„Brücken sind schon gebaut, wir müssen sie nur gehen“

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Dreitägige Deutsch-Tschechische Jakobswanderung der KEB von Prag Richtung Regensburg

„Viele Brücken sind schon gebaut, wir müssen sie nur gehen.“ Mit dieser persönlichen Einschätzung blickte Katerina Kova?ková aus Pilsen auf die drei gemeinsamen bayerisch-böhmischen Pilgertage auf dem tschechischen Jakobsweg von Prag bis Rožmitál pod T?emšínem  vom 4. bis 6. Oktober zurück. Die 19 deutschen Teilnehmer hatten zusätzlich den 3. Oktober genutzt, um Prag unter dem besonderen Aspekt des Pilgerns und des Jakobsweges kennenzulernen. Organisiert hatte den Jakobsweg, an dem auch 11 tschechische Pilger teilnahmen, Michael Neuberger von der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) im Landkreis Cham mit finanzieller Unterstützung durch den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. Die Veranstaltung stand unter dem Motto des Katholikentages in Regensburg im kommenden Jahr „Mit Christus Brücken bauen“/“Stav?t mosty s kristem“ und war ein Beitrag der KEB auf dem Weg zum Katholikentag.

Tagesveranstaltungen auf grenznahen tschechischen Etappen des Oberpfälzer- und des Ostbayerischen Jakobsweges bietet die KEB schon seit einigen Jahren erfolgreich an. „Ich habe es immer schade gefunden, dass an diesen Wanderungen in Tschechien nur Deutsche teilgenommen haben. Deshalb habe ich versucht, Deutsche und Tschechen gemeinsam auf den Jakobsweg zu bringen“, umreißt Michal Neuberger von der KEB seine Zielsetzung. Die Begegnung sollte dadurch gefördert werden, dass die Teilnehmenden mehrere Tage zusammen waren. Auch die Veranstaltungsform einer Wanderung war bewusst gewählt. „Wir haben kein Seminar und keinen Studientag geplant. Durch die Wanderung  sollten das persönliche Gespräch und das kennen lernen gefördert werden“, so Michael Neuberger. „Auf dieser Basis ergibt es sich dann von selbst, dass auch wichtige Informationen über das Leben und den Glauben im je anderen Land ausgetauscht werden. Durch die persönliche Begegnung bekommen diese Informationen aber eine andere Intensität.“

Viele bestehende Brücken auf der Basis des gemeinsamen Glaubens, die oft aber nicht bewusst sind, wurden in den Tagen der Jakobswanderung erfahrbar. In der Barockarchitektur in Prag, aber auch in vielen Dorfkirchen und vor allem im Wallfahrtsort P?ibram, in dem die Jakobspilger zwei Wallfahrtsgottesdienste mitfeierten, wurde das gemeinsame bayerisch-böhmische Erbe erlebbar. Viele Künstler, wie beispielsweise die bayrisch-böhmische Künstlerfamilie Dienzenhofer haben diesseits und jenseits der Grenze gebaut. Dass die Marienverehrung nicht nur Bayern und Böhmen verbindet, sondern ganz Europa, das zeigen die Abbildungen der Marienwallfahrten, die im P?ibram die Basilika umschließen. Nicht nur Altötting in Bayern, auch Wallfahrtsorte in Polen, Italien oder Spanien sind dort vereint. Für die Jakobspilger waren die deutsch-tschechischen Wechselgebete  beim Rosenkranz unterwegs schnell selbstverständlich.

Um das gemeinsame Singen zu ermöglichen, wurden für Tischgebete und Gesänge in Andachten und Gottesdiensten gemeinsame Lieder mit gleicher Melodie ausgesucht, wie das „Großer Gott wir loben dich“ oder das „Milde Königin gedenke“. Bis auf kleine Abweichungen, die es aber auch zwischen benachbarten deutschen Diözesen gibt, stimmen die Melodien überein. „Der Text ist von den Wörtern her natürlich in den beiden Sprachen verschieden, aber die Wörter haben denselben Sinn“, stellte Katerina Kova?ková, die in Deutschland Sprachwissenschaft studiert hat, fest. Beim Erntedankgottesdienst in der Jakobskirche in P?ibram erklangen bei Familiengottesdienst die gleichen „Neuen Geistlichen Lieder“ wie in Deutschland. Eine Pilgerin hat das Eingangslied „Kommt herbei, singt dem Herrn“ noch auf dem Weg aus der Stadt hinaus vor sich hingesungen.

