit hin fortsetzen sollte. Eine der entscheidenden Fragen des Mittelalters - und Ursache zahlreicher Konflikte - ist die nach dem Verhältnis von Kirche und Staat: Wer hat im Zweifel das Sagen? Wie viel Macht kann der Staat auch in der Kirche ausüben – und umgekehrt?
Ambrosius von Mailand: Bischof und Dichter
Im vierten Jahrhundert lebten und wirkten auch die ersten drei der vier großen Kirchenlehrer, zu denen die Tradition Ambrosius, Augustinus, Hieronymus und Papst Gregor den Großen zählt. Ambrosius stammte aus Trier. 374 wurde er zum Bischof von Mailand gewählt. Damit hatte der Kirchenmann auch einen großen Einfluss auf die politischen Machthaber im westlichen römischen Reich: Der Kaiser residierte damals auch in Mailand, Ambrosius wurde zum Berater der Kaiser. Von ihm sind mehrere Briefe überliefert, eine bedeutende Rolle spielt er aber bis heute als Dichter zahlreicher kirchlicher Hymnen.
Augustinus von Hippo: Ein bewegtes Leben
Auch auf den nächsten Kirchenlehrer machte der Bischof von Mailand großen Eindruck: Augustinus (354 bis 430) stammte aus der nordafrikanischen Stadt Thagaste. Er studierte Rhetorik, war in Karthago und Rom tätig, bevor er sich als Rhetorik-Lehrer in Mailand niederließ. In seinen „Confessiones“ oder „Bekenntnissen“ schildert Augustinus ein eher unstetes Leben: Er war mit einer Frau liiert, die er später verließ. Gemeinsam mit ihr hatte er einen Sohn, Adeodatus. Augustinus war lange auf der Suche, gehörte der Sekte der Manichäer an. Später bekehrt er sich zum Christentum – der heilige Ambrosius selbst soll ihn der Überlieferung nach getauft haben.
Augustinus wurde Priester und schließlich Bischof von Hippo in Nordafrika. Sein Werk prägt die Theologie bis heute. In der Auseinandersetzung mit der kirchlichen Irrlehre des Pelagius betonte Augustinus stark die göttliche Gnade. Das machte Augustinus zu einem wichtigen Autor etwa auch für Martin Luther und die Reformation. Augustinus von Hippo steht dabei für den Versuch, den christlichen Glauben mit den Mitteln der Vernunft zu ergründen. Dabei bemühte er sich auch um einen Dialog mit der platonischen Philosophie. Auf Augustinus geht etwa auch die kirchliche Lehre der Erbsünde zurück, nach der jeder Mensch – Jesus und die ohne Erbsünde empfangene Jungfrau Maria ausgenommen – mit Schuld geboren wird. Die theologische Debatte um diese Lehre hält bis heute an.
Hieronymus: Der Vater der „Vulgata“
Der Kirchenlehrer Hieronymus stammte aus Dalmatien, wo er 347 geboren wurde. Er lebte als Mönch, studierte in Antiochien die Sprachen der Heiligen Schrift und lebte für mehrere Jahre zurückgezogen in der Wüste. Im Auftrag des Papstes arbeitete er später an einer Übersetzung der Bibel ins Lateinische, die sogenannte „Vulgata“-Übersetzung, deren Wortlaut das kirchliche Denken über Jahrhunderte prägte. Hieronymus starb 419 oder 420 in Betlehem.
Gregor der Große: Papst, Schriftsteller, Politiker
Als letzter der großen Kirchenlehrer gilt schließlich Papst Gregor der Große. Er entstammte einer bedeutenden römischen Familie und machte zunächst weltliche Karriere, war Stadtpräfekt in Rom. Dann änderte er sein Leben radikal und gründete ein Kloster, das er mit seiner Erbschaft ausstatte. Von 590 bis 604 war er Papst. Gregor erkannte, dass er enger mit den germanischen Stämmen kooperieren müsste, die tatsächlich in den folgenden Jahrhunderten die Geschicke Europas prägen sollten. Gregors Schriften – vor allem der „Liber regulae pastoralis“ und die „Moralia in Job“ – blieben lange von großer Bedeutung. Gleichzeitig war Gregor auch ein geschickter Verwalter, der in schwierigen Zeiten in der Stadt Rom staatliche Aufgaben übernahm. Auch die Liturgie prägte Gregor, auf den das „Sacramentum Gregorianum“ zurückgeht.
Die vier großen Kirchenlehrer bestimmten die Geschickte der Kirche in einer Zeit des Übergangs: Ambrosius, Augustinus und Hieronymus lebten in einer Zeit, in der das Christentum immer mehr zur Mehrheitsreligion wurde, aber auch mit zahlreichen Konflikten zwischen Kirche und Staat sowie innerhalb der Kirche selbst konfrontiert wurde. Gregor der Große erlebte und gestaltete einen neuen Übergang von der Zeit des Römischen Reiches hin zur Herrschaft der Franken. Die Gedanken und Schriften der Kirchenlehrer prägten das kirchliche Denken über Jahrhunderte – teilweise bis heute.
Text: Benedikt Bögle/ mk