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Durch das Kirchenjahr: Der Blog zum Sonntagsevangelium

Umgedrehte Welt

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Regensburg, 7. September 2024

Der Predigttext für den kommenden Sonntag, den 23. im Jahreskreis, kommt aus dem Brief des Apostel Jakobus, einer Ansprache in Briefform, „Epistel“ genannt. Er steht dort im zweiten Kapitel, es handelt sich um die Verse eins bis fünf. Jakobus wendet sich in seiner Epistel mahnend an die gesamte damalige Christenheit. In dieser Textstelle thematisiert er die soziale Ungleichheit, ein auch für uns heute höchst aktuelles Thema. Zunächst sensibilisiert er seine Leser, sich vor der Ungleichbehandlung von arm und reich zu hüten. Dann setzt er sozusagen noch eins drauf und erinnert an die Worte Christi, nach denen die Armen, und er meint her die geistig Armen ebenso wie die Mittellosen, dereinst die eigentlichen und wahren Erben seines Reiches sein sollen.

23. Sonntag im Jahreskreis B – Jakobusbrief 2,1-5

1Meine Brüder und Schwestern, haltet den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrlichkeit, frei von jedem Ansehen der Person! 2Wenn in eure Versammlung ein Mann mit goldenen Ringen und prächtiger Kleidung kommt und zugleich kommt ein Armer in schmutziger Kleidung 3und ihr blickt auf den Mann in der prächtigen Kleidung und sagt: Setz du dich hier auf den guten Platz! und zu dem Armen sagt ihr: Du stell dich oder setz dich dort zu meinen Füßen! - 4macht ihr dann nicht untereinander Unterschiede und seid Richter mit bösen Gedanken? 5Hört, meine geliebten Brüder und Schwestern! Hat nicht Gott die Armen in der Welt zu Reichen im Glauben und Erben des Reiches erwählt, das er denen verheißen hat, die ihn lieben?“

An vielen Stellen kritisieren die Briefe des Neuen Testaments die Gemeinden der frühen Kirche. Wir dürfen davon ausgehen, dass diese Kritik nicht abstrakt ausgesprochen wurde, im luftleeren Raum – vielmehr wird auch der Autor des Jakobusbriefes eine konkrete Gemeinde mit konkreten Missständen im Kopf gehabt haben, als er die Worte schrieb, die wir an diesem Sonntag hören. Er schildert eine Situation, wie sie offenbar auch in der frühen Kirche immer wieder vorgekommen ist: Eine angesehene und einflussreiche Person gehört zur christlichen Gemeinde und wird bevorzugt behandelt. Diese Person bekommt den besten Platz beim Gottesdienst – um den Preis, dass ein Armer zurückgesetzt wird.

Ein derartiges Verhalten ist in der Kirche fehl am Platz. Der Apostel Paulus stellt fest: „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ (Gal 3,27-28). Damit ist keine Gleichmacherei gemeint, aber eine gleiche Würde all derer, die zu Christus gehören. Durch die Taufe gehören wir zu Christus, wir wurden hineingenommen in sein Leiden, Sterben und Auferstehen – das macht uns zu Christen, nicht die Herkunft oder die Bildung, der Beruf oder das Einkommen. Diese grundlegende Erkenntnis muss sich in der Kirche verdeutlichen.

Das bedeutet: Kirche darf nicht einfach die sozialen Verhältnisse dieser Welt in ihrem Inneren kopieren, diese Verhältnisse, bei denen dem Reichen und Angesehenen Respekt entgegengebracht wird, den Armen aber nicht. Gerade umgekehrt muss es sein: Die Botschaft vom Reich Gottes dreht die Verhältnisse dieser Welt in vielerlei Hinsicht um. Der Sohn Gottes wird nicht im Palast unter den Herrschern, sondern im Stall unter den Hirten geboren. Er setzt sich nicht auf den Thron der Mächtigen; sein Thron ist das Kreuz, der Marterpfahl der Verstoßenen. Seine Apostel sind nicht gebildete Menschen; Fischer sind es. Maria singt im Magnifikat über Gott: „Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen. (LK 1,51-53). Gott dreht die sozialen Verhältnisse dieser Welt um. Die Seligpreisungen verheißen: Arme erben das Himmelreich, Trauernde werden getröstet, Hungernde werden gesättigt (vgl. Mt 5,3-12).

Das muss unsere Kirche widerspiegeln. Unser Problem ist heute vielleicht nicht mehr wie zu Zeiten des Jakobusbriefes die Vergabe von Sitzplätzen. Doch wir müssen uns einsetzen für eine gerechtere Gesellschaft: Für das Leben eintreten, wo diese Botschaft unliebsam wird, für die Armen kämpfen, wo sie vergessen werden, die Ausgegrenzten integrieren. Gott ist ein Freund der Armen, der Verlassenen, der Vergessenen – also müssen wir es auch sein.

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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