Regensburg, 6. April 2024
Die Lesung morgen, am zweiten Sonntag in der Osterzeit, kommt aus der Apostelgeschichte. Sie steht im vierten Kapitel, Vers 32 bis 35. Es geht um die erste Gemeinde der Christen in Jerusalem. Lukas schreibt, sie seien „ein Herz und eine Seele“ gewesen. Was können wir heute daraus lernen? Der Blog zum Sonntagsevangelium.
Zweiter Sonntag der Osterzeit – Apg 4,32-35
„32Die Menge derer, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam. 33Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu, des Herrn, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen. 34Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz, brachten den Erlös 35und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte.“
Die Apostelgeschichte berichtet uns von der Lebenswelt der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem. In dieser Gemeinde gab es kein Eigentum mehr, „sondern sie hatten alles gemeinsam.“ Jeder gibt, was er hat; jeder bekommt, was er braucht. Zusammengefasst wird dieses Leben mit der eingänglichen Formulierung: Sie waren „ein Herz und eine Seele“. Vielleicht nicht ohne Zufall nimmt dieser Abschnitt eine weitere Feststellung in die Mitte: „Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu, des Herrn, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen.“ Die Ausführungen der Apostelgeschichte zum gemeinsamen Eigentum und zur Aufteilung des Besitzes umrahmen diese Feststellung: Die Apostel legten Zeugnis ab. Der auferstandene Herr ist die Mitte der urchristlichen Gemeinde; von ihm her kann sich erst das Zusammenleben der Gemeinde entfalten. Christus ist es, der die, die ihm nachfolgen, „ein Herz und eine Seele“ sein lässt. Dieses Bekenntnis zum Auferstandenen macht offenbar etwas mit den Angehörigen der Gemeinde.
An diesem Zweiten Sonntag der Osterzeit hören wir zudem einen Abschnitt aus dem Ersten Johannesbrief. Dort heißt es: „Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, ist aus Gott gezeugt und jeder, der den Vater liebt, liebt auch den, der aus ihm gezeugt ist.“ (1 Joh 5,1). Jeder also, der an Christus glaubt, „ist aus Gott gezeugt“. Das ist die Gemeinsamkeit aller Christen, aller Angehörigen der ersten Gemeinde in Jerusalem. Sie alle glauben, dass Jesus der Christus ist; sie alle sind aus Gott gezeugt. Wenn wir dann den Vater lieben – dann doch auch alle, die aus ihm gezeugt sind. Der Erste Johannesbrief begründet auf diese Weise das Gebot der Liebe, das Christus seinen Jüngern im Abendmahlssaal gegeben hat: „Liebt einander!“ (Joh 13,34). Dieses Gebot hat die ersten Christen durchdrungen.
Dabei darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass bereits in der frühen Kirche Spannungen auftraten. So kommt es zur Auseinandersetzung bezüglich der Heidenmission: Müssen Heiden, die zum Glauben an Jesus Christus kommen, beschnitten werden? Gilt für Sie das Gebot des Judentums? Die Apostelgeschichte weiß gar zu berichten, dass „ein heftiger Streit entstand“ (Apg 15,7). Die Briefe des Apostels Paulus zeigen, dass es auch in seinen Gemeinden immer wieder zu Auseinandersetzungen kam, die teilweise grundlegende Fragen des Miteinanders betrafen. Auch unsere Kirche ist heute nicht vor dieser Spannung bewahrt. Wir, die wir an Christus glauben, sollten Geschwister im Glauben sein – weil wir von Gott stammen, alle zusammen. Unser Miteinander legt davon nicht immer Zeugnis ab. Die Apostelgeschichte gibt uns aber ein Rezept: Die Gemeinde kann nur dann „ein Herz und eine Seele“ sein, wenn sie Christus in ihre Mitte nimmt. Im Zentrum muss das Zeugnis vom auferstandenen Herrn stehen. Dann kann, so dürfen wir hoffen, auch von uns gelten, was über die ersten Christen gesagt ist: „reiche Gnade ruhte auf ihnen allen“.
Text: Benedikt Bögle
(sig)