Triumphkreuz, Chartres

Durch das Kirchenjahr: der Blog zum Sonntagsevangelium

Richtschnur


Kreuzerhöhung C – Phil 2, 6 – 11

6Christus Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, 7sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.
Sein Leben war das eines Menschen; 8er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. 9Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, 10damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu 11und jeder Mund bekennt: „Jesus Christus ist der Herr“ – zur Ehre Gottes, des Vaters.“

Das heutige Fest der Kreuzerhöhung hat seinen Ursprung in Jerusalem: Am 13. September 335 wurde dort unter Kaiser Konstantin die Auferstehungskirche eingeweiht. Jahre zuvor soll Helena, die Mutter Konstantins, das wahre Kreuz gefunden haben, an dem Jesus Christus starb. Am Tag nach der Kirchweihe – also am 14. September – wurde dieses Kreuz „erhöht“ und den Gläubigen zur Verehrung gezeigt. Diese Tradition hat sich gehalten und über die gesamte Kirche verbreitet. 

Am heutigen Tag steht daher das Kreuz im Mittelpunkt. In der Lesung hören wir den „Philipper-Hymnus“. Dieses Lied aus dem Philipperbrief dürfte sehr alt sein; viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass Paulus das Lied zwar überliefert, aber nicht selbst gedichtet hat, sondern bereits von anderen Christen überliefert bekam. Im Zentrum stehen zwei Bewegungen Jesu: Jesus war wie Gott, doch erniedrigte sich. Er steig von den Höhen des Himmels herab auf diese Erde – und weiter noch: Bis zum Tod erniedrigte sich Jesus, stieg bis in die Unterwelt hinab. Dieser Bewegung folgt die Auferstehung Jesu und damit der Weg empor, aus der Unterwelt hinauf zum Vater. 

Diese Bewegung deutet auch das Evangelium des heutigen Tages (vgl. Joh 3,13-17): „Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist: der Menschensohn.“ (Joh 3,13). Mit diesen Worten stoßen wir zum Geheimnis der Menschwerdung vor: Gerade Jesus, der ewige Sohn des Vaters, kommt auf diese Welt und erniedrigt sich. Gerade er aber ist es auch, der als einziger wieder zum Vater hinaufgestiegen ist. Diese Bewegung hat einen tiefen Sinn: Jesus wird am Holz des Kreuzes erhöht, „damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat. Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“ (Joh 3,15-16). Jesus will uns in seine Bewegung mit hineinnehmen – er will, dass auch wir einst in die Himmel erhöht werden und beim Vater wohnen dürfen. 

Der Philipper-Hymnus beginnt mit einer Einführung des Apostels Paulus, die dem heutigen Lesungsabschnitt unmittelbar vorhergeht: „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht“ (Phil 2,5). Sein Hymnus hat damit auch eine ethische Komponente: Das Kreuz Christi, seine Erniedrigung bis zum Tod, wird uns auch zum Vorbild. Wir sollen uns untereinander so verhalten, wie es dem gekreuzigten Herrn entspricht. Wir sollen lieben, statt zu hassen, demütig sein, statt zu herrschen, den letzten Platz einnehmen statt dem ersten. In diesem Sinne soll das Kreuz Christi auch in unserem Leben „erhöht“ werden: Es soll uns zum Leuchtturm in das ewige Leben werden, zur Richtschnur unseres Handeln.

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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