Der Heilige Georg tötet den Drachen

Durch das Kirchenjahr: der Blog zum Sonntagsevangelium

Kampf gegen die Sünde


21. Sonntag im Jahreskreis C – Hebräerbrief 12, 5 – 7 und 11 – 13

„Schwestern und Brüder! 5Ihr habt die Mahnung vergessen, die euch als Söhne anredet: Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn und verzage nicht, wenn er dich zurechtweist! 6Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er schlägt mit der Rute jeden Sohn, den er gern hat. 7Haltet aus, wenn ihr gezüchtigt werdet! Gott behandelt euch wie Söhne. Denn wo ist ein Sohn, den sein Vater nicht züchtigt? 11Jede Züchtigung scheint zwar für den Augenblick nicht Freude zu bringen, sondern Leid; später aber gewährt sie denen, die durch sie geschult worden sind, Gerechtigkeit als Frucht des Friedens. 12Darum macht die erschlafften Hände und die wankenden Knie wieder stark, 13schafft ebene Wege für eure Füße, damit die lahmen Glieder nicht ausgerenkt, sondern vielmehr geheilt werden!“

Die Worte der heutigen Lesung mögen uns irritieren, vielleicht sogar verstören. Was wir dort hören, wirkt auf den ersten Blick wie ein Lobpreis auf längst vergangene „pädagogische“ Konzepte: „Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn und verzage nicht, wenn er dich zurechtweist!“ Und mehr noch: „Denn wo ist ein Sohn, den sein Vater nicht züchtigt?“ Wir „züchtigen“ keine Kinder mehr; wir erkennen das Recht aller Kinder auf eine gewaltfreie Erziehung an. Kann uns dieses Bibelwort überhaupt noch etwas sagen? 

Wir sollten auf den größeren Zusammenhang blicken. Der Hebräerbrief stellt unmittelbar vor den Worten der heutigen Lesung fest: „Ihr habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet“ (Hebr 12,4). Wiederum davor stellt uns der Hebräerbrief Christus als Vorbild vor, der „das Kreuz auf sich genommen“ hat (Hebr 12,2) und damit selbst „Anfeindungen von Seiten der Sünder gegen sich erduldet hat.“ (Hebr 12,3). 

Der Hebräerbrief stellt damit zunächst fest, dass auch die christliche Gemeinde Anfeindungen treffen, die als „Züchtigung“ verstanden werden könnten. Wir dürfen dabei vor allem an zweierlei denken: Auf der einen Seite standen natürlich auch die frühen Christen – wie wir – unter dem ständigen Eindruck der Sünde. Wir erleben „Anfeindungen“ (Hebr 12,3) und stehen im „Kampf gegen die Sünde“ (Hebr 12,4). Wie leicht können wir straucheln und wie schnell fallen! Wie oft verlieren wir diesen „Kampf gegen die Sünde“ – jeden Tag wieder. Das könnten wir doch als eine „Zucht“ Gottes verstehen, dass er uns diesen ständigen Versuchungen immer wieder auf Neue aussetzt. Und auf der anderen Seite erleben ja bereits die ersten Christen Verfolgungen um ihres Glaubens willen. Sie merken, dass sie für ihre Treue zu Christus noch nicht in diesem Leben belohnt werden. 

Der Hebräerbrief reagiert auf diese Erfahrung nun mit einer paradox anmutenden Antwort: Eigentlich müssten wir uns doch um all dieser Anfeindungen willen glücklich schätzen – werden wir dadurch doch zu Kindern Gottes. Nach dem damaligen Verständnis, das wir natürlich heute nicht mehr teilen, ist es gerade Ausweis der elterlichen Liebe, Kinder zu „züchtigen“. Und auch wenn wir diesen Gedanken nicht mehr teilen können und wollen, klingt noch etwas anderes an: Die Anfeindungen machen auch stark. Wir dürfen und können wachsen im Kampf gegen die Sünde. 

Wie so oft sollten wir auch hier den Blick auf die gesamte Heilige Schrift weiten. Die Offenbarung des Johannes steht letztlich vor einer ähnlichen Situation: Die Christen machen erste Erfahrungen der Verfolgung fragen nach dem Sinn dieses Leidens, das doch gerade sie als Jünger Christi trifft. Die Antwort der Offenbarung ist die Ewigkeit und Herrlichkeit Gottes, zu der er uns vorherbestimmt hat: „Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen.“ (Offb 21,4). 

Wir glauben nicht an einen züchtigenden Gott, der mit der Rute straft. Wir glauben an einen Gott, der uns Vater ist und dem wir Kinder ist; an einen Gott der nicht den Tod will, sondern das Leben, und nicht die Strafe, sondern die Vergebung. Diesen Gott dürfen wir in unserem täglichen „Kampf gegen die Sünde“ vor Augen haben, ihm vertrauen und seine ausgestreckte Hand ergreifen.

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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