Der Erzieherberuf erfordert Professionalität und Kreativität-Kirchliche Fachakademie für Sozialpädagogik feierte 40-jähriges Jubiläum / In 40 Jahren mehr als 2400 Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet
Regensburg(cn). „Eine Schule, die dir lernt, Rücksicht auf andre zu nehmen, sich für Menschen stark zu machen und ihnen Lichtblicke geben, ist genau das, was wir brauchen hier in unserer Stadt“. Felix Merl, Schüler der Klasse 3a, brachte es in seinem Rap auf den Punkt. Zum 40-jährigen Jubiläum der Kirchlichen Fachakademie für Sozialpädagogik (FakS) schrieb er diesen Song. Beim Festakt im Regensburger Antoniussaal bekamen ihn die über 300 Gäste zu hören. Viele aus Politik, Gesellschaft und Kirche sind gekommen, um zusammen mit den aktuell 250 Schülern das runde Jubiläum zu feiern.
Diözesan-Caritasdirektor Dr. Roland Batz zelebrierte zuvor eine feierliche Messe in Antoniuskirche. Professor Dr. Joachim Bauer von der Universität Freiburg im Breisgau hielt die Festrede. Der Neurobiologe, Molekularbiologe, Arzt und Psychotherapeut brachte die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung in Zusammenhang mit den Herausforderungen des Erzieherberufs. Mit einem bunten Mitmach-Nachmittag an der Fachakademie endete der Jubiläumstag.
Das Berufsbild der Erzieherin hat sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten stark gewandelt, zusammen mit den Einrichtungen: von den Kinderbewahranstalten in den 50er und 60er Jahren hin zu hochprofessionellen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen. Veränderte Familiensituationen, der sich ändernde sozio-kulturelle Hintergrund und gesellschaftliche Entwicklungen haben zwangsläufig Auswirkungen auf das Arbeitsfeld eines Erziehers oder einer Erzieherin. Eines bleibt: „Im Wesentlichen muss es darum gehen, Verantwortung für sich und die uns anvertrauten Menschen zu übernehmen“, sagte Schulleiter Johannes Lorenz. Das bedeute, seine Talente richtig einzusetzen, Wissenschaft und Technik dafür zu nutzen und die Umwelt dabei zu schützen. Um die gegenwärtigen Herausforderungen in der Erzieherarbeit zu meistern, bedürfe es ein hohes Maß an Professionalität, kreatives Denken und die Fähigkeit, sich auf die Menschen individuell einzulassen. „Der Erzieherberuf ist deshalb einer der schönsten und anspruchsvollsten überhaupt“, so Lorenz. Nicht jeder sei von seiner Persönlichkeit her für diese große Aufgabe geeignet. Anders lautende Aussagen von manchen Politikern seien ein Schlag ins Gesicht all derer, die fünf Jahre lang diese Ausbildung machen. Kaum ein anderer Job sei so vielseitig. Erzieher sind Pädagogen, Psychologen, Organisatoren und Hauswirtschafter zugleich. Dazu müssen sie teilweise auch noch Verwaltungsaufgaben übernehmen. Die Verantwortung sei groß. Denn gerade in den ersten Jahren des Kindes würde vieles für später grundgelegt. In den letzten 40 Jahren konnte die Caritas-Fachakademie über 2.400 Erzieherinnen und Erzieher ausbilden.
Wegbegleiter für Kinder und Eltern sein
Der Männeranteil im Erzieherberuf ist traditionell sehr klein. Nur drei Prozent sind männlich. Tobias Raith gehört zu dieser „Minderheit“. Er ist 25 Jahre alt und hat diesen männer-untypischen Beruf bewusst gewählt. Derzeit ist er im Berufspraktikum, im fünften Jahr der Ausbildung, in einem Regensburger Kinderhort. Sein bisheriger Weg ist ungewöhnlich und beeindruckend zugleich. Nach einer Ausbildung zum Bauzeichner machte er an der Berufsfachschule für Musik in Sulzbach-Rosenberg die Ausbildung zum staatlich geprüften Ensembleleiter. Der Gedanke an die Ausbildung zum Erzieher reifte während seines Zivildienstes am Pater-Rupert-Mayr-Zentrum. In der Einrichtung der Katholischen Jugendfürsorge werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsenen mit einer Behinderung gefördert. Seinen Entschluss hat Tobias bis heute nicht bereut: „Die Ausbildung hier an der FakS hat mich in meiner eigenen Persönlichkeit weitergebracht. Das ist der Wert dieser Schule“, sagt er. Der Erzieherberuf ist für ihn Berufung. Er möchte den Kindern später ein Wegbegleiter sein, sie individuell an die Hand nehmen und in ihrer Entwicklung fördern. „Jedes Kind ist anders, da hilft eine aufgesetzte Pädagogik nicht weiter“, ist er überzeugt. Wenn es ihm gelinge, den Kindern klar zu machen, dass das Leben lebenswert ist, dann habe er viel erreicht.
