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Bundesweiter Tag des offenen Denkmals

Schätze aus der Wallfahrtskirche

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Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat in das Programm 2021 die St. Salvatorkirche in Reisbach mit aufgenommen. Dieses besondere Bauwerk wurde von der Bundesrepublik Deutschland als „Schutzwürdiges Kulturgut“ beurkundet. Der bundesweit koordinierte „Tag des offenen Denkmals“ am 12. September 2021 öffnet außergewöhnliche Kulturerlebnisse. In Reisbach wird der Denkmaltag als Kooperationsprojekt von Pfarrei, Gemeinde und Landkreis organisiert. Das Trio besteht aus einem Geistlichen Gesamtkonzept Kirchenraum, Architektur Dachraum und Archäologie. Führungen gewähren exklusive Einblicke in sonst verschlossene Bereiche des Denkmals. Verantwortlich dafür zeigen sich Dekan Martin Ramoser, Architekt Franz Heubl, von der Kreisarchäologie Dingolfing/Landau Dr. Florian Eibl und Katrin Fleißner.

 

Salvatorkirche – eine geistliche Gesamtkomposition

Die Erbauung der vor kurzem umfangreich renovierten Wallfahrtskirche wird auf das Jahr 1410 datiert. Die Erweiterung mit dem gotischen Chorraum folgte 1506. Um 1644 wurde das ursprüngliche Langhausdach höher gesetzt in einer Linie mit dem First des Chordachs. Ein völlig neuer Umbau fand Anfang des 18. Jahrhunderts statt. Mit den neuen Altären, der Kanzel und einer außergewöhnlichen Stuckausstattung entstand ein geistliches Gesamtprogramm von tiefer Symbolik. Die Salvatorkirche ist benannt nach Jesus Christus „Salvator mundi“, Erlöser der Welt. Auf dem Hochaltar dargestellt mit dem Kreuz und der Weltkugel. In der vertikalen Plattform umgeben 14 Engel Gott Vater. Auf dem darunterliegenden Baldachin blickt die Heilig-Geist-Taube hernieder. Die Kopie vom Volto Santo von Manoppello soll um 1506 in die Wallfahrskirche gekommen sein. Pfarrer Ramoser sieht hier einen Zusammenhang mit der Grundsteinlegung für die Peterskirche in Rom.

Stuckarbeiten zeigen das Wirken Jesu

Die überaus reiche Stuckausstattung im Hauptschiff ist eine Begegnung mit Jesus. Die Darstellungen nehmen die Wallfahrer und Kirchenbesucher in die biblische Situation mit.Die Darstellung der Brotvermehrung mit den Reliefs Frau am Jakobsbrunnen, Sturm auf dem See, barmherziger Samariter und unfruchtbarer Feigenbaum „spricht“ vom ganzen Mittelschiff. Im Altarraum bestätigen die Apostelbilder Jesu Auftrag und Sendung. In der Eucharistie und der Sakramentenspendung tritt der Priester in ihre Nachfolge.

 

Drittgrößter archäologischer Fund in Altbayern

Bei der Aushebung eines Stromschachtes zur Versorgung für die Sakristei entdeckten Arbeiter im Juli 1988 eine große Menge Tonscherben. Unter feinem Sand und älteren Ziegelbruchstücken kamen stark fragmentierte Teile zum Vorschein. Die Funde von Kopf-Hand-Fuß-und Krötenvotiven lagen unmittelbar an den Fundamenten der Kirche. Mikroskopische Untersuchungen weisen auf die lokale Herkunft aus einer Hafnerwerkstatt im Bereich Reisbach hin. Gefunden wurden über 500 Objekte, in der Mehrzahl Typus Bein mit Fuß und Kopf. Die Votivgaben geben Zeugnis davon, dass die Gläubigen durch die Wallfahrt besonders bei Kopf-und Frauenleiden, bei Problemen an Armen, Händen, Beinen und Füßen Hilfe erfahren haben. Zeitlich werden sie vor allem dem 17. Jahrhundert zugeordnet. Die Meinung ergänzt sich mit den Stuckreliefs, etwa vom Barmherzigen Samariter mit seinen Verletzungen. Vollständig erhaltene Kröten stehen für ersehnten und erfüllten Kinderwunsch und im Kontext zu dem Relief vom unfruchtbaren Feigenbaum. 

Multifunktionsraum mit Schaudepot

Die Funde betreffend spricht Kreisarchäologe Dr. Florian Eibl von einem Glücksfall. Ein ebensolcher ist der Kirchenanbau. Das ehemals von den Armen Schulschwestern genutzte Haus konnte in das Renovierungskonzept mit aufgenommen werden. Mehr als 400 ehrenamtlichen Arbeitsstunden seitens der Pfarrei ermöglichten diese Maßnahme. Materiell und ideell unterstützt von der Gemeinde und dem Landkreis. Im großen Klassenzimmer lebt mit Seminaren, Schulungen und kulturellen Führungen die Vernetzung von kirchlichem und kommunalem Leben weiter. Als große Bereicherung werden hier die archäologischen Funde für die Öffentlichkeit zugängig gemacht. Die Wallfahrtskirche St. Salvator gilt als großes architektonisches Werk. Der außergewöhnliche Dachstuhl mit einer 72 Grad Neigung ist ein beredtes Zeugnis.  Für Architekt Franz Heubl stellen die mächtigen Balken aus verschiedenen Jahrhunderten eine geschichtliche Zeitreise dar. Sie reichen zurück bis 1410. Die archäologische Befundung im Rahmen der Renovierung lag bei Dr. Florian Eibl, Kreisarchäologe. In Abstimmung mit dem Diözesanmuseum wurden historische Baumaterialien inventarisiert.

 

Wallfahrt zu St. Salvator

Der Wallfahrtskalender des Bistums belegt die ersten Prozessionen 1723/24 aus den Dekanaten Dingolfing und Frontenhausen. Der geborgene Votivschatz reicht bis 1600 zurück. Eine Kirchenrechnung von 1691 führt zahlreiche Naturalspenden der Wallfahrer auf. Bei dem großen Marktbrand im Jahr 1835 blieben einzig die Kirche und das Benefiziatenhaus verschont. Die Reisbacher dankten in Frömmigkeit und strebten den schnellen Wiederaufbau der geschädigten Häuser an. 1841 errichteten die Armen Schulschwestern im Anbau zur Kirche eine Mädchenschule. Die Salvatorkirche rückte noch mehr in den religiösen Fokus. Die kürzlich abgeschlossene Renovierung und langfristige Erhaltung des wunderbaren Rokoko-Kleinods St. Salvator kostete 567 Tausend Euro.Aus Kirchensteuermitteln übernahm die Bischöfliche Finanzkammer 50 Prozent der Kosten. 100 Tausend steuerte die Bramenkamp Stiftung bei. Unter verschiedenen hochkarätigen Bewerbern wurde die Salvatorkirche für das Sonderprogramm zur „Förderung von Kultureinrichtungen und -projekten von nationaler Bedeutung“ ausgewählt und mit 130 Tausend Euro bezuschusst.

Hier geht´s zum Flyer der Wallfahrtskirche zum Tag des offenen Denkmals

Weitere Informationen gibt es unter www.tag-des-offenen-denkmals.de



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