Brotkorb, zwei Fische

Durch das Kirchenjahr: der Blog zum Sonntagsevangelium

Arbeiten und essen


33. Sonntag im Jahreskreis C – Zweiter Thessalonicherbrief 3, 7 – 12

„Schwestern und Brüder! 7Ihr selbst wisst, wie man uns nachahmen soll. Wir haben bei euch kein unordentliches Leben geführt 8und bei niemandem unser Brot umsonst gegessen; wir haben uns gemüht und geplagt, Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen. 9Nicht als hätten wir keinen Anspruch auf Unterhalt; wir wollten euch aber ein Beispiel geben, damit ihr uns nachahmen könnt. 10Denn als wir bei euch waren, haben wir euch geboten: Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen. 11Wir hören aber, dass einige von euch ein unordentliches Leben führen und alles Mögliche treiben, nur nicht arbeiten. 12Diesen gebieten wir und wir ermahnen sie in Jesus Christus, dem Herrn, in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr eigenes Brot zu essen.“

„Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.“ Ein harter Satz, der an die Gemeinde in Thessaloniki gerichtet ist. Mit christlicher Nächstenliebe hat das nichts zu tun. Jeder – so scheint es – soll sich selbst seinen Lebensunterhalt verdienen. Bleiben die Schwachen da nicht auf der Strecke? Was ist mit der Beschreibung der ersten christlichen Gemeinde: „Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam. (…) Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt.“ (Apg 4,32.34)?

Die Worte des paulinischen Briefes bedürfen der Einordnung. Paulus glaubte wie alle frühen Christen daran, dass die Wiederkunft Jesu und das Ende der Welt bald bevorstehen würden. Die Erste Thessalonicherbrief bringt diese Haltung zum Ausdruck. Doch in den christlichen Gemeinden führte das nicht nur zu einer Vertiefung des Glaubens. Es scheint wenigstens einige Christen gegeben zu haben, die angesichts des baldigen Endes des Welt kein geordnetes Leben mehr führen wollten. Warum sollte man arbeiten, ein Haus bauen oder eine Familie gründen, wenn doch das Ende der Welt eine Frage weniger Jahre sein könnte? 

Auf Dauer kann das nicht gut gehen. Der Zweite Thessalonicherbrief versucht daher, zu einem geordneten Leben aufzurufen. Bei aller Hoffnung auf das Ende der Welt bleiben wir Christen doch Menschen in dieser Welt, die arbeiten und leben müssen. Die Forschung geht in weiten Teilen davon aus, dass der Zweite Thessalonicherbrief nicht vom Apostel Paulus selbst stammt, sondern nach seinem Tod von Schülern geschrieben wurde, die die Folgen einer allzu strengen Naherwartung des Weltenendes eindämmen wollten. Sie tun das unter anderem mit einem Hinweis auf das Leben des Apostels Paulus: „Wir haben bei euch kein unordentliches Leben geführt und bei niemandem unser Brot umsonst gegessen; wir haben uns gemüht und geplagt, Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen.“ Paulus selbst hat weitergearbeitet und sich seinen Lebensunterhalt verdient. 

Auch wir Christen heute leben in einer Spannung. Auf der einen Seite erwarten wir die Wiederkunft Jesu Christi – vielleicht nicht mehr so bald und nicht mehr so drängend wie die ersten Christen. Doch auch wir wissen, dass diese Erde nicht das letzte Ziel ist. Wir strecken uns nach höherem aus – und müssen doch in dieser Welt leben, arbeiten, etwas aufbauen. „Hilf uns, die vergänglichen Güter so zu gebrauchen, dass wir die ewigen nicht verlieren“, heißt es im Tagesgebet des 17. Sonntags im Jahreskreis. Das ist die Kunst des christlichen Lebens: Mitten in dieser Welt zu stehen, ohne in dieser Welt aufzugehen; die irdischen Güter nicht zu verdammen, sie aber doch unter jenes große Ziel der ewigen Güter zu stellen.

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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