Regensburg, 21. September 2024
Der Predigttext für den kommenden Sonntag, den 25. im Jahreskreis, kommt aus dem Brief des Apostel Jakobus, eine Ansprache in Briefform, „Epistel“ genannt. Er steht dort im dritten und vierten Kapitel, es handelt sich um die Verse 16 bis 18 sowie 1 bis 3. Jakobus mahnt in dieser Passage seines Schreiben dringend zum Frieden, der aus einer Gerechtigkeit erwächst, die von Gott gegeben ist. Jakobus führt seinen Lesern danach vor Augen, dass alles, was sie mit Krieg, Streit und Gewalt auf Erden erwerben, nicht von Bestand sein kann, also nichtig ist. Nur Friedfertigkeit und gerechtes Handeln sind, so Jakobus, fruchtbringend und dienen zum Seelenheil des Menschen.
25. Sonntag im Jahreskreis B – Jakobusbrief 3,16-4,3
„Schwestern und Brüder! 3,16Wo Eifersucht und Streit herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art. 17Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedfertig, freundlich, gehorsam, reich an Erbarmen und guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht. 18Die Frucht der Gerechtigkeit wird in Frieden für die gesät, die Frieden schaffen. 4,1Woher kommen Kriege bei euch, woher Streitigkeiten? Etwa nicht von den Leidenschaften, die in euren Gliedern streiten? 2Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet. 3Ihr bittet und empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in euren Leidenschaften zu verschwenden.“
„Woher kommen Kriege bei euch, woher Streitigkeiten?“, fragt der Autor des Jakobusbriefes. Der frühen Kirche mangelte es wahrhaft nicht an Heiligen; doch das Neue Testament legt ausführlich auch Zeugnis davon ab, dass es Sünde gibt in den Gemeinden, Streit, ja offenbar sogar „Kriege“. „So ist der Mensch“, könnten wir denken – warum also sollen sich all die kleinen, aber auch die großen Fehler und Sünden nicht auch unter den Christen finden? Warum sollten gerade wir eine Gemeinschaft der Perfekten sein?
Für die frühe Kirche war das eine nicht ganz einfache Frage. Durch die Taufe werden die Sünden vergeben; der Christ soll nun entsprechend seiner Berufung leben. Was aber, wenn das nicht gelingt? Das Sakrament der Versöhnung kannte die Kirche in der heutigen Form nicht. Was, wenn Christen sündigten – vor allem, wenn es sich um schwere Sünden handelte? In der Zeit der Christenverfolgung wurde das Problem besonders drängend. Als Christen verdächtigte Personen mussten den heidnischen Göttern Opfer darbringen, um den Verdacht des Christentums abzuwenden. Einige weigerten sich und starben den Märtyrertod. Andere brachten den Göttern Opfer dar. Wieder andere bestachen die Beamten: Sie opferten zwar nicht, erhielten aber eine Bestätigung darüber, geopfert zu haben – sie versteckten sich also und bekannten sich nicht zu ihrem Glauben. Konnten diese „Abgefallenen“ wieder zur Gemeinde zurückkehren? Einige Gruppen verneinten das. Gerade die häretischen Strömungen der frühen Kirche haben eine Gemeinsamkeit: Sie verstanden die Christen als „perfekt“, als völlig rein. Wer diesem Maßstab nicht gerecht wurde, konnte kein wahrer Christ sein.
Die Kirche hat das verurteilt. Sie begreift: Wir sind alle Sünder. Unter uns gibt es „Eifersucht und Streit“. Der Jakobusbrief stellt dem eine andere Macht entgegen: Unter uns entbrennen Kriege, die Leidenschaft leitet uns, wir sind eifersüchtig. „Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedfertig, freundlich, gehorsam, reich an Erbarmen und guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht.“ Dieser Weisheit Gottes dürfen wir uns anvertrauen. Wir müssen bitten, um zu empfangen. Später schriebt der Autor des Briefes: „Naht euch Gott, dann wird er sich euch nahen!“ (Jak 3,8).
In dieser Spannung müssen wir leben: Wir sind Sünder, wir werden unserer Berufung nicht immer gerecht. Doch voller Vertrauen dürfen wir uns Gott anvertrauen, uns ihm nahen, seine Weisheit und seinen Frieden suchen. Wir sind nicht verloren – trotz aller Sünde und Schuld in unserem Leben. Wir dürfen uns Gott zuwenden und jeden Tag aufs Neue um die Kraft bitten, der Unordnung und den bösen Taten zu entkommen.
Text: Benedikt Bögle
(sig)