Dominikanerinnen von Heilig Kreuz: „Unsere alten Schwestern sind echte Goldschätze“
(pdr) Die katholische Kirche begeht den Tag des geweihten Lebens an Lichtmess, Freitag, 2. Februar. Dabei geht es um die besondere Berufung zum „geweihten Leben“ in Ordensgemeinschaften und Säkularinstituten. Aus diesem Anlass feiert Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller am Sonntag, 4. Februar, um 15 Uhr eine Pontifikalvesper im Hohen Dom St. Peter. Anschließend findet im Diözesanzentrum Obermünster eine Begegnung statt. Im Interview sprechen zwei kontemplative Dominikanerinnen aus dem Kloster Heilig Kreuz in Regensburg, Schwester Johanna und Schwester Marina, über ihre Berufung im Ordensstand.
Schwester Johanna, Schwester Marina, das Kloster Heilig Kreuz liegt in der historischen Regensburger Altstadt, allerdings nicht im Zentrum. Wie finden Menschen zu Ihnen?
Schwester Johanna: Es ist besser, dass wir nicht ganz im Zentrum sind. Schließlich gehören die Einsamkeit und das Schweigen zu unserem klösterlichen Leben.
Schwester Marina: Die Klausur, in der wir leben, ist für uns ein Schutz, ein Raum, um für Gott offen zu sein, ein Freiraum für Größeres, das in die Welt zurückstrahlen kann. Allerdings sind wir bei aller Klausur im Internet leicht zu finden.
Also ist Ihnen der Kontakt mit „Draußen“ ein Anliegen ...
Schwester Marina: Wir sollen die Medien der jeweiligen Zeit nutzen. Das ist ein wichtiger Punkt bei der Verkündigung, die ja auch unser Auftrag ist. Unser wichtigstes „Medium“, wenn ich einmal so sagen darf, ist für uns kontemplative Dominikanerinnen das Gebet. Immer wieder erhalten wir – besonders auch per E-Mail – die Aufforderung, in bestimmten Anliegen zu beten. Auch von Gebetserhörungen erfahren wir nicht selten per E-Mail. Werbung passt jedoch nicht zu uns. Sagen wir lieber einmal: Die Menschen dürfen bei uns ruhig einen Anlaufpunkt haben.
Die Kommunikation mit der „Welt“ ist ein Punkt, ein anderer ist Ihr gemeinschaftliches Leben. Wie gehen Sie miteinander um?
Schwester Johanna: Wir führen ein intensives Gemeinschaftsleben, da wir gemeinsam einem Ideal nacheifern. Als Gemeinschaft leben wir in Abgeschiedenheit die Zeichenhaftigkeit unseres Daseins in der Nachfolge Christi, die in Liebe und Ganzhingabe zu verwirklichen ist. Wir streben an, dass wir ein Herz und eine Seele sind, und, so weit ich sehe, verwirklichen wir es auch.
Sie siezen oder duzen sich?
Schwester Marina: Wir siezen uns. Das ist eine alte Tradition bei uns. Dennoch gehen wir ganz herzlich miteinander um. Das drückt keine Reserviertheit gegeneinander aus.
Schwester Johanna: Dass zwei Schwestern sich verstehen und ein inniges Verhältnis zueinander haben, das ist genehmigt. Bei uns sondert sich aber niemand ab.
Ich gehe davon aus, dass Sie Ihr Lebensmodell auch anderen jungen Frauen empfehlen können und möchten?
Schwester Johanna: Ich würde jede junge Frau beglückwünschen, die die Berufung dazu hat und den Schritt zu uns wagt. Wenn eine junge Frau dies tut, dann wagt sie etwas ganz Großes, das alle Möglichkeiten bietet, zur Vollendung der eigenen Persönlichkeit zu gelangen.
