Durch das Kirchenjahr: Was ist schon der Mensch?
… mit Benedikt:
Dreifaltigkeitssonntag – Psalm 8,4-5.6-7.8-9
Jeden Sonntag hören wir zwischen der ersten und der zweiten Lesung einen Psalm, gesungen oder gesprochen. „Antwortpsalm“ heißt das. Auch in den Werktagsmessen ist der Psalm vorgesehen. Allzu oft aber wird er nicht als eigener Lesetext wahrgenommen, geht unter, wird am Ende sogar durch ein Kirchenlied ersetzt oder komplett gestrichen. Das ist sehr schade: Die Psalmen sind ein grandioser Schatz unserer Heiligen Schrift. Wohl alle menschlichen Situationen finden sich in den Psalmen wieder. Wir finden die Gebete von Menschen, die von ihrer eigenen Schuld übermannt werden. Ebenso finden wir die Hilferufe unschuldig Verfolgter. Gleichzeitig aber hat auch Jubel und Lob Platz in den 150 Psalmen des Ersten Testaments.
Gut, dass die Psalmen auch zu unserer Leseordnung gehören! Meistens lohnt es sich, ein wenig genauer auf die Verse zu achten. So etwa an diesem Sonntag, dem Dreifaltigkeitssonntag: Psalm 8 beschreibt die Schöpfung Gottes. Der Beter beschreibt, was er auf dieser Welt sieht und macht klar, dass er das alles als Schöpfung des guten Gottes begreift: Die Sterne und den Mond, den ganzen Himmel, die Tiere – und den Menschen. Die Größe Gottes unterstreicht ja auch die Botschaft dieses Dreifaltigkeitssonntags. Gerade angesichts der Größe Gottes kommt der Beter ins Schwärmen und stellt die entscheidende Frage: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“
Vollkommen klar ist für den Autor des Psalms, dass Gott an den Menschen denkt, sich seiner annimmt. Das muss im Text gar nicht weiter begründet werden. Aber wie wunderbar ist diese Aussage: Der große Gott, der die ganze Welt erschaffen konnte, denkt an den Menschen. Der Mensch ist ihm wichtig. Der Mensch, der sündigt, sich von Gott entfernt, hinfällig und armselig wird. Was ist daran schon so Tolles, als dass Gott sich damit beschäftigen möchte? Wozu denn soll der große Gott an den kleinen Menschen denken? An nicht wenigen Stellen in der Heiligen Schrift wird ja gerade die Schwäche des Menschen thematisiert, sein Unverstand, seine Sündhaftigkeit, seine Vergänglichkeit.
Und dennoch findet Gott etwas an diesem Menschen. Und das heißt: An jedem Menschen. Jeder von Gott geschaffene Mensch wird von ihm bedacht, ist kein Projekt nur des Zufalls, eine Laune der Natur. Das macht den Menschen zu einem würdigen Wesen – und das gerade unabhängig von irgendwelchen Verdiensten oder Errungenschaften, unabhängig von seiner Herkunft und ja: unabhängig auch davon, ob er im Mutterleib lebt, in der Blüte seiner Jahre steht oder am Ende seines Lebens angelangt ist, schwach und krank, dem Tod nahe. Der Status des Menschen spielt keine Rolle. Er ist in jedem Fall der, an den Gott denkt.