Anerkennung motiviert positiv
Klare Grenzen aufzeigen, Toleranz üben und positiv motivieren, das sind nach Ansicht des Freiburger Neurobiologen Professor Dr. Joachim Bauer unverzichtbare Prozesse in der Erziehungstätigkeit. Beachtung, Zuwendung, Anerkennung und Sympathie bewirken in den Kindern neue Motivation und Begeisterung. Fehlt diese Zuwendung, suchten sich Kinder die Bestätigung woanders. Manche finden ihre Bestätigung erst im Internet, bei den Freunden in Facebook beispielsweise. Die Hirnforschung bestätige, was in vielen guten Einrichtungen selbstverständlich ist. „Unsere Kinder möchten nicht verwöhnt, sondern wahrgenommen werden“, sagte Professor Bauer. Bewegung und Musik seien enorm wichtige Elemente in der Erziehung. Mit Blick auf Bundestagsabgeordneten Peter Aumer und Bürgermeister Gerhard Weber sagte der Professor: „Wir brauchen mehr Sport in der Schule!“ Die Hirnforschung belege weiter, dass zum Beispiel regelmäßiges gemeinsames Essen die Kinder beim Lernen erfolgreicher mache. Mit Kindern sprechen, mit ihnen Rituale einüben, sie musikalisch und sportlich zu fordern, sei unverzichtbar für eine gute Erziehungsarbeit. In der Ausbildung an der Caritas-Fachakademie wird auf diese Erkenntnisse wert gelegt. Die Studierenden müssen in Praktika verschiedene Einrichtungen durchlaufen.
Ehrungen von zwei Lehrkräften
Die Qualität an einer Fachakademie steht und fällt mit den dort tätigen Dozenten. Diözesan-Caritasdirektor Roland Batz ehrte zwei verdiente Dozenten mit der Medaille der Heiligen Elisabeth. Sylvia Heinze ist seit 1987 als Diplom-Sozialpädagogin an der Fachakademie beschäftigt. Sie unterrichtet Praxis- und Methodenlehre mit Gesprächsführung sowie die Übungsfächer Krippenpädagogik und Erlebnispädagogik. Außerdem führt sie die Praktikumsbetreuung der Studierenden durch. Johannes Payer, ebenfalls seit 25 Jahren an der Schule tätig, ist Musiklehrer. Er unterrichtet die Übungsfächer „Gitarre und Rhythmik“ und „Orff-Instrumentarium“, dazu Praxis- und Methodenlehre. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Praxisbetreuung im Sozialpädagogischen Seminar. „Weit über das zu erwartende Maß sind sie an der Gesamtaufgabe der Ausbildung an der Fachakademie interessiert und beteiligt. Mit ihren Aufgaben tragen sie einen wesentlichen Teil zur Persönlichkeitsbildung junger Erzieherinnen und Erzieher bei. Dafür danke ich Ihnen“, sagte der Caritasdirektor.
Zusatz-Stück: Caritas-Fachakademie für Sozialpädagogik
Die kirchliche Fachakademie für Sozialpädagogik (FakS) bildet Studierende zu staatlich anerkannten Erziehern und Erzieherinnen aus. Diese arbeiten später in Kinderkrippen, Kindergärten, Horten und Heimen, Einrichtungen der Kinder- und Jugendpflege und in heilpädagogischen Einrichtungen. Träger der Schule ist der Diözesan-Caritasverband Regensburg und sein Fachverband IN VIA Mädchen- und Frauensozialarbeit. Die zweigliedrige Ausbildung dauert insgesamt fünf Jahre. Zugangsvoraussetzung ist die mittlere Reife. Dem zweijährigen Sozialpädagogischen Seminar schließt sich die dreijährige Ausbildung an der FakS an: zwei Jahre Vollzeitunterricht, dann ein einjähriges Berufspraktikum.
Bis 2013 soll jedes Kind Anspruch auf einen Kindergartenplatz haben. Demzufolge wird in den nächsten Jahren nach Schätzungen bundesweit ein zusätzlicher Bedarf von 40.000 Erziehern erwartet.
Weitere Infos zur Ausbildung: www.faks-regensburg.de