Schwester Marina: Wenn die Kirchen leer sind, dann ist in der Regel der Andrang im Kloster auch nicht so groß. Aber es ist schon so, dass wir regelmäßig Anrufe und E-Mails bekommen von interessierten Frauen, dass wir auch sehr tiefe und gute Gespräche im Gesprächszimmer hier führen. Vielleicht darf ich einmal so sagen: Es gibt junge Frauen, die sich für unseren Weg sehr ernsthaft interessieren, nicht in Massen, aber es gibt sie. Es gibt nämlich immer noch zahlreiche junge Menschen, die ein tiefes religiöses Leben suchen.
Es gibt also noch ein Interesse am Ordensleben ...
Schwester Johanna: Früher gab es immer wieder Geistliche, die junge Frauen auf diesen unseren Weg aufmerksam gemacht haben und sie diesen Weg gewiesen haben. Ich selbst zum Beispiel bin mit fünf weiteren Schwestern auf diese Stätte des Glaubens und des Gebets in Regensburg durch einen Pallottinerpater aufmerksam gemacht worden. Alle sechs sind wir hier geblieben und haben unsere Erfüllung gefunden. Zwei der Mitschwestern sind uns schon in die Herrlichkeit vorangegangen. Ich selbst freue mich, dass der Tag, an dem ich heimgehen darf, näher rückt. Ich habe mich ganz Gottes Willen überlassen. Manche Menschen beten „Dein Wille geschehe“ und empfinden das, was geschieht, dennoch als das Schlimmste. In Wirklichkeit ist es immer das Beste. Das ist nicht einfach anzunehmen. Aber ich sage einfach: „Mach mit mir, was du willst.“
Schwester Marina: Also ich bin überzeugt, dass das Ordensleben heute nach wie vor sehr attraktiv ist. Der Begriff „attraktiv“ mag vielleicht etwas missverständlich sein, da dieses Lebensmodell ja in sich ruht. Dabei ist dieser Lebensentwurf nicht starr oder gar rigide: Als junger Mensch möchte ich ja auch meine Fähigkeiten einbringen. Heute sollte besonders darauf geachtet werden, dass diese Fähigkeiten, die junge Menschen mitbringen, auch genutzt werden. Das geschieht hier durchaus, das intellektuelle Leben hinter Klostermauern kann eine breitere Entfaltung finden. Das kann schon mit dem eifrigen Studium der Heiligen Schrift beginnen. Letztlich muss es immer darum gehen, dass wir den Weg zur Wahrheit finden und zu ihr auch hinführen: Gott ist die Antwort auf die tiefste Lebensfrage. Dieser Wahrheit als Dominikanerinnen nachzufolgen, stimmt uns froh. Als Dominikanerinnen wurden wir durch den heiligen Dominikus ein Jahrzehnt vor dem männlichen Zweig der Gemeinschaft gegründet. Der erste dominikanische Frauenkonvent wurde1207 in Prouilhe gegründet ...
Schwester Johanna: ... und Papst Honorius hat den männlichen Zweig dann 1216 bestätigt. Unser Kloster in Regensburg besteht durchgängig seit dem Jahr 1233, wir sind also ganz nahe an der frühen Zeit. Es ist eine unerhörte innere Freiheit, die vom Wirken des heiligen Dominikus und seiner Predigt ausgeht. In dieser Tradition stehen, in dieser Tradition bewegen wir uns. Die Tradition überhaupt ist uns sehr wichtig, das heißt: Was nicht mehr zu praktizieren ist, das können wir auch loslassen. Die guten Werte bewahren wir. Vor allem ist uns die Liturgie sehr wichtig.
Schwester Marina: Auch das Gebet auf Latein wird bei uns gepflegt, und das sehr gerne, zum Beispiel an hohen kirchlichen Feiertagen.
Schwester Johanna: Wenn man unser Leben richtig lebt, kann man nicht anders als froh sein. Und wenn die Liebe wächst, dann muss die Freude auch wachsen. Natürlich kann es eine Zeit der „Gebetstrockenheit“ geben. Aber im allgemeinen ist dies nach einer gewissen Zeit wieder vorbei.
Schwester Marina: Unsere alten Schwestern sind echte Goldschätze, betende Perlen. Sie strahlen eine natürliche Freude aus – das ist einfach unglaublich und ansteckend. (ven)