Regensburg, 11. Januar 2025
Der Predigttext zum morgigen Sonntag steht im Titusbrief, im zweiten Kapitel sind es die Verse 11 – 14, im dritten die Verse 4 – 7. In diesem Textabschnitt wird das Erlösungswerk Christi insgesamt in den Blick genommen. Das Geheimnis des Kreuzes steht über allem, und unter diesem Aspekt gewinnt das Kirchenfest der Taufe des Herrn erst seine besondere Bedeutung. Denn nicht irgendeiner wird hier getauft, sondern der, der die Welt erretten wird, weil er sie geschaffen hat. Deswegen sind auch wir bereits mit der Taufe gerettet.
Taufe des Herrn C – Titusbrief 2, 11 – 14; 3, 4 – 7
„2,11Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. 12Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, 13während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus. 14Er hat sich für uns hingegeben, damit er uns von aller Ungerechtigkeit erlöse und für sich ein auserlesenes Volk schaffe, das voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun. 3,4Als die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Retters, erschien, 5hat er uns gerettet – nicht aufgrund von Werken der Gerechtigkeit, die wir vollbracht haben, sondern nach seinem Erbarmen – durch das Bad der Wiedergeburt und die Erneuerung im Heiligen Geist. 6Ihn hat er in reichem Maß über uns ausgegossen durch Jesus Christus, unseren Retter, 7damit wir durch seine Gnade gerecht gemacht werden und das ewige Leben erben, das wir erhoffen.“
Am Fest der Taufe des Herrn hören wir dieselbe Lesung wie in der Heiligen Nacht, wobei an diesem Festtag der Ausschnitt noch etwas weitergeht als an Weihnachten selbst. Der Apostel Paulus betont zunächst, dass uns in Jesus Christus die Gnade Gottes selbst erschienen ist, „um alle Menschen zu retten“. Jesus „hat sich für uns hingegeben, damit er uns von aller Ungerechtigkeit erlöse“. Jesus also zeigt uns die Gnade Gottes. Sein Leiden und Sterben will uns erlösen. Einige Verse später spricht der Apostel die Taufe an, „das Bad der Wiedergeburt und die Erneuerung im Heiligen Geist.“ Damit verbindet die heutige Lesung das Geheimnis der Geburt Jesu mit dem Ereignis der Taufe.
Die Taufe Jesu im Jordan gehört zu den vielleicht seltsamsten und gleichzeitig tiefgründigsten Ereignissen vom Beginn des öffentlichen Auftreten Jesu bis zu seinem Leiden und Sterben. Johannes der Täufer verkündete in der Wüste „die Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden“ (Lk 3,3). Johannes selbst weiß darum, dass nach ihm ein Größerer kommen muss. Zur versammelten Volksmenge sagt er: „Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ Es ist daher mehr als seltsam, dass Jesus zu Johannes kommt und sich von ihm taufen lässt: Er ist doch dieser Stärkere, der mit Heiligem Geist und Feuer tauft. Warum also soll gerade er sich von Johannes taufen lassen? Und mehr noch: Christus war ohne Sünde. Warum sollte er sich einer „Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden“ (Lk 3,3) unterziehen? Gerade er bedurfte doch weder der Umkehr noch irgendeiner Vergebung.
Und gleichzeitig liegt in dieser Taufe das Geheimnis des Kreuzes begründet. Paulus sagt von Gott: „Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden.“ (2 Kor 5,21). Gott hat Christus für uns zur Sünde gemacht. Das heißt aber nun nicht, dass Christus zum Sünder geworden wäre. Im Gegenteil. Christus trägt als der Schuldlose am Kreuz die Sünde der Welt und nimmt den Tod als letzte Konsequenz der Sünde auf sich. Das ist es, was auch der Titusbrief verkündet: „Er hat sich für uns hingegeben, damit er uns von aller Ungerechtigkeit erlöse“. Christus nimmt unsere Schuld auf seine Schultern, wird „zur Sünde“. Er trägt die Last, die uns zu schwer wird, um uns zu befreien. Unsere Rettung ist nicht verdient, sie geschieht nicht „aufgrund von Werken der Gerechtigkeit“, sondern allein durch Gnade. Daher reiht sich Christus unter die Sünder: Nicht, weil er ein Sünder wäre, sondern weil er das Schicksal von uns Sündern tragen und letztlich wenden will. Gott weiß um die Gebrochenheiten unseres Lebens, um das Versagen und um das Scheitern. Er will diese Wunden der Sünde heilen. Durch unsere Taufe sind wir hineingenommen in das große Geheimnis Gottes: Dass der Sohn wie wir stirbt, damit wir wie er leben können.
Bitte beachten Sie: Für das heutige Fest sind zwei Lesungen zur Wahl vorgesehen. In den Gottesdiensten kann die zweite Lesung auch aus der Apostelgeschichte genommen werden (Kap. 10, Vers 34 – 38).
Text: Benedikt Bögle
(sig)