Regensburg 26. April 2025
Der Lesetext für den kommenden Sonntag steht im ersten Kapitel der Offenbarung des Johannes. Es sind dort die Verse 9 bis 11 a, 12 bis 13 sowie 17 bis 19. Die beschriebene Szene steht in einem inneren Bezug zu dem, was die ganze Kirche in diesen Tagen bewegt. Johannes begegnet dem auferstandenen Jesus, dem Ersten und dem Letzten, und diese Begegnung ist für ihn im wahrsten Sinne des Wortes umwefend. Wer würde gerade zum Ende der Woche, in der Papst Franziskus, der Pontifex Maximus, der 266. Bischof Roms zu Gott gerufen wurde, nicht an ebendieses Geschehen denken, wenn er die Textpassage verinnerlicht, in der Johannes seine Begegnung mit dem Auferstandenen schildert?
Zweiter Sonntag der Osterzeit C – Offenbarung des Johannes 1, 9 – 11a, 12 – 13, 17 – 19
„9Ich, Johannes, euer Bruder und Gefährte in der Bedrängnis, in der Königsherrschaft und im standhaften Ausharren in Jesus, war auf der Insel, die Patmos heißt, um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses für Jesus. 10Am Tag des Herrn wurde ich vom Geist ergriffen und hörte hinter mir eine Stimme, laut wie eine Posaune. 11aSie sprach: Schreib das, was du siehst, in ein Buch und schick es an die sieben Gemeinden in Kleinasien. 12Da wandte ich mich um, weil ich die Stimme erblicken wollte, die zu mir sprach. Als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter 13und mitten unter den Leuchtern einen gleich einem Menschensohn; er war bekleidet mit einem Gewand bis auf die Füße und um die Brust trug er einen Gürtel aus Gold. 17Als ich ihn sah, fiel ich wie tot vor seinen Füßen nieder. Er aber legte seine rechte Hand auf mich und sagte: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte 18und der Lebendige. Ich war tot, doch siehe, ich lebe in alle Ewigkeit und ich habe die Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt. 19Schreib auf, was du gesehen hast: was ist und was danach geschehen wird.“
An den Sonntagen der Osterzeit wird uns die Offenbarung des Johannes begleiten – ein Buch, zu dem wir heute oft nur schwer einen Zugang finden. Immer schon hat die Offenbarung die Künstler inspiriert, die in grauenhaften Bildern den Untergang der Welt zeichnen. Der griechische Name dieses biblischen Buches – Apokalypse – ist gar sprichwörtlich für den Weltuntergang geworden. In zahlreichen Schilderungen erfahren wir, wie diese Welt untergehen wird. Verstörend wirken manche Erscheinungen des Sehers, der wilde Tiere sieht und apokalyptische Reiter.
Wenn wir in der Offenbarung des Johannes lesen, sollten wir uns eines immer verdeutlichen: Die Offenbarung ist ein zutiefst theologischer Text, der seine Erkenntnisse nicht in die Form eines Briefes wie in der Literatur des Apostels Paulus gießt oder in theologische Traktate, wie wir es heute gewohnt wären, sondern in Bilder und Erzählungen. Uns ist das fremd, den antiken Lesern war es vertraut. Bereits die literarische Gattung des Textes zieht eine Mauer zu uns modernen Hörern, die wir überwinden müssen. Wir müssen uns auf den Text einlassen. Die Offenbarung richtet sich vermutlich an Christen rund um das Jahr 100 nach Christus. Diese Christen machen bereits erste Erfahrungen der Verfolgung. Sie merken, dass das Bekenntnis zu Jesus Opfer fordert – bis hin zum eigenen Leben.
In diese Zeit hinein ist die Offenbarung geschrieben. Der Seher berichtet, was er gesehen hat, „was ist und was danach geschehen wird.“ Die Offenbarung ist damit ein Text, der die Gegenwart analysiert und nach der Zukunft dieser Welt fragt. Einen Schlüssel zum Verständnis dieses Buches hören wir am heutigen Sonntag. Der Seher Johannes sieht „einen gleich einem Menschensohn“. Dieser „eine“ stellt sich dem Seher selbst vor: „Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, doch siehe, ich lebe in alle Ewigkeit und ich habe die Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt.“ Christus ist dieser eine, dem der Seher begegnet.
Diese kurze Selbstvorstellung beinhaltet eine Zusammenfassung unseres Glaubens. Jesus war tot, doch er lebt wieder. Dieses Leben kann ihm niemand mehr nehmen, Christus lebt „in alle Ewigkeit“. Doch damit nicht genug: Christus hat „die Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt.“ Durch seine Auferstehung hat Christus auch uns aus der Unterwelt befreit und den Himmel aufgeschlossen. Er hat uns in seine Auferstehung hineingenommen.
Während der Osterzeit hören wir immer wieder von Begegnungen mit dem Auferstandenen – so etwa am heutigen Sonntag vom ungläubigen Thomas. Auch der Seher ist dem Auferstandenen begegnet. Seine Berichte vom Untergang der Welt zeugen daher nicht nur von einem schlimmen Ende, sondern auch von der Herrlichkeit, die uns nach dem Ende dieser Erde erwarten wird. Auch wir sollen dem Auferstandenen begegnen – ihm, dem Ersten und dem Letzten und dem Lebendigen. Auch wir sollen mit ihm auferstehen, herausgerissen aus der Unterwelt. Darauf stützt sich unsere Hoffnung, die über das Ende dieser Welt hinausreicht.
Text: Benedikt Bögle
(sig)