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Durch das Kirchenjahr: Blog zum Sonntagsevangelium

Das Grundgesetz

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Regensburg, 28. Oktober 2023

War Jesus bisher mehreren spitzfindigen Fragen gekonnt ausgewichen, so versucht morgen im Evangelium ein Gesetzeslehrer erneut, Jesus eine Falle zu stellen. Wie Jesus das löst erfahren Sie im Blog zum Sonntagsevangelium.

30. Sonntag im Jahreskreis A – Matthäus 22,34-40

„In jener Zeit, 34als die Pharisäer hörten, dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, kamen sie am selben Ort zusammen. 35Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, wollte ihn versuchen und fragte ihn: Meister, 36welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste? 37Er antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. 38Das ist das wichtigste und erste Gebot. 39Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. 40An diesen beiden Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten.“

Die Fallen der Sadduzäer hatten nicht funktioniert. Mehreren spitzfindigen Fragen war Jesus gekonnt ausgewichen – so etwa der Frage danach, ob dem Kaiser Steuern gezahlt werden dürften (vgl. Mt 22,15-21). Jetzt übernehmen die Pharisäer. Ein Gesetzeslehrer versucht, Jesus aufs Neue eine Falle zu stellen: Welches Gesetz, fragt er, ist denn das Wichtigste? Auch auf diese Frage, so scheint es, kann Jesus eigentlich nur eine falsche Antwort geben, denn: Die Tora – die fünf Bücher des Mose – kennt zahlreiche Gesetze und Gebote. Natürlich stellt sich die Frage nach einer Hierarchie: Sind all diese Gebote gleich wichtig? Was geschieht, wenn man in einer bestimmten Situation gegen eines von zwei Geboten verstoßen muss? Welches genießt dann den Vorrang?

Gleichzeitig gab es im hellenistischen Judentum zur Zeit Jesu die Tendenz, die Gebote der Tora zwar nicht abzulehnen, aber sie doch eher allegorisch zu verstehen. Was soll Jesus nun darauf antworten? Würde er sagen, alle Gebote sind gleich gewichtig, könnte man ihm sicher widersprechen. Genießen nicht etwa die Zehn Gebote ein höheres Gewicht als ein bestimmtes Detail der Speisevorschriften? Würde Jesus ein bestimmtes Gebot herausgreifen, könnte eine gelehrte Diskussion entbrennen, weshalb doch ein anderes wichtiger ist. Jesus geht einmal mehr sehr geschickt vor. Er zitiert zwei Bibelstellen, die von der Gottesliebe (vgl. Dtn 6,5) und der Nächstenliebe (vgl. Lev 19,18) sprechen. Jesus erfindet keine neuen Gebote – er betont die geltenden: „Amen, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird kein Jota und kein Häkchen des Gesetzes vergehen“ (Mt 5,18).

Auf das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe lassen sich letztlich alle anderen Gebote zurückführen. Jesus wertet die Gebote der Tora nicht ab, indem er die Gottes- und Nächstenliebe an die Spitze stellt: Aus dem Doppelgebot leiten alle anderen ihre Berechtigung ab, sind Ergebnis dieses einen „Grundgesetzes“. Nun hören wir diese Worte Jesu als Christen, die sich an die zahlreichen Gebote der Tora nicht mehr halten. Wir beachten keine Opfer- oder Reinheitsgebote, keine Vorschriften zu den Speisen oder zum Ackerbau. Aber auch unser Leben unterliegt zahlreichen Geboten. Im weltlichen Bereich ohnehin, aber auch im religiösen: Wir halten uns an die Zehn Gebote, kennen eine Sonntagspflicht. Die Kirche kennt Vorschriften zum Fasten. Unsere Liturgie unterliegt Regeln, aber auch das ganze kirchliche Zusammenleben tut das wie es sich etwa aus dem „Codex Iuris Canonici“ (CIC) ergibt. Auch uns ist das Wort Jesu zugesprochen: Am Anfang steht die Liebe zu Gott und zum Nächsten. Sie ist das Grundgesetz der Kirche und unseres Lebens als Christinnen und Christen.

Text: Benedikt Bögle

(SSC)



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