rollstuhlfahrer blicken auf eine rednerin

Die erste Prüfgruppe der KJF Werkstätten feiert Jubiläum

10 Jahre Einfach g‘macht


Straubing, 4. Dezember 2025

Vor zehn Jahren ging die erste Prüfgruppe der KJF Werkstätten in Straubing an den Start: Sie prüft Texte in Leichter Sprache auf ihre Verständlichkeit und macht die mitunter komplizierten Inhalte für alle Menschen zugänglich – ein entscheidender Beitrag für Inklusion und Teilhabe. Beim Festakt zum 10. Jubiläum gab es nicht nur eine Reihe von Gratulanten, sondern auch eine neue Broschüre in Leichter Sprache.

„Ohne Prüferinnen und Prüfer gibt es keine Leichte Sprache in guter Qualität“, betonte Sebastian Müller, der Leiter des Büros für Leichte Sprache der KJF Regensburg, in seiner Begrüßungsrede und wandte sich an die Mitglieder der Prüfgruppe: „Nur durch eure Arbeit können wir sicherstellen, dass die Texte für alle Menschen verständlich und zugänglich sind.“ Ein wichtiger Auftraggeber für die Prüfgruppe Einfach g’macht ist Holger Kiesel, der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung. Auch er würdigte ihre Arbeit: „Wir arbeiten schon seit sechs Jahren sehr gut zusammen. Von euch habe ich viel über Leichte Sprache gelernt und gemeinsam haben wir großartige Texte auf die Beine gestellt.“ Kiesel griff in seinem Grußwort auch eine aktuelle Debatte auf: „In Zeiten, in denen es heißt, dass gespart werden muss, möchte ich deutlich sagen: Sachen und Gegenstände können zu teuer sein – aber nicht Menschen! Wir sind nicht zu teuer.“

Von der Pionierarbeit zur Erfolgsgeschichte 

Evi Feldmeier, Geschäftsführerin der KJF Werkstätten, erinnerte an die Anfänge der Prüfgruppe in Straubing: „Beim Thema Barrierefreiheit denken viele zuerst an Treppen oder Stufen – nicht an Sprache. Aber Sprache ist für Teilhabe und Inklusion von entscheidender Bedeutung. Ihr macht Sprache verständlich und baut dadurch Barrieren ab. Als wir vor zehn Jahren damit begonnen haben, wart ihr Pioniere und habt euch getraut, neue Wege zu gehen.“ Über die Jahre wurde daraus eine Erfolgsgeschichte, denn inzwischen gibt es sechs Prüfgruppen – verteilt auf die weiteren Standorte der KJF Werkstätten. Einer der Höhepunkte war die Verleihung des Ernst-Hinsken-Preises, mit dem der Rotary-Club Straubing seine Anerkennung für den Einsatz der Prüfgruppe Einfach g’macht zum Ausdruck brachte. Zudem arbeitet die Gruppe mit namhaften Auftraggebern zusammen, darunter das Haus der Bayerischen Geschichte und die Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg. 

Werkstatträtin Erika Stelzl brachte die Bedeutung der Prüfgruppe auf den Punkt: „Auf Leichte Sprache können wir nicht mehr verzichten. Denn wenn du etwas nicht verstehst, kannst man du nicht mitreden, nicht mitwirken und nicht mitentscheiden.“

Ohne Leichte Sprache geht es nicht

Stellvertretend für Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich gratulierte Bezirksrat Franz Schreyer der Prüfgruppe zum Jubiläum: „Eure Arbeit ist sehr wichtig und ihr macht sie großartig! Weiter so!“ Straubings Oberbürgermeister Marcus Pannermayr erzählte von seinen Besuchen bei der Prüfgruppe: „Ich habe dabei eine Menge gelernt: Wenn man will, dass alle mitmachen können, dann brauchen wir Leichte Sprache, anders geht es nicht.“ Er kündigte an, die Prüfgruppe im kommenden Jahr beim Gäubodenvolksfest auf eine Brotzeit einzuladen. Straubing-Bogens stellvertretender Landrat Bernhard Krempl dankte der Prüfgruppe: „Ihr zeigt uns jeden Tag aufs Neue, dass Inklusion möglich ist, wenn man daran arbeitet!“ 

Dr. Christian Zürner, Professor für Soziale Kulturarbeit und Kulturmanagement an der OTH Regensburg, betonte, dass Sprache entscheidend ist, für das Zusammenleben von Menschen und erst durch Leichte Sprache würde sichergestellt, dass alle Menschen teilhaben können: „Ich bedanke mich bei den Prüfgruppen, bei den KJF Werkstätten und insbesondere bei Mario Franz, dem Fachdienst für Leichte Sprache, für die wunderbare Zusammenarbeit.“ Schließlich ergriffen die Mitglieder der Prüfgruppe selbst das Wort: Annette Gerl, Andreas Härtl, Stephanie Lehner, Sabrina Paulus, Bernd Pongratz und Stefan Steininger wandten sich an die Jubiläumsgäste: Sie berichteten, dass ihre Arbeit anfangs „gar nicht so leicht“ war. Ihre Lieblingstexte stammen vom Haus der Bayerischen Geschichte. Abschließend bedankten sie sich „bei allen Auftraggebern für das Vertrauen“.

Hilfsmittel erzählen ihre Geschichte

Ein kleiner Höhepunkt des Festakts war die Vorstellung einer neuen Broschüre in Leichter Sprache, an der die Prüfgruppe mitgewirkt hat: „Hilfsmittel erzählen ihre Geschichte“. Matthias Schießl, Mitarbeiter im Büro für Leichte Sprache der KJF, und Büroleiter Sebastian Müller stellten das Werk vor. Es entstand im Rahmen einer Vorlesung an der OTH: Studierende übersetzten die Texte in Leichte Sprache, die Prüfgruppe prüfte die Ergebnisse. Die Broschüre beschreibt die Entstehung von Rollstuhl, Gebärdensprache, Euro-Schlüssel oder Blindenschrift sowie weiterer Errungenschaften, die das Leben von Menschen mit Behinderung erleichtern. 

Glückwünsche zum Jubiläum gab auch von den anderen Prüfgruppen der KJF Werkstätten: Die Stiftland-Detektive aus Mitterteich, die Sprach-Entwirrer aus Mitterfels, die Prüf-Tigers aus Straubing und die Text-Checker aus Eggenfelden gratulierten per Videobotschaft. Die Musikgruppe der Straubinger Werkstätten St. Josef umrahmte den Festakt mit leidenschaftlichen Cover-Songs. Das begeisterte Publikum verlangte nach einer Zugabe. 

Unser Titelbild zeigt: Evi Feldmeier, Geschäftsführerin der KJF Werkstätten, Werkstatträtin Erika Stelzl würdigten die Arbeit der Prüfgruppe. Sebastian Müller, Leiter des Büros für Leichte Sprache der KJF, führte durch die Veranstaltung.

Text und Foto: Sebastian Schmid
(jas)



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