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Ein Blick in die Kirchengeschichte – Teil 17

Das Zweite Vatikanische Konzil

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Regensburg, 6. Oktober 2023

Wie steht die Kirche zur Welt? Wer ist das Licht der Welt? Welchen Auftrag hat die Kirche? In unserer Themenreihe zur Kirchengeschichte lesen Sie heute über das Zweite Vatikanische Konzil, das zum Symbol für die Erneuerung der katholischen Kirche stand.

Die Ankündigung von Papst Johannes XXIII., ein ökumenisches Konzil abhalten zu wollen, kam unerwartet. Einerseits sahen viele in Johannes XXIII. einen Papst des Übergangs, von dem sie kaum etwas so Bahnbrechendes wie ein Konzil erwartet hatten. Auf der anderen Seite stellte sich die Frage, mit welchen Fragen sich das Zweite Vatikanische Konzil überhaupt beschäftigen sollte. Der Papst wollte seine Vorstellung einer Kirche verfolgen, die den Menschen in ihrer Zeit etwas zu sagen hatte. „Aggiornamento“, „Verheutigung“ war das Schlagwort der Stunde.

Und so wurde am 8. Dezember 1962 das Zweite Vatikanische Konzil im Petersdom eröffnet. Die Konzilsväter stellten sogleich eine erste Weiche. Mehrere Kommissionen hatten bereits zu verschiedenen Themen ein „Schema“, einen ersten Entwurf verfasst. Diese Kommissionen waren vor allem aus Vertretern der vatikanischen Kurie besetzt; das Konzil entschied, die Kommissionen neu zu besetzen. Auf diese Weise wurden größere Teile der Weltkirche repräsentiert. Zudem bestanden viele Entwürfe darin, die bisherige Lehre der Kirche zusammenzufassen. Das Konzil gab sich jedoch selbst eine neue Richtung, indem es nicht mehr nur um die Zusammenfassung der kirchlichen Lehre gehen sollte, sondern um eine pastorale Erneuerung.

Wie steht die Kirche zur Welt?

In der Konstitution „Gaudium et Spes“ (GS) über „die Kirche in der Welt von heute“ schreiben die Konzilsväter: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ (GS 1). In gewisser Weise bringt diese Sichtweise einen Paradigmenwechsel zum Ausdruck. Im 19. Jahrhundert grenzte sich die Kirche immer wieder gegen Bewegungen der Moderne ab. Im „Syllabus errorum“ etwa versammelte Papst Pius IX. zahlreiche Thesen, die aus kirchlicher Perspektive abzulehnen waren. Dazu gehörten geistige Strömungen wie politische Auffassungen. Der „Syllabus“ steht für die kirchliche Haltung im 19. Jahrhundert, die zahlreiche Geistesströmungen der Moderne verurteilte. Der „Antimodernismus“ grenze stark nach Außen ab. Das Zweite Vatikanische Konzil wählte eine andere Herangehensweise: Es sollte um eine Hinwendung der Kirche zur Welt von heute gehen, nicht um eine Abschottung.

Am Anfang steht die Liturgie

Der erste beschlossene Text war die Konstitution über die Liturgie – „Sacrosanctum Concilium“. Für die Wahrnehmung des Konzils nach Außen war gerade dieser Beschluss vielleicht der wirkmächtigste. Die Konzilsväter sprachen sich für zahlreiche Reformen innerhalb der Liturgie aus. Der Kalender der Kirche mit seinen zahlreichen Fest- und Gedenktagen sollte reformiert werden; die Volkssprache sollte einen Raum in der Liturgie erhalten. Die Bedeutung der Schriftlesungen in der Heiligen Messe sollte aufgewertet werden, das Stundengebet reformiert werden. Diese Reformen wurden im Detail nicht vom Konzil selbst beschlossen, sondern von einer Kommission erarbeitet. Über mehrere Jahre erschienen Dekrete des Papstes, die die Liturgie reformierten, bis 1970 das neue Messbuch in Kraft trat – 400 Jahre, nachdem im Auftrag des Konzils von Trient das „tridentinische“ Messbuch erlassen wurde.

Wer ist das Licht der Welt?

Das Konzil definierte auch die Rolle der Kirche. Gerade hier wird ein neuer Denkansatz in den Debatten des Konzils deutlich. Die Konstitution „Lumen Gentium“ beschäftigt sich mit der Kirche. Sie sollte ursprünglich beginnen mit den Worten: „Das Licht der Völker (Lumen Gentium) ist die Kirche.“ Dagegen erhob sich Widerspruch: Das Licht der Völker ist nicht die Kirche, sondern wie es im verabschiedeten Text auf dem Konzil schließlich hieß, Christus selbst. Die Kirche ist nicht der Dreh- und Angelpunkt; Christus ist das Zentrum. Von weiterer Bedeutung war vor allem die Erklärung „Nostra Aetate“ über den Umgang der Kirche mit den nichtchristlichen Religionen, insbesondere dem Judentum, sowie „Dignitatis Humanae“ über die Religionsfreiheit.

Ein bleibender Auftrag

Das Konzil endete nach vier Sitzungsperioden 1965; diese Perioden dauerten jeweils mehrere Monate. Papst Johannes XXIII. erlebte nur die erste Sitzungsperiode mit, bevor er starb. Sein Nachfolger war Paul VI., der das Konzil fortführte. Doch selbst mit dem Abschluss der Sitzungen war die Arbeit nicht getan: Die Arbeit am neuen Messbuch dauerte bis 1970 an, die Überarbeitung des kirchlichen Gesetzbuches CIC sogar bis 1983. Bis heute wirkt das Zweite Vatikanische Konzil. Die Anfangsworte von „Gaudium et spes“ formulieren einen bleibenden Arbeitsauftrag an die katholische Kirche: Hoffnung und Freude dieser Welt müssen auch ihre Hoffnung und Freude sein. Die Kirche muss sich in der Nachfolge des Konzils der Welt zuwenden – ohne freilich in ihr aufzugehen.

Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird die Kirche in die Gegenwart entlassen:  2000 Jahre Kirchengeschichte bieten viele Höhepunkte, die bis heute Vorbild für das kirchliche und religiöse Leben sind. Viele Epochen, Auseinandersetzungen und Konflikte sind der Kirche aber auch Mahnung, sich auf ihrem Weg an Jesus zu orientieren und die Erfüllung nicht in weltlicher Macht zu suchen. 

Text: Benedikt Bögle

(SSC)



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