Aachen/Regensburg, 21. November 2023
Nach der Ankündigung der pakistanischen Regierung, Flüchtlinge aus Afghanistan ohne Aufenthaltsstatus abzuschieben, haben nach Angaben von lokalen Behörden bereits über 300.000 Menschen das Land Richtung Afghanistan verlassen. Insgesamt sind 1,7 Millionen Menschen von der Ausweisung bedroht. Zeugen berichten von der entsetzlichen Notlage in überfüllten afghanischen Flüchtlingslagern, wo immer mehr Menschen aus Pakistan ankommen. Misereor stellt darum 100.000 Euro für Nothilfe zur Verfügung.
„Gerade jetzt die Menschen abzuschieben, ist besonders grausam“, erklärt Anna Dirksmeier, Afghanistan-Expertin bei Misereor. „Der Winter hat begonnen, es sind zweistellige Minusgrade über einen langen Zeitraum zu erwarten und es fehlt an allem: ausreichend Zelte, Decken, warmer Kleidung. Oft kommen die Menschen aus wärmeren Gegenden Pakistans nur mit Sandalen und leichter Sommerkleidung. Wenn jetzt keine schnelle Hilfe kommt, werden wir massive Erfrierungen und eine humanitäre Katastrophe erleben. Unsere afghanischen Projektpartner befürchten Überlebenskämpfe, die gewaltsam ausgetragen werden könnten“, so Dirksmeier. Misereor stellt in dieser Situation zunächst 100.000 Euro an eine lokale Partnerorganisation in der Region Herat zur Verfügung, die die Geflüchteten mit Nahrungsmitteln, Wasser, Decken und Zelten versorgt.
Die abgeschobenen Menschen kommen nach Afghanistan in ein bitterarmes Land zurück, in dem über 90% der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen ist. Das Welternährungsprogramm zur Nahrungsmittelhilfe vor Ort ist massiv unterfinanziert. Die bestehenden Flüchtlingslager sind ohnehin schon überfüllt und können die Menschen in dieser hohen Zahl nicht mehr aufnehmen. Es ist zu befürchten, dass Proteste aus den Ortschaften in Afghanistan zu erwarten sind, in denen sie zwangsangesiedelt werden. Dort konkurrieren sie mit der ansässigen Bevölkerung, die ebenfalls ums Überleben kämpft.
Deutsche Verantwortung: Nach Pakistan geflohene Oppositionelle und bedrohte Ex-Ortskräfte aus Afghanistan in Lebensgefahr
„Wir appellieren an die Bundesregierung, die Hilfsgelder für Afghanistan zu erhöhen und sich international für eine Aufstockung des UN-Welternährungsprogramms in Afghanistan und weitere humanitäre Hilfe einzusetzen. Darüber hinaus muss der politische Druck auf Pakistan erhöht werden, die Abschiebungen zu diesem Zeitpunkt aus humanitären Gründen auszusetzen und längere Fristen zu gewähren. In Pakistan befinden sich noch tausende ehemalige afghanische Oppositionelle und ihre Angehörigen sowie deutsche Ortskräfte, die nach Pakistan geflüchtet waren und im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms Anspruch auf Ausreise nach Deutschland haben. „Wenn diese Menschen jetzt zurück nach Afghanistan abgeschoben werden, befinden sie sich in akuter Lebensgefahr. Hier hat Deutschland eine große politische Verantwortung“, so Dirksmeier.
Als Werk für Entwicklungszusammenarbeit der katholischen Kirche kämpft MISEREOR für Gerechtigkeit und Bildung, gegen Hunger, Krankheit, Ausgrenzung und Menschenrechtsverletzungen sowie deren Ursachen. Gemeinsam mit einheimischen Partnern unterstützen wir Menschen unabhängig von ihrem Glauben, ihrer Kultur und ihrer Hautfarbe. Seit der Gründung von MISEREOR im Jahr 1958 wurden über 114.000 Projekte in Afrika und dem Nahen Osten, in Asien und Ozeanien, in Lateinamerika und der Karibik gefördert. MISEREOR ist Mitglied im Bündnis Entwicklung Hilft.
Text: Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e.V.
(SSC)