News Bild Ein Blick in die Kirchengeschichte – Teil 11
Ein Blick in die Kirchengeschichte – Teil 11

Die Blüte der Theologie

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Regensburg, 21. Juli 2023

In unserer Themenreihe zur Kirchengeschichte erfahren wir dieses Mal, wie es zur Gründung der ersten Universitäten in Europa und zur großen Blüte der Theologie im Mittelalter kam.

Das Christentum war von Anfang an eine Religion, die versuchte, ihren Glauben mit den Mitteln der Vernunft zu ergründen. Ein erster bedeutender Schritt dazu war die sogenannte „Inkulturation“ des Christentums in die hellenistische Welt. Die Botschaft der frühen Christen entwickelte sich in den Denkkategorien des Judentums. Als aber das Christentum sich immer mehr im Mittelmeerraum verbreitete, kam es zwangsläufig auch in Kontakt mit der heidnischen Kultur: Menschen wurden Christen, deren Denken nicht jüdisch, sondern griechisch geprägt war. Das Christentum griff Aspekte der griechischen Philosophie auf und versuchte, seinen Glauben auch mit ihren Mitteln und Begriffen verständlich zu machen. Ein Beispiel ist der Prolog des Johannesevangeliums, in dem der Evangelist Jesus als den „logos“ bezeichnet (vgl. Joh 1,1) und damit eine zentrale Kategorie platonischen Denkens aufgreift.

Glaube und Vernunft

Der Versuch, Glaube und Vernunft zusammenzudenken, zieht sich durch die gesamte Theologie. Schon die frühen Theologen ergründeten den christlichen Glauben mit den Mitteln der Vernunft – etwa Augustinus von Hippo oder Origenes. Über Jahrhunderte wurde dieses Wissen der Kirchenväter überliefert: Ordenshäuser unterhielten eigene Schulen, die die Lehre der Väter tradierten und von einer Generation in die nächste weitergaben. Eine Revolutionierung dieses Systems fand im dreizehnten Jahrhundert durch die Gründung der Universitäten statt. Um 1200 schlossen sich in mehreren Städten die dort lehrenden „Magister“ zusammen und gründeten eine „Universität“ – Paris und Bologna waren Vorreiter dieser Entwicklung. Diese Universitäten verstanden sich als „universitas magistrorum“, als „Gesamtheit der Lehrer“.

Theologie, Medizin oder Jura

Die Universitäten erhielten ein starkes Gewicht. Sie waren oft unabhängig von den jeweiligen Städten und hatten durch die große Zahl an Studenten einen – auch wirtschaftlich – bedeutenden Einfluss. Die Studenten widmeten sich erst den sieben „artes liberales“, den „freien Künsten“. Anschließend studierten sie entweder Theologie, Medizin oder Rechtswissenschaften. Diese Entwicklung ist ein erster Baustein für die Blüte der Theologie im Mittelalter: Sie konnte sich auf diese Weise institutionalisieren und wurde zu einer professionellen Wissenschaft. Ein weiterer Baustein war die Wiederentdeckung des antiken Philosophen Aristoteles. Während das Werk Platons im Westen gut bekannt war und von der Theologie breit rezipiert wurde, ging das aristotelische Werk verloren. In der islamischen Welt war dieses Wissen jedoch deutlich besser bewahrt worden und gelangte nun im Mittelalter wieder nach Europa. Damit stand der Philosophie und Theologie nun das umfangreiche Werk des Aristoteles zur Verfügung, das bislang nur in Teilen zugänglich gewesen war.

Der Einfluss des Aristoteles

Die Philosophie des Aristoteles erschien nun aber mit einigen christlichen Lehren unvereinbar, so dass die Kirche ihre Rezeption verbot. Die Theologie beschäftigte sich aber dennoch mit dem großen Philosophen und machte seine Ansichten in der Folgezeit auch für das Christentum fruchtbar – so etwa in der Transsubstantiationslehre. Lange hatte die Theologie versucht, die Geschehnisse während der Wandlung zu begründen. Was geschah mit Brot und Wein, wenn sie zu Leib und Blut Christi wurden? Und mehr noch: War nicht bei der Kommunion spürbar, dass das Brot noch immer nach Brot schmeckte – wie konnte es da der Leib Christi sein? Aristoteles unterscheidet bei allen Dingen Wesen und Form. Dabei kommen jedem Ding „Akzidenzien“ zu, zufällige Eigenschaften. Ein Mensch ist ein Mensch – die Haarfarbe, die Größe und das Gewicht sind solche Akzidenzien. Sie können sich ändern, und doch bleibt der Mensch ein Mensch. Damit nun wurde die Eucharistie erklärt: Die äußeren Erscheinungen von Brot und Wein – Geschmack, Form, Konsistenz – bleiben gleich. Es ist das Wesen, das sich ändert: Brot und Wein werden zu Leib und Blut Christi.

Der „Bettelordensstreit“ in Paris

Die Theologie des Mittelalters wurde in weiten Teilen von Angehörigen der Bettelorden der Franziskaner und Dominikaner geprägt. Das war zu Beginn keine Selbstverständlichkeit, sondern führte zu erheblichen Auseinandersetzungen an der Universität von Paris. Die dortigen Lehrstühle waren von Weltpriestern besetzt; den Orden standen keine Lehrstühle zu. Allerdings wurde 1229 der Professor Gerhard von Cremona, bislang Weltpriester, Dominikaner – damit hatte der Orden einen ersten Lehrstuhl. Der Streit darüber spitze sich zu, als die Universität Paris geschlossen in den Streik trat, weil die Stadt Paris ihre Rechte einschränken wollte – die Angehörigen der Bettelorden brachen diesen Streit, weil sie Konflikte verhindern wollten. In der Folge kam es zur intellektuellen Auseinandersetzung: Die Mönche sollten doch, so meinten die Gegner, ihre Aufgaben als Mönche wahrnehmen. Sie sollten Buße tun, predigen, ein einfaches Leben führen – aber nicht als Professoren auftreten. Die Bettelorden gewannen diesen Streit und prägten fortan die Theologie des Mittelalters.

Albertus, Thomas und Bonaventura

Zu den großen Theologen zählt etwa der Dominikaner Albertus Magnus. Er war ein Universalgelehrter, der sich nicht nur mit Philosophie und Theologie beschäftigte, sondern auch mit den Naturwissenschaften. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit leitete er die deutschen Dominikaner und war von 1260 bis 1262 Bischof von Regensburg. Einer seiner Schüler war Thomas von Aquin. Thomas war ebenfalls Dominikaner und unterrichtete in Rom, Paris und Neapel. Seine Darstellungen des christlichen Glaubens in der „Summa contra gentiles“ und der „Summa theologiae“ prägen die Theologie bis heute. Ebenfalls von großem Einfluss waren die Franziskaner Bonaventura und Duns Scouts.

Text: Benedikt Bögle

Bild: Canva; Die Alma Mater Studiorum im Herzen der Altstadt Bolognas wurde 1088 gegründet und gilt als die älteste Universität Europas.

(SSC)



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