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„Durch das Kirchenjahr“: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Die Gefahr liegt in der Selbstgewissheit

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Regensburg, 10. März 2023

Am kommenden Sonntag hören wir im Evangelium, wie Jesus einen Blinden heilt. Was bedeutet das für uns? Gedanken zum Sonntagsevangelium.

Vierter Fastensonntag A – Johannes 9,1-41

„In jener Zeit 1sah Jesus unterwegs einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. 2Da fragten ihn seine Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst oder seine Eltern, sodass er blind geboren wurde? 3Jesus antwortete: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden. 4Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, in der niemand mehr wirken kann. 5Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. 6Als er das gesagt hatte, spuckte er auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen 7und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach! Das heißt übersetzt: der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen. (…) 35Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn? 36Da antwortete jener und sagte: Wer ist das, Herr, damit ich an ihn glaube? 37Jesus sagte zu ihm: Du hast ihn bereits gesehen; er, der mit dir redet, ist es. 38Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder. 39Da sprach Jesus: Um zu richten, bin ich in die Welt gekommen: damit die nicht Sehenden sehen und die Sehenden blind werden. 40Einige Pharisäer, die bei ihm waren, hörten dies. Und sie fragten ihn: Sind etwa auch wir blind? 41Jesus sagte zu ihnen: Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde.“

 

Die Heilung des blindgeborenen Mannes ist typisch für das Johannesevangelium: Johannes berichtet sehr ausführlich, seine einzelnen Abschnitte sind großartig komponiert. Und der Evangelist Johannes liebt eine gewisse Zweideutigkeit: Jesus und seine Gesprächspartner reden oft und gerne aneinander vorbei. Im Gespräch mit Nikodemus spricht Jesus davon, man müsse „wiedergeboren“ werden. Jesus meint damit eine neue Lebensweise des Menschen, Nikodemus nimmt die zweite Geburt wörtlich. Der missverständliche Begriff des heutigen Evangeliums ist jener der „Blindheit“.

Auf einer ersten Ebene berichtet Johannes von einem „Zeichen“ Jesu, der die Macht hat, einen blinden Menschen sehend zu machen. Das erweckt das Misstrauen der Pharisäer, weil Jesus dieses Wunder mit einer Mischung aus Erde und Speichel vollbrachte, die Herstellung eines „Teiges“ am Sabbat aber verboten war. Der Erblindete soll sich von Jesus distanzieren; als er das nicht tut, wird er „hinausgestoßen“, aus der Synagoge ausgeschlossen. Nun hebt Jesus den Begriff der Blindheit auf die zweite Ebene: Zwischen dem einstigen Blinden auf der einen und den Pharisäern auf der anderen Seite offenbart sich ein Graben. Der eine erkennt die Macht und Sendung Jesu, die anderen schauen ausschließlich auf den möglichen Sabbatverstoß und werden so blind für diese Sendung Jesu.

Jesus dreht die Ausgangssituation um: Der Blinde ist nicht mehr blind. Er wird zum eigentlichen Sehenden. Die Gefahr liegt gerade in der Selbstgewissheit der Pharisäer, die sich für die wahren Sehenden halten – und gerade deshalb in Wahrheit blind sind für die Zeichen Gottes. Wie steht es um uns? Sind wir noch offen für Gottes Wort? Oder halten wir uns für die wahrhaft Sehenden, die in Wahrheit doch blind sind?

Benedikt Bögle/ mk



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