Regensburg, 20. Juli 2024
Die Lesung für morgen, den sechzehnten Sonntag im Jahreskreis, kommt aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Ephesos im ionischen Griechenland, heute türkisch besiedelt, und sie steht dort im zweiten Kapitel. Paulus gibt dort schließlich auch die großartige Zusage Gottes weiter, dass alle Menschen, die an ihn glauben, auch zu ihm gelangen werden.
16. Sonntag im Jahreskreis B: Epheserbrief 2,13 – 18
„Schwestern und Brüder! 13Jetzt seid ihr, die ihr einst in der Ferne wart, in Christus Jesus, nämlich durch sein Blut, in die Nähe gekommen. 14Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile und riss die trennende Wand der Feindschaft in seinem Fleisch nieder. 15Er hob das Gesetz mit seinen Geboten und Forderungen auf, um die zwei in sich zu einem neuen Menschen zu machen. Er stiftete Frieden 16und versöhnte die beiden durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib. Er hat in seiner Person die Feindschaft getötet. 17Er kam und verkündete den Frieden: euch, den Fernen, und Frieden den Nahen. 18Denn durch ihn haben wir beide in dem einen Geist Zugang zum Vater.“
In diesem Abschnitt wendet sich der Verfasser des Epheserbriefes den Heiden zu – jenen Menschen also, die keine Juden waren und doch zum Glauben an Jesus Christus gekommen sind. Deren Situation vor ihrer Taufe schildert der Autor so: „Zu jener Zeit wart ihr von Christus getrennt, der Gemeinde Israels fremd und von dem Bund der Verheißung ausgeschlossen; ihr hattet keine Hoffnung und lebtet ohne Gott in der Welt.“ (Eph 2,12). Das ist die Situation der Menschheit ohne Gott: „ihr hattet keine Hoffnung.“ Diese Situation aber hat sich durch die Berufung und die Taufe geändert. Einst waren die Heiden „in der Ferne“, durch Christi Blut aber sind sie „in die Nähe gekommen.“
Der Autor spricht hier ein zentrales Thema der frühen Kirche an, das wir heute vielleicht nur noch erahnen können. Die ersten Christen waren Juden. Sie lebten als Juden in der Verheißung Gottes an Abraham. Jesus selbst war Jude, lebte als Jude, verkündete den Gott der Juden und bezog sich auf diese Verheißung Gottes, die dem auserwählten Volk gegeben wurde. Wie nun kann in dieser neuen Bewegung einer seinen Platz finden, der gerade nicht zu diesem Volk gehört? Wie kann einer zu Jesus gehören, der nicht beschnitten ist, nicht unter den Geboten lebt? Schnell begriff die Kirche unter dem Einfluss von Petrus und Paulus, dass sich das Heilswort Gottes in Jesus Christus geweitet hatte und nunmehr allen Völkern zuteilwerden sollte.
Das also ist die Situation der Heidenchristen: Sie waren einst fern, lebten abseits der Gebote und des Volkes Israel – jetzt aber, in Christus, sind sie in die Nähe gekommen. Juden und Heiden werden zu einem Volk, mehr noch zu „einem einzigen Leib.“ Diese Situation ist uns heute fremd. Nach zweitausend Jahren christlicher Geschichte, die voll ist von unsagbarer Sünde gegen das auserwählte Volk Israel, stellt sich die Frage nicht mehr, ob denn auch Heiden zur Kirche gehören können.
Doch auch uns hat dieser Text noch etwas zu sagen. Auch wir sind doch ohne das Kreuz Christi Fremde, die „in der Ferne“ waren, von Gott entfernt. Das Kreuz nimmt uns hinein in die Liebe Gottes. Durch Christus haben wir „Zugang zum Vater.“ Gleich nach dem Abschnitt dieses Sonntags wird der Autor des Epheserbriefes schreiben: „Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes.“ (Eph 2,19). Könnte Größeres über unser Leben gesagt werden? Gibt es besseres als „Mitbürger der Heiligen“ zu sein und – mehr noch – „Hausgenossen Gottes“? Jesus hat uns zu Freunden Gottes gemacht; wir gehören zu seiner Familie.
Text: Benedikt Bögle
(sig)