Regensburg, 29. März 2024
An Karfreitag erzählt die Lesung aus dem Hebräerbrief von Jesus als „Hohepriester“. Der Blog zum Sonntagsevangelium.
Karfreitag – Hebräerbrief 4,14-16;5,7-9
„Schwestern und Brüder! 4,14Da wir nun einen erhabenen Hohepriester haben, der die Himmel durchschritten hat, Jesus, den Sohn Gottes, lasst uns an dem Bekenntnis festhalten. 15Wir haben ja nicht einen Hohepriester, der nicht mitfühlen könnte mit unseren Schwächen, sondern einen, der in allem wie wir versucht worden ist, aber nicht gesündigt hat. 16Lasst uns also voll Zuversicht hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Erbarmen und Gnade finden und so Hilfe erlangen zur rechten Zeit! 5,7Christus hat in den Tagen seines irdischen Lebens mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den gebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte, und er ist erhört worden aufgrund seiner Gottesfurcht. 8Obwohl er der Sohn war, hat er durch das, was er gelitten hat, den Gehorsam gelernt; 9zur Vollendung gelangt, ist er für alle, die ihm gehorchen, der Urheber des ewigen Heils geworden.“
Wenn der Hebräerbrief Jesus als den „Hohepriester“ bezeichnet, nimmt er die Bildwelt des religiösen Judentums in Bezug. Der Hohepriester verrichtet seinen Dienst im Tempel; er ist allein berechtigt, einmal im Jahr das Allerheiligste des Tempels zu betreten. Der Dienst des Hohepriesters ist ein Dienst der Vermittlung zwischen Gott und seinem Volk. Mit diesem Hohepriester vergleicht der Hebräerbrief Christus und macht doch gleichzeitig deutlich, dass jeder menschliche Vergleich gebrochen sein muss, weil Christus jede menschliche Dimension überragt. Er hat „die Himmel durchschnitten“, schreibt der Hebräerbrief – von keinem Menschen könnte das gesagt werden.
Vielleicht dürfen wir im Vergleich Jesu mit dem Hohepriester noch eine weitere liturgische Figur erahnen, die zur Deutung des Todes Christi verwendet wird: Die Figur des Opfers. Die Kirche spricht vom „Opfertod“ Jesu; Jesus hat sein Leben geopfert. Dieser Begriff erscheint uns heute fremd, als ob Gott ein Opfer gebraucht hätte – und da die Opfer von Tieren nicht mehr ausreichten, musste gar sein eigener Sohn sterben. So aber war die Rede vom Opfertod nie gemeint. Für das Alte Testament ist der Begriff des Opfers nie negativ gemeint; es geht nicht um einen zu befriedenden Gott, der der Opfertiere bedürfte. Vielmehr ist für die Schrift immer eindeutig, dass kein Opfer Gott je etwas geben könnte, was ihm nicht ohnehin bereits gehörte. Umgekehrt ist es: Der Mensch braucht das Opfer, weil er auf diese Weise in Kontakt mit Gott treten kann. Das Opfer wird zum Ort, an dem Gott erfahrbar gemacht wird.
So verstanden, ist das Kreuz Christi wahrlich ein Opfer. Gott umarmt die Menschheit, indem Christus sterbend am Kreuz die Arme ausbreitet. Er, der ohne Sünde war, nimmt die letzte Konsequenz der Sünde auf seine Schultern: Den Tod. Das Kreuz ist der Ort, an dem Gott sich in seinem wahren Wesen der grenzenlosen Liebe offenbart. Gerade dieser Ort der absoluten Verlassenheit, der Grausamkeit, des Schmerzes wird zum Ort der Offenbarung. Ja, Christus hat wirklich sein Leben geopfert und hat damit Gott erfahrbar gemacht. Er ist der große Hohepriester, der „zur Vollendung gelangt“ ist.
Wir begehen den Karfreitag in Trauer und Stille – doch auch als einen Tag der Hoffnung. Wir wissen, dass Christus durch seinen heiligen Tod für uns alle zum „Urheber des ewigen Heils geworden“ ist. Mit ihm an unserer Seite dürfen wir „voll Zuversicht hinzutreten zum Thron der Gnade“; hinzutreten zu jedem Gnadenthron, den wir im Kreuz erkennen können. Am Karfreitag ahnen wir es schon: Nicht die Sünde hat das letzte Wort, sondern die Liebe; nicht der Tod, sondern das ewige Leben.
Text: Benedikt Bögle
(kw)