News Bild Durch das Kirchenjahr: Der Blog zum Sonntagsevangelium

Durch das Kirchenjahr: Der Blog zum Sonntagsevangelium

Achtung vor dem Fall


Regensburg, 22. März 2025

Der Predigttext für den kommenden Sonntag findet sich im zehnten Kapitel des Briefes, den der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth schrieb; es sind dort die Verse eins bis sechs und zehn bis zwölf. Der APostel warnt in dieser Textpassage vor Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit. Seine Beispiele stammen aus dem Alltagskontext der Spätantike, sind aber problemlos in ihrem rechtlichen und theologischen Gehalt für uns erkennbar. Die Lehre des Paulus ist heute aktueller denn je.

Dritter Fastensonntag C – Erster Korintherbrief 10, 1 – 6 und 10 – 12

1Ihr sollt wissen, Brüder und Schwestern, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren, alle durch das Meer zogen 2und alle auf Mose getauft wurden in der Wolke und im Meer. 3Alle aßen auch die gleiche geistgeschenkte Speise 4und alle tranken den gleichen geistgeschenkten Trank; denn sie tranken aus dem geistgeschenkten Felsen, der mit ihnen zog. Und dieser Fels war Christus. 5Gott aber hatte an den meisten von ihnen kein Gefallen; denn er ließ sie in der Wüste umkommen. 6Das aber geschah als warnendes Beispiel für uns: damit wir uns nicht von der Gier nach dem Bösen beherrschen lassen, wie jene sich von der Gier beherrschen ließen. 10Murrt auch nicht, wie einige von ihnen murrten; sie wurden vom Verderber umgebracht! 11Das aber geschah an ihnen, damit es uns als Beispiel dient; uns zur Warnung wurde es aufgeschrieben, uns, die das Ende der Zeiten erreicht hat. 12Wer also zu stehen meint, der gebe Acht, dass er nicht fällt.“

In der Gemeinde von Korinth gab es ein Problem, das für die frühen Christen zur Herausforderung wurde. In der antiken Stadt stammte ein großer Teil des verkäuflichen Fleisches von den Opfern der heidnischen Tempel. Nur ein Teil der Tiere wurde den Göttern geopfert; der Rest wurde verkauft. Die christliche Gemeinde in Korinth war in der Frage gespalten, wie sie zu diesem Fleisch stehen sollte. Ein Teil der Christen meinte, es dürfte auf keinen Fall gegessen werden. Es stammte ja schließlich von den heidnischen Opfern. Nahm man nicht in gewissem Sinn an diesen Opfern teil, wenn man von dem Fleisch aß? Andere Christen hatten damit kein Problem. Denn wenn es keine Götter gibt, dann ist doch auch das Opfer wertlos. Wer von den Resten isst, opfert ja nicht selbst den Göttern. 

Die Lesung des heutigen Sonntags steht um Kontext dieser Frage. Paulus scheint in der Sache denen nahezustehen, die von dem Opferfleisch essen. Doch er erkennt ein anderes Problem: „Wenn euch aber jemand darauf hinweist: Das ist Opferfleisch!, dann esst nicht davon mit Rücksicht auf den, der euch aufmerksam gemacht hat, und auf das Gewissen; ich meine aber nicht das eigene Gewissen, sondern das des anderen“ (1 Kor 10, 28 – 29). Selbst wenn es nicht verwerflich wäre, von dem Fleisch zu essen: Es bringt einen Mitchristen in Gewissensnot. Das aber ist das Fleisch nicht wert. Wenn andere Christen den Glauben in Gefahr sehen – dann sollte man lieber auf das Fleisch verzichten. 

Die Glaubensfestigkeit derer, die dem heidnischen Opfer keine Bedeutung mehr zuweisen wollen, kann zum Problem werden: „Wer also zu stehen meint, der gebe Acht, dass er nicht fällt“, schreibt Paulus. Er begründet das mit der Generation der Israeliten, die durch die Wüste zogen: Die Generation des Mose hatte die Wunder des Herrn gesehen – und doch hatte Gott „an den meisten von ihnen kein Gefallen; denn er ließ sie in der Wüste umkommen.“ Auch fester Glaube schützt nicht vor dem Fall. 

Etwas ähnliches hören wir im heutigen Evangelium (Lk 13,1 – 9). Da berichten Menschen Jesus von Galiläern, die Pilatus hatte töten lassen. Sie scheinen davon auszugehen, dass es sich dabei um Sünder gehandelt haben muss, wenn ihnen doch dieses Schicksal widerfuhr. Jesus aber sagt: „Meint ihr, dass diese Galiläer größere Sünder waren als alle anderen Galiläer, weil das mit ihnen geschehen ist? Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt.“ (Lk 13,2-3). 

Wo sich Christen gegenüber anderen erheben, schlägt der feste Glaube in Heuchlerei um. Die Auffassung der Christen in Korinth, man dürfe das Götzenopferfleisch essen, mag noch so richtig gewesen sei – doch was ist es wert, wenn die Brüder und Schwestern darunter leiden? Die Menschen, die zu Jesus kamen, mögen fromme Leute gewesen sein – doch was nutzt es, wenn sie den Leidenden Sünde unterstellen? Die Mahnung des Paulus ist auch an uns gerichtet: „Wer also zu stehen meint, der gebe Acht, dass er nicht fällt.“

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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