Die Lehre des Evangeliums ist nicht vereinbar mit rassistischen Ideologien - Ein Gespräch mit Pfarrvikar Dr. Rémy Kasanda aus Regensburg
Seit dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd am 25. Mai 2020 in Minnesota, USA, ist das Thema Rassismus in aller Munde. Nicht nur in Amerika, sondern auch in ganz Europa gehen die Menschen auf die Straße, um gegen Rassenhass ihre Stimme zu erheben. Im Bistum Regensburg gibt es nicht nur Geistliche aus Deutschland, sondern aus den verschiedenen Ländern unserer Erde - ein Spiegel für den weltumspannenden christlichen Glauben. Im Rahmen eines persönlichen Treffens konnten wir mit Dr. Rémy Kasanda über die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen sprechen. Er stammt aus Mayanda in der Demokratischen Republik Kongo und gehört der Diözese Idiofa an. 1987 kam er zum Studium der Theologie in Rom zum ersten Mal nach Europa, seit 2014 wirkt er als Seelsorger im Bistum Regensburg. Zurzeit ist er Pfarrvikar in Regensburg St. Josef in Reinhausen.
Unterschiede zwischen den Menschen sind immer ein Reichtum
Rassismus und Glaube ist für Dr. Rémy Kasanda ein Widerspruch: "Wer glaubt, glaubt unbedingt an einen Gott, der alles geschaffen hat. Das heißt, Tiere, Pflanzen, Menschen, usw. Und wer glaubt, weiß, dass Gott nicht nur eine Rasse geschaffen hat, sondern viele verschiedene. Kein gläubiger Mensch kann eine bevorzugen und eine andere ablehnen!", erklärt Dr. Kasanda und betont, dass die Menschen die Schöpfung so annehmen müssen, wie Gott sie erschaffen habe. Die Unterschiede zwischen den Menschen seien immer ein Reichtum. Jeder habe eine Besonderheit. All diese Besonderheiten zusammen betrachtet, machten unsere schöne Welt aus. Die Lehre des Evangeliums sei nicht vereinbar mit rassistischen Ideologien. Die Bibel lehre uns die Liebe zu unseren Mitmenschen. Das ist nicht immer leicht, muss Dr. Kasanda gestehen. Aber wer es nicht schaffe, sein Gegenüber zu lieben, der müsse sich zumindest in Toleranz gegenüber dem anderen üben.
'Liebt einander, wie ich euch geliebt habe'
"Als Gläubige müssen wir den Rassismus bekämpfen. Das ist unsere Aufgabe", meint Pfarrvikar Rémy Kasanda mit Blick auf die zahlreichen Demonstrationen weltweit. Rassismus zeige sich nicht nur an solch scheußlichen Ereignissen, wie dem Tod von George Floyd, sondern fände immer seinen Beginn im Innern der Menschen, in ihren Herzen: "Wie akzeptieren wir die Menschen, die anders sind als wir? Wollen wir, dass alle so sind wie wir selbst oder akzeptieren wir jeden so, wie er ist? Diese Fragen stehen immer am Anfang, der Rassismus folgt später. Egal welche Hautfarbe jemand hat, wir sind alle Menschen. Das muss Jeder grundsätzlich begreifen. Als Gläubige haben wir aber noch mehr zu tun, wenn wir auf das Evangelium hören. Es lehrt uns das Gebot Jesu Christi 'Liebt einander, wie ich euch geliebt habe'. Liebe, oder zumindest Akzeptanz."
Rassismus darf kein Thema mehr unserer Zeit sein
Als Dr. Kasanda die Bilder im Fernsehen sah, die zeigten, wie Demonstranten die Statuen ehemaliger Sklavenhändler demontierten, war er beeindruckt: "Das ist der Beginn einer neuen Ära. Das gab es vorher noch nie. Das ist wirklich etwas Neues!" Und er ist davon überzeugt, dass man mit den jungen Menschen in seiner Pfarrei darüber reden muss. Die Jugendlichen hätten eine andere Meinung als viele Vertreter der älteren Generationen. Es werde wichtig sein, zu erfahren, was sie denken und meinen und welche Vorschläge sie für eine Lösung haben. "Wir leben im 21. Jahrhundert. Rassismus ist Gedankengut aus vergangenen Zeiten. Es darf kein Thema unserer Zeit sein. Wir haben noch viel bzw. mehr zu tun, damit die Welt besser wird. Schauen wir nach vorne und entwickeln wir neue Ideen!", so der Geistliche abschließend.
Das Gespräch führte Jakob Schötz von der Bischöflichen Pressestelle, Regensburg.