Regensburg, 11. Mai 2024
Die Lesung für morgen, den siebten Sonntag in der Osterzeit, kommt aus der Apostelgeschichte. Sie steht im ersten Kapitel, dort sind es die Verse 15 bis 17 und 20ac bis 26. Es geht um die kirchliche Berufung. Diese erfolgt zum ersten Mal beim zwölften Apostel, dessen Platz leer war, seit Judas, der zu den Jüngern Jesu zählte, diesen verraten hatte. Eine große Versammlung der Anhänger Jesu betet um die Erkenntnis für die richtige Wahl. Das Los fällt auf Matthias. Der Blog zum Sonntagsevangelium.
Siebter Sonntag der Osterzeit B – Apostelgeschichte 1,15 – 17, 20ac – 26
„15In jenen Tagen erhob sich Petrus im Kreis der Brüder – etwa hundertzwanzig waren zusammengekommen – und sagte: 16Brüder! Es musste sich das Schriftwort erfüllen, das der Heilige Geist durch den Mund Davids im Voraus über Judas gesprochen hat. Judas wurde zum Anführer derer, die Jesus gefangen nahmen. 17Er wurde zu uns gezählt und hatte Anteil am gleichen Dienst. 20acEs steht im Buch der Psalmen: Sein Amt soll ein anderer erhalten! 21Es ist also nötig, dass einer von den Männern, die mit uns die ganze Zeit zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und ausging, 22angefangen von der Taufe durch Johannes bis hin zu dem Tag, an dem er von uns ging und in den Himmel aufgenommen wurde – einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein. 23Und sie stellten zwei Männer auf: Josef, genannt den Barsabbas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias. 24Dann beteten sie: Du, Herr, kennst die Herzen aller; zeige, wen von diesen beiden du erwählt hast, 25diesen Dienst und dieses Apostelamt zu übernehmen! Denn Judas hat es verlassen und ist an den Ort gegangen, der ihm bestimmt war. 26Sie warfen das Los über sie; das Los fiel auf Matthias und er wurde den elf Aposteln zugezählt.“
Die Apostelgeschichte berichtet uns von den ersten Schritten der noch jungen Kirche – Schritte, die alles andere als einfach gewesen sein dürften. Jesus Christus ist in den Himmel aufgefahren; der Herr ist in der Gemeinde nicht mehr körperlich anwesend. Nicht mehr er kann Entscheidungen treffen; die Jünger selbst müssen entscheiden. Das wird besonders deutlich bei der Wahl eines neuen Apostels. Die zwölf Apostel waren von Jesus selbst mit dem einfachen Ruf „Folge mir nach“ zu Aposteln bestimmt wurden; dieser Ruf kann nun – da der Platz des Judas ersetzt werden soll – nicht mehr so einfach ergehen. Die Kirche muss sich in einem gewissen Sinn neu erfinden. Das beginnt bereits damit, dass die Zahl der Apostel neu gefüllt werden muss. Nunmehr geschieht dies nicht durch den einfachen Ruf in die Nachfolge, sondern – charakteristisch für kirchliche Weihen und Wahlen bis heute – durch die Anrufung des Heiligen Geistes.
Die verbliebenen Apostel sind sich über einen Punkt einig: Der Platz des Judas muss neu gefüllt werden. Der Zwölferkreis ist nicht mehr vollkommen; einer ist zu wenig. Das erscheint uns womöglich selbstverständlich, ist es aber nicht. Petrus selbst skizziert den zu erwählenden Mann: Es muss einer sein, der von Anfang an mit dabei war und alles miterlebte – von der Taufe bis zur Himmelfahrt. Dieser Mann ist insofern den Aposteln in allem gleich – mit einer Ausnahme: Er wurde eben nicht von Christus selbst noch während seines Lebens berufen. Die Apostel begreifen aber, dass ihre Sendung weitergehen muss: Das Apostelamt darf nicht aussterben, was über kurz oder lang geschehen wäre. Bis heute wird ein Bischof immer von einem anderen Bischof geweiht und kann daher im Kern seine Sendung bis auf jenen Zwölferkreis in Jerusalem zurückführen.
Die Sendung der Apostel darf nicht aussterben. Im Evangelium dieses Sonntags hören wir Jesus zum Vater sagen: „Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.“ (Joh 17,18). Die Kirche ist von Christus selbst gesandt; Christus aber ist vom Vater gesandt. Diese Sendung kann nicht, diese Sendung darf nicht aussterben. Petrus sagt: „einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein.“ Damit hat er die gesamte Sendung der Kirche in einem Satz zusammengefasst: Wir müssen Zeugen der Auferstehung sein. Das ist für die Kirche von heute nicht weniger gültig als für die ersten Christen; das betrifft natürlich in erster Linie die Bischöfe als Nachfolger der Apostel, gleichwohl aber alle Christen. Wir müssen Zeugen der Auferstehung sein, als österliche Menschen auf die größere Realität Gottes verweisen. Freilich können nicht alle Apostel sein – doch jeder Christ ist zu diesem Zeugnis berufen: In Wort und Tat, in den Familien und in der Arbeit, im Leben und Sterben.
Text: Benedikt Bögle
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