Dekanatsbesuch: Bischof Rudolf Voderholzer lernt die Bayerische Justizvollzugsakademie kennen
Strafvollzug: Wertschätzend und fürsorglich
Straubing, 20. Juli 2023
Im Rahmen seiner zweitägigen Pastoralreise durch das Dekanat Straubing-Bogen besuchte Bischof Dr. Rudolf Voderholzer auch die Bayerische Justizvollzugsakademie in Straubing. Hier werden die Nachwuchskräfte der Fachlaufbahn „Justiz“ für die Schwerpunkte „allgemeiner Vollzugsdienst“, „Werkdienst“ und „Vollzugs- und Verwaltungsdienst“ aus- und fortgebildet. Im Gespräch mit den Verantwortlichen erfuhren der Bischof und seine Begleiter auch von der Problematik für die Vollzugsbeamten, wenn sie mit dem staatlich legitimierten Selbsttötungsrecht von Häftlingen konfrontiert werden.
Christian Gessenharter, Leitender Regierungsdirektor für die Bayerische Justizvollzugsakademie, betonte in seiner Begrüßung, dass es das erste Mal in der über 40jährigen Geschichte der Akademie sei, dass der Bischof von Regensburg hier Station mache. In der Akademie werden wesentliche Grundzüge für einen menschenwürdigen Justizvollzug gelegt, für eine unverzichtbare Arbeit für die gesamte Gesellschaft, so der Leiter der Einrichtung.
Nicht nur die Ausbilder der Akademie waren zu dem Treffen gekommen, sondern auch die Leitenden Regierungsdirektoren der Justizvollzugsanstalten Straubing (Hans Amannsberger), Regensburg (Marcus Hegele) und Landshut (Andreas Stoiber), der katholische Seelsorger der JVA Straubing, Pater Michael Schlemmer, der evangelische Seelsorger der JVA Straubing, Pfarrer Wilfried Lippe und der muslimische Seelsorger für die JVA Niederschönenfeld, Imam Redzo Sekic. Bischof Voderholzer wurde begleitet von Regionaldekan Johann Hofmann, Dekan Johannes Plank und Prodekan Martin Nissel.
Beim Treffen in der Justizvollzugsakademie bekam Bischof Rudolf und seine Begleiter umfassende Informationen über den Strafvollzug. Hier mit Christian Gessenharter, Leitender Regierungsdirektor für die Bayerische Justizvollzugsakademie.
Gefangene besuchen – ein Werk der Barmherzigkeit
Nach dem großen organisatorischen Aufwand des 99. Deutschen Katholikentags in Regensburg 2014, hat Bischof Rudolf Voderholzer begonnen, regelmäßig die Justizvollzugsanstalten im Bistumsgebiet zu besuchen. Gefangene zu besuchen, so der Bischof, gelte in der christlichen Tradition als ein Werk der Barmherzigkeit. Diese Aufgabe sei eine besondere geistliche und pastorale Herausforderung, dort wo sich menschliche Grenzsituationen in mehrfacher Hinsicht bündeln: Die Themen Schuld, Sühne und Vergebung stünden dabei zentral im Mittelpunkt, wenn man Menschen begegne, die teils schwere Schuld auf sich geladen haben, betonte der Diözesanbischof: „Wie kann man Menschen in dieser Situation helfen, nachdem sie sich selbst in diese gebracht haben? Ich habe größte Hochachtung vor den Personen, die sich in diesen Dienst stellen und täglich mit den Häftlingen zusammenleben, mit ihnen menschlich, wertschätzend und positiv umgehen. Das ist eine große Herausforderung - hier stößt man auf einen Brennpunkt der Menschlichkeit und einen absolut notwendigen Dienst, ist er doch darauf ausgelegt die Menschen zu resozialisieren und wieder als freie Menschen in die Gesellschaft entlassen zu können“, so Bischof Voderholzer über die wichtige und auch schwierige Arbeit der Justizvollzugsbeamten und der Gefängnisseelsorger.
Die Ausbilder und Vollzugsbeamten berichteten über ihre Arbeit mit den inhaftierten Menschen.
Fürsorgepflicht statt Suizidbegleitung
„Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen. Die Entscheidung des Einzelnen, seinem Leben entsprechend seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz ein Ende zu setzen, ist im Ausgangspunkt als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren.“, erläuterte das Bundesverfassungsgericht zum Urteil des Zweiten Senats vom 26. Februar 2020. Diese staatliche Vorgabe bringt die Verantwortlichen im Justizvollzug immer wieder in schwere Konflikte, erläuterte Hans Amannsberger, Leitender Regierungsdirektor der JVA Straubing. Denn, Häftlinge, die wissen, dass sie 20 Jahre oder mehr „einsitzen“ müssen, verlieren manchmal den Lebensmut, wollen unter diesen Umständen nicht weiterleben. In der Praxis heiße das, dass Justizvollzugsbeamte nicht eingreifen dürften, wenn sie einen Häftling beim Akt des Suizids überraschten. Ein untragbarer Zustand für die Beamten, so Amannsberger, stünden sie doch in der Fürsorgepflicht für ihre Insassen. Bischof Rudolf Voderholzer, dem diese Problematik nicht bewusst war, zeigte sich erschüttert über die Ohnmacht der Beamten und versprach, diesen Aspekt „mit nach Hause“ zu nehmen. In diesem Zusammenhang dankte Christian Gessenharter dem Bischof für seine Position in der Öffentlichkeit zum Thema Sterbehilfe und bat darum, in seinem Einsatz für den Lebensschutz nicht müde zu werden.
Text und Fotos: Jakob Schötz