Regensburg, 10.01.2023
50 000 Menschen haben vergangenen Donnerstag am Requiem auf dem Petersplatz teilgenommen. Einer von ihnen war unser Autor Benedikt Bögle, der sich wie unzählige Gläubige aus der ganzen Welt in Rom von Papst Benedikt XVI. verabschiedet hat. Er berichtet von den Eindrücken, die er in diesen Tagen gesammelt hat.
Vor dem Petersplatz, direkt vor dem freistehenden Altar, ruht jetzt der Leichnam von Papst Benedikt XVI. Der Holzsarg ist ganz schlicht, er trägt nur das kleine Papstwappen Benedikts. Wie schon am aufgebahrten Leichnam Benedikts beeindruckt auch hier die Schlichtheit: Der Sarg steht ganz für sich alleine; einzig ein aufgeschlagenes Evangelienbuch ruht auf dem Sarg. Würde man nicht auf dem Petersplatz stehen und wüsste man nicht, wer hier zur letzten Ruhe geleitet wird – kaum etwas würde auf einen Papst hinweisen: Keine Mitra ruht auf dem Sarg, kein Kelch, kein Bild des Verstorbenen, kein Bischofsstab weisen auf die Würde des Heimgegangenen hin.
Viele Menschen sind gekommen. Woher sie genau kommen, lässt sich auf den ersten Blick nicht sagen. Anders als bei so vielen Messen, die Benedikt XVI. auf diesem Platz feierte, weht kein Fahnenmeer, schallen keine lauten Rufe über den Platz. Papst Franziskus, der wie in letzter Zeit üblich zwar der Messe vorsteht, die Eucharistie am Altar aber nicht selbst feiern kann, wird im Rollstuhl auf den Platz gefahren. Es folgen die Kardinäle und der Altardienst. Das Requiem beginnt mit dem alten lateinischen Gesang: „Requiem aeternam dona ei, Domine, et lux perpetua luceat ei“ – „Gib ihm die ewige Ruhe, Herr, und das ewige Licht leuchte ihm.“
Ein letztes Mal zeigt sich schon durch die Texte der Eucharistiefeier die Universalität jener Kirche, der Benedikt XVI. als Hirte vorstand: Die liturgischen Texte werden auf Latein gebetet, der Wortgottesdienst auf Spanisch, Italienisch und Englisch gefeiert. Auf die Feier der Heiligen Messe folgt die letzte Verabschiedung von Papst Benedikt. Der wunderbare lateinische Gesang drückt die Hoffnung der versammelten Gemeinde aus: „In paradisum deducant te Angeli“ – „Ins Paradies mögen Engel dich geleiten“. Ein letztes Mal folgt das „Magnificat“, der Lobgesang Mariens aus dem Lukasevangelium. Man fragt sich, wie oft der emeritierte Papst diesen Gesang gebetet haben mag: An jedem Tag ist er in der Vesper, dem Abendgebet der Kirche, vorgesehen. Mindestens seit seiner Weihe zum Diakon hat Joseph Ratzinger die Vesper täglich gebetet; Jahrzehnte lang begleitete dieser Text ihn Tag für Tag: „Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter“.
Der Sarg verlässt nun den Petersplatz. Die großen, roten Vorhänge zum Petersdom öffnen sich und Papst Franziskus verabschiedet sich ein letztes Mal von seinem Vorgänger im Petrusdienst. Die Menschen auf dem Platz klatschen sanft und zollen damit einem Mann ihren Respekt, der sein ganzes Leben in den Dienst der Kirche stellte. Vereinzelte stimmen die „Benedetto“-Rufe an, die aus dem vergangenen Pontifikat noch so bekannt sind; hier und da ruft einer „santo subito“.
Wir verlassen nun den Petersplatz; in den Gassen rund um den Vatikan begegnet man besonders vielen deutschen Pilgern. Die Stadt wirkt nicht überlaufen und doch sind immer wieder die großen und kleinen Gruppen an Pilgern sichtbar, die nach Rom gekommen sind, um sich von Papst Benedikt XVI. zu verabschieden. Ich hatte das Glück, am Nachmittag noch eine Totenvesper mit Reinhard Kardinal Marx feiern zu können: Die offizielle Delegation aus Bayern, angeführt von Ministerpräsident Dr. Markus Söder, versammelt sich in der deutschen Nationalkirche Santa Maria dell’Anima. Nach der Vesper und einer kurzen Ansprache des Ministerpräsidenten ertönt die Bayernhymne. Unwillkürlich muss man an den Empfang von Papst Benedikt auf dem Münchner Marienplatz denken, als er 2006 seine bayerische Heimat besuchte. An der Marienstatue, die als Mittelpunkt Bayerns gilt, sang der Heilige Vater voller Inbrunst die Worte: „Gott mir Dir, du Land der Bayern“.
Foto: Daniel Ibañez / CNAdeutsch
Text: Benedikt Bögle / (jw)