Regensburg, 1. Januar 2024
Eine Oktav ist ein acht Tage langes Hochfest, das die Wichtigkeit eines kirchlichen Feiertages unterstreicht. Der Blog zum Sonntagsevangelium.
Der Oktavtag von Weihnachten
Eine ganze Woche lang feiert die Kirche Weihnachten. Bei einer Oktav feiert die Kirche acht Tage lang ein Hochfest. Sie tut das in der Osteroktav, also der Woche vom Ostersonntag bis einschließlich dem weißen Sonntag; sie tut es ebenfalls in der Weihnachtsoktav vom 25. Dezember bis zum 1. Januar. Historisch ist zuerst eine Oktav für das Osterfest überliefert, dann auch für das Fest der Erscheinung des Herrn (6. Januar). Etwa um das Jahr 615 herum wurde auch eine Oktav für das Weihnachtsfest eingeführt. Schon durch die einzelnen Feiertage innerhalb der Weihnachtswoche wird deutlich, dass diese Oktav erst relativ spät eingeführt wurde: In die Weihnachtswoche fällt etwa mit dem Fest des heiligen Stephanus als erstem Märtyrer der Kirche ein Fest, das sehr alt ist – womöglich sogar älter als Weihnachten. Die Oktav wurde eingeführt, das ältere Stephanusfest ist geblieben. Bis zur Liturgiereform 1969 endete die Weihnachtsoktav mit dem Fest der Beschneidung des Herrn; heute feiern wir am 1. Januar das Hochfest der Gottesmutter Maria.
Noch später entwickelte sich eine Oktav nach dem Pfingstfest, im Mittelalter dann kamen für zahlreiche größere und kleinere Feste eigene Oktaven hinzu: Teilweise wurde nur der achte Tag besonders begangen, teilweise folgte – vergleichbar mit Weihnachten und Ostern – eine ganze Festwoche. Als diese Festwochen überhandnahmen, wurden die Oktaven gestrichen; übrig blieben sie bei Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde dann auch noch die Pfingstoktav abgeschafft.
Alttestamentarische Einflüsse
Woher diese Tradition stammt, kann nicht ganz sicher gesagt werden; vermutlich spielen mehrere Motive eine Rolle. Zum einen kannte schon das Volk Israel Festwochen; das Laubhüttenfest etwa wurde eine ganze Woche lang gefeiert (vgl. Lev 23,36), ebenso das Pessachfest. Zur Weihe des Tempels feierte König Salomo eine Woche lang mit seinem Volk (vgl. 1 Kön 8,65). Die Tradition, ein Fest eine ganze Woche lang zu feiern, kann insofern vom Volk Israel übernommen worden sein. Ein anderes Motiv kann aber das des „achten Tages“ sein. Sieben Tage lang schuf Gott die Welt (vgl. Gen 1). Die Zahl acht war daher in der frühen Christenheit ein Symbol für die neue Schöpfung, die auf diese Welt folgen wird. Taufkirchen wurden daher beispielsweise oft in der Form eines Achtecks gebaut: Mit der Taufe wird der Mensch neu geschaffen, in den achten Tag der Schöpfung hineingenommen.
Den Glauben im Alltag feiern
Die Oktav unterstreicht die Bedeutung des Festes. Eine ganze Woche lang feiern wir Ostern, eine ganze Woche lang Weihnachten. Das Geheimnis unserer Erlösung in der Menschwerdung und Auferstehung Jesu ist so groß – es sprengt die Dauer eines einzigen Tages bei weitem. So wird die Oktav auch zu einer Einladung: Wenn die Radiosender schon keine Weihnachtslieder mehr spielen und die Christbäume teilweise schon wieder abgebaut werden, ist für uns noch Weihnachten. Jedes Jahr aufs Neue bereiten wir uns vier Wochen auf Weihnachten und vierzig Tage auf Ostern vor. Die Menschwerdung Jesu soll uns nicht nur einen Tag an Weihnachten beschäftigen – sie soll unser ganzes Leben, unseren ganzen Alltag durchdringen. Eine gute Übung kann sein, die Weihnachtsoktav ganz bewusst zu begehen – und eine ganze Woche lang Weihnachten zu feiern.
Text: Benedikt Bögle (to)