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Ein Blick in die Kirchengeschichte – Teil 10

Die Gründung der Bettelorden

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Regensburg, 30. Juni 2023

In unserer Themenreihe zur Kirchengeschichte schauen wir heute auf Franz von Assisi und die Gründung der Bettelorden.

Die Biographie des heiligen Franz von Assisi ist nicht nur ein herausragendes Beispiel persönlicher Christus-Nachfolge: Das Leben des Mannes hat die Geschichte der Kirche nachhaltig geprägt. Franz wurde 1181 oder 1182 in Assisi in Umbrien geboren. Er stammte aus einer Familie von Tuchhändlern, die wohlhabend war: Die Zukunft von Franziskus war gesichert. Doch Franziskus krempelte sein Leben um. 1205 wurde er von der Idee ergriffen, in der Nachfolge Jesu Christi arm zu leben. Das führte zum Eklat mit seinem Vater, der diese Entscheidung nicht nachvollziehen konnte. Der Vater suchte die öffentliche Auseinandersetzung mit seinem Sohn. Franziskus entkleidete sich daraufhin auf dem Marktplatz von Assisi vollständig und betonte damit seine Entscheidung, arm zu leben und auf sein reiches Erbe zu verzichten.

Die Vision: Ein armes Leben

1206 hörte Franz in der Portiunkula-Kirche nahe Assisi eine Stimme: „Geh und baue mein Haus wieder auf.“ Franziskus dachte zunächst an das verfallene Kirchlein, in dem er stand. Im Lauf der Zeit begriff er jedoch, dass der Gekreuzigte zu ihm sprach und seine gesamte Kirche gemeint haben musste. Franziskus predigte nun von der Barmherzigkeit Gottes und führte ein armes Leben. Einige Männer scharten sich um ihn, 1209 oder 1210 gingen sie nach Rom, um von Papst Innozenz III. die Bestätigung ihres neuen Ordens zu erwirken. Die Gruppe zog umher, in Italien, Südfrankreich und Spanien. Sie forderten zur Umkehr auf und verkündeten Gottes Liebe. Immer mehr Männer schlossen sich der Begegnung an. Das muss an einem ungewöhnlich großen Charisma des Franziskus gelegen haben. Er begleitete etwa 1219 einen Kreuzzug nach Ägypten: Dort gelang es ihm, durch die Fronten unbehelligt bis zum Sultan vorzudringen und mit ihm über das Evangelium zu sprechen.

1221 gab Franziskus seinem Orden eine Regel. Er empfing auf dem „Monte La Verna“ die Wundmale Jesu und starb, schwer krank, bereits 1226. Auch die heilige Klara aus Assisi, die geistige Schwester von Franziskus, führte ein von Armut geprägtes Ordensleben: Sie scharte ebenfalls eine Gemeinschaft um sich und ist so die Gründerin der weiblichen Ordensgemeinschaften, die nach dem Vorbild von Franz und Klara leben. Die Lebensweise des heiligen Franziskus und seiner Brüder wurde für die Kirche auch zu einer Herausforderung. Franz war der Ansicht, weil Jesus arm gelebt hatte, müsste auch die Kirche arm sein. Die Kirche zur Zeit Jesu war aber nicht arm: Gerade im Reichskirchensystem waren die Bischöfe auch weltliche Herrscher, die über erhebliche Besitztümer verfügen konnten. Wer auch immer ein armes Leben forderte, konnte damit gelichzeitig auch zum Kritiker der Kirche seiner Zeit werden.

