Südtirol, Bergblick

Durch das Kirchenjahr: der Blog zum Sonntagsevangelium

Keine Verzagtheit


27. Sonntag im Jahreskreis C – Zweiter Timotheusbrief 1,6-8.13-14

„Mein Sohn! 6Ich rufe dir ins Gedächtnis: Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteilgeworden ist! 7Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. 8Schäme dich also nicht des Zeugnisses für unseren Herrn und auch nicht meiner, seines Gefangenen, sondern leide mit mir für das Evangelium! Gott gibt dazu die Kraft: 13Als Vorbild gesunder Worte halte fest, was du von mir gehört hast in Glaube und Liebe in Christus Jesus! 14Bewahre das dir anvertraute kostbare Gut durch die Kraft des Heiligen Geistes, der in uns wohnt!“

Im zweiten Brief an Timotheus ruft der Apostel Paulus einmal aus: „Welche Verfolgungen habe ich erduldet!“ (2 Tim 3,11). Hätte Paulus nicht an seinem Glauben verzweifeln können, der ihn nicht nur mehrmals ins Gefängnis gebracht, sondern ihm zuletzt sogar das Leben gekostet hat? Wäre das nicht Grund genug für Angst und Sorge, Verzweiflung und Verzagtheit? Paulus aber reagiert ganz anders. Er schreibt an Timotheus: „Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ 

Paulus begründet dies in den folgenden Versen, die für die heutige Lesung teilweise ausgelassen wurden. Gott gibt die Kraft, für das Evangelium einzustehen. „Er hat uns gerettet (…). Er hat den Tod vernichtet und uns das Licht des unvergänglichen Lebens gebracht durch das Evangelium“ (2 Tim 1,9f). Unser Leben und unser Glaube stehen im Horizont dieser Botschaft: Der Herr hat am Kreuz sein Leben für uns hingegeben und uns dadurch der Macht des Todes entrissen. Aus dieser Botschaft können wir Kraft, Liebe und Besonnenheit ziehen. Wir brauchen nicht verzagt zu sein. 

Papst Franziskus hat in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ (EG) gesagt: „Es gibt Christen, deren Lebensart wie eine Fastenzeit ohne Ostern erscheint. Doch ich gebe zu, dass man die Freude nicht in allen Lebensabschnitten und -umständen, die manchmal sehr hart sind, in gleicher Weise erlebt. Sie passt sich an und verwandelt sich, und bleibt immer wenigstens wie ein Lichtstrahl, der aus der persönlichen Gewissheit hervorgeht, jenseits von allem grenzenlos geliebt zu sein.“ (EG 6) Natürlich gibt es Schicksalsschläge, natürlich ist unser Leben nicht immer leicht und einfach und fröhlich. Doch unser Leben darf nicht zu einer einzigen Fastenzeit ohne Ostern werden. 

Wir stehen als Christen im Licht des Ostermorgens, an dem Christus den Tod besiegt hat. In dieses Licht und unter diese Botschaft sollen wir als Christen unser gesamtes Leben stellen. Uns soll eben nicht eine Grundhaltung der Verzagtheit, der Furcht und Schreckens durchdringen – sondern der Kraft und der Liebe. Natürlich gelingt das nicht immer gleich, natürlich ist das nicht immer einfach. Aber wir dürfen und wir sollen anerkennen, was wahrhaft Macht hat über diese Welt: Die Liebe und nicht der Hass, das Leben und nicht der Tod, Vergebung und nicht Schuld, Herrlichkeit und nicht Untergang. Immer wieder soll diese Botschaft unser Herz durchringen und unsere Verzagtheit vertreiben – vielleicht nicht an jedem Tag und nicht in jeder Situation unser Lebens, aber doch als Grundmelodie unseres Lebens, die immer weiter anschwellen und immer lauter werden darf.

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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