Durch das Kirchenjahr: der Blog zum Sonntagsevangelium

Die Würde des Menschen


Regensburg, 21. Juni 2025

12. Sonntag im Jahreskreis C – Galaterbrief 3, 26 – 29

Ihr alle seid durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus. Wenn ihr aber Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben gemäß der Verheißung.

Der Brief an die Galater ist der vielleicht ernsteste Brief des Apostels Paulus. Die Stimmung zwischen den Christen in Galatien und dem Völkerapostel hat einen Tiefpunkt erreicht. Ungewöhnlich harte Worte nutzt Paulus, wenn er etwa die Adressaten seines Briefes anspricht: „Ihr unvernünftigen Galater“ (Gal 3, 1). Grund für dieses unterkühlte Verhältnis dürfte eine theologische Frage gewesen sein. In der frühen Kirche bestand Uneinigkeit darüber, ob Heiden, die zum Glauben an Jesus Christus gekommen waren, die Gebote des Judentums beachten und sich etwa beschneiden lassen müssen. Ein Teil der Gemeinde hielt alle Gebote der Tora auch für diese Christen anwendbar. Anders Paulus: Er war der Überzeugung, dass für die Christen aus den nicht-jüdischen Völkern die Gebote des Judentums nicht gelten sollten. 

Die Streitfrage wurde auf einem Konzil der Apostel in Jerusalem entschieden (vgl. Apg 15, 1 –29). Die Apostel legten fest: „Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge: Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden.“ (Apg 15, 28 f). Nur ein enger Kern der jüdischen Gebote sollte also auch für die Heidenchristen verbindlich sein. Eine Beschneidung der Männer etwa gehörte nicht dazu. Gleichwohl scheinen einige Missionare die Gemeinde in Galatien vom Gegenteil überzeugt zu haben. Die Galater haben sich offenbar von der Lehre des Paulus abgewandt.

Paulus betont nun im Galaterbrief die Einheit der christlichen Gemeinde. Durch den Glauben an Jesus werden alle „Söhne Gottes in Christus Jesus.“ Die Taufe formt uns zu einer Gemeinde, in der es nicht mehr „Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich“ gibt. Damit spricht Paulus keiner blinden Gleichmacherei das Wort. Ihm geht es nicht darum, alle Individualität der Christen zu verwischen. Doch in der Taufe hat jeder Christ selbst „Christus angezogen“. Diese Würde verbietet alle Wertungen: In diesem Sinne sind zwar nicht alle „gleich“, aber doch alle mit gleicher Würde ausgestattet – eben auch die Heidenchristen, die nicht beschnitten sind und einen großen Teil der jüdischen Gebote nicht halten müssen.

In dieser Überzeugung wurzelt das christliche Menschenbild. Gott hat jeden Menschen nach seinem Abbild geschaffen (vgl. Gen 1, 26). Wenn das wahr ist, erkennen wir in jedem Menschen Gott selbst. Kein Mensch ist dann mehr wert als ein anderer – im Bild des Paulus: Griechen sind nicht mehr wert Juden, Freie nicht würdiger als Sklaven, Männer nicht bedeutender als Frauen. Es kann daher keinen christlichen Rassismus geben, kein „unwertes“ oder „unnützes“ Leben. Aus dieser Botschaft folgt der bedingungslose Einsatz der Kirche für jedes Leben – von der Empfängnis bis zum Tod. Vor Gott hat jedes Leben einen bindungslosen und grenzenlosen Wert.

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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