Häretische Bewegungen im Mittelalter

Das hatte die Kirche bereits mit zwei als häretisch verurteilten Gruppierungen erfahren. Die „Waldenser“ wurden in Lyon vom Kaufmann Petrus Valdès zwischen 1170 und 1175 gegründet. Die Waldenser predigten ebenfalls eine radikale Armut; sie wollten diese aber zur Pflicht aller Christen machen: Nur wer ganz arm lebe, habe das Recht, zu predigen. Valdès wurde daraufhin exkommuniziert. Ebenfalls im zwölften Jahrhundert traten die „Katharer“ in Erscheinung. Auch sie geißelten die reiche Kirche und sprachen ihr jede Berechtigung ab. In strenger Askese lehnten sie jedoch – auch, indem sie die spätantike „Gnosis“ aufgriffen – alles Körperliche ab und verstiegen sich so zu einer dualistischen Weltsicht. Die Antwort der Kirche war die Inquisition, die oft auch zum Mittel der Gewalt griff. Ohne die Opferzahlen beschönigen zu wollen oder zu können, brachte die Inquisition auch Bewegung in die europäische Rechtsgeschichte: Die Inquisition stellte ein formalisiertes Verfahren dar, in dem die Schuld des Angeklagten bewiesen werden musste – wenngleich hierzu auch zum Mittel der Folter gegriffen wurde.

Kann man ganz arm leben?

Franziskus von Assisi und seine Armutsbewegung wurden von der Kirche jedoch aufgegriffen – auch und gerade, weil Franz mit seinem armen Leben nicht jede andere Lebensform verteufelte und sich gerade nicht in eine dualistische Teilung zwischen Geist und Körperlichkeit verstieg. Seine Schöpfungsspiritualität, die unter anderem im Sonnengesang „Laudato si‘“ zum Ausdruck kommt, legt davon Zeugnis ab. Doch die radikale Armut des Franziskus, der auf jeden Besitz verzichten wollte, führte im Lauf der Zeit auch zu Schwierigkeiten. Franziskus wollte für sich und seine Brüder gar nichts besitzen; sie lebten von der Vorsehung Gottes und waren völlig auf Spenden angewiesen. Je größer der Orden wurde, desto schwieriger wurde aber dieses Ziel. Die ursprünglichen, jungen Brüder lebten in Umbrien mit einem gemäßigten Klima: Ergab sich hier einmal keine Unterkunft für die Nacht, war das vielleicht unangenehm, aber noch nicht zwingend lebensbedrohlich. Bald aber lebten auch Ordensbrüder nördlich der Alpen, die Brüder wurden zudem auch älter: Unter diesen Umständen waren sie wenigstens auf ein verlässliches Kloster angewiesen, in dem auch die Kranken gepflegt werden konnte.

Ein juristisches Konstrukt

Es kam zu einem Kompromiss mit dem Papst: Die Franziskaner sollten Besitz haben – Klöster etwa oder kleine Kirchen. Das Eigentum sollte aber beim Papst liegen. Auf diese Weise lebten die Brüder wirklich arm und konnten nichts ihr Eigentum nennen – und hatten doch eine gewisse Sicherheit. 1297 wurde das Konstrukt durch eine päpstliche Bulle bestätigt. Das Armutsideal der Franziskaner blieb für die Kirche aber eine Herausforderung, erinnerten die Brüder doch ständig an die arme Lebensweise Jesu; sie hielten einer reichen Kirche damit den Spiegel vor. Im 14. Jahrhundert wurde das päpstliche Konstrukt unter Papst Johannes XXII. daher wieder aufgelöst – die Franziskaner mussten Eigentümer ihrer Liegenschaften werden und konnten in diesem Sinne nicht mehr ganz radikal arm leben.

Dominikaner: Bildung und Predigt

Der zweite bedeutende Bettelorden wurde von Dominikus gegründet. Anfang des dreizehnten Jahrhunderts wollte er die häretische Bewegung der Katharer durch die Predigt bekehren. Er legte besonderen Wert auf eine gute, theologische Ausbildung und gründete den „Dominikanerorden“, deren offizieller Titel die Berufung des neuen Ordens zusammenfasst: „Ordo praedicatorum“, „Predigerorden“. Viele der großen mittelalterlichen Theologen entstammen diesem neuem Orden – etwa Thomas von Aquin oder Albertus Magnus.

Text: Benedikt Bögle

(kw)



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