An den vier strahlenden Herbsttagen zeigte der tschechische Jakobsweg all seine Reize. Er führt durch alte Eichenwälder, durch anmutiges Hügelland und verläuft auf einem uralten, mit großen Feldsteinen befestigten Handelsweg auf dem Höhenrücken des Brdy. In großen Wäldern schimmern immer wieder kleinere Teiche hervor und  Landschlösser, wie das des Grafen von Kaunitz, wo Antonin Dvorak oft den Sommer verbracht hat, laden zur Rast ein. Am Weg liegen alte Burgen und Schlösser wie die Schlosskapelle in Dob?ichovice, wo am Anfang der Tour der Pilgersegen gespendet und das Schloss in Rožmitál pod T?emšínem  am Endpunkt der Tour, in dessen Schatten das letzte Bier vor der Heimfahrt getrunken wurde. Tomas Jindrich führte die Pilger die drei Tage auf dem Jakobsweg, den er noch mit einigen Höhepunkten etwas abseits des markierten Weges bereicherte. Seine Ausführungen zur Geschichte der Orte, Kirchen, Klöster, Burgen und Schlösser übersetzte PhDr. Cecilie Hynková, die an diesen Tagen für die Organisation sorgte. Die deutschen Pilger lernten in Prag mit Dr. Petr K?ižek die vielfältige Wallfahrtstradition im Nachbarland kennen. Sie besuchten die Wallfahrtskirche Loretto auf dem Hradschin und erlebten eine Sonderführung zur St. Veitskathedrale als Pilgerziel. Nicht nur der Patron der Kathedrale, der hl Vitus, auch der hl. Wenzel und der hl. Nepomuk sind dort neben anderen berühmte Wallfahrtsziele. In der Jakobskirche in der Altstadt werden die seit 1212 in der Stadt Prag befindliche Reliquien verwahrt. Das Abendgebet, bei dem das Gebet zum Katholikentag gesprochen wurde, führte die Regensburger Pilger in die Wallfahrtsbasilika in Stará Boleslav (Alt Bunzlau) mit dem Palladium Bohemiae.

Zu den bestehenden Brücken aus der gemeinsamen Glaubensgeschichte sind in diesen Tagen auch neue hinzugekommen. Viele Gespräche entwickelten sich auf den zwischen 20 und 28 Kilometer langen Etappen; und wenn auf der letzten Stecke eines 28 Kilometer langen Weges das Gespräch vielleicht nicht mehr so intensiv war, so war doch das gemeinsame Gehen des Weges eine verbindende Erfahrung. Auf einer Wanderung kann jeder für sich selbst gehen und seinen Gedanken nachgehen oder die Schöpfung genießen. Wann immer jemand wollte, konnte er aber auch das Gespräch mit Mitpilgern suchen. Dank der Deutschkenntnisse einiger tschechischer Teilnehmer, aber auch mit Englisch oder dank bereitwilliger Übersetzung konnte jeder der wollte, ins Gespräch kommen. Berufliche Tätigkeiten, verschiedenste Aspekte des kirchlichen Lebens in beiden Ländern, aber auch Defizite im Zusammenwachsen Europas oder Konfliktfelder der spannungsreichen Geschichte beider Länder kamen so auf persönlicher Ebene zur Sprache. „Viele neue Brücken sind geschlagen worden“, „Diese Jakobswanderung hat für mich einen neuen Anfang gesetzt“, „Ich habe interessante Menschen und deren Schicksale kennen gelernt und verstehe die Probleme der anderen Seite jetzt besser“, aber auch selbstkritische Urteile wie „Ich hätte die Möglichkeit zum Gespräch gezielter nutzen können“, standen am Ende der gemeinsamen Tage.

Mit dieser Veranstaltung ist der Brückenbau der KEB im Vorfeld des Katholikentages aber nicht beendet. Nächstes Jahr ist erneut eine mehrtägige Jakobswanderung geplant, die dann unmittelbar in den Katholikentag münden soll. Details stehen noch nicht fest, sind aber rechtzeitig auf der Homepage der KEB Cham (www.keb-cham.de) oder des KEB im Bistum (www.keb-regensburg.de) nachzulesen. Gerne informiert auch Michael Neuberger (Tel.: 09971/7138) über den aktuellen Stand der Planungen.

Tipps für Wanderungen auf dem Jakobsweg in Tschechien

Tomas Jind?ich (t.jindrich(at)email.cz) aus Prag engagiert sich auf tschechischer Seite für die Förderung des Jakobsweggedankens und begleitet immer wieder Pilgergruppen. Neben einer kleinen Gruppe in diesem Frühjahr waren die fast 30 Pilger die bisher größte gemischte Gruppe auf diesem Weg. Für ihn sind solche völkerverbindenden Wanderungen genau das, was dem Gedanken des Jakobsweges entspricht. Er ist auch für die tschechische Homepage (www.ultreia.cz) mitverantwortlich, auf der wichtige Informationen für Pilger auch in Deutsch nachzulesen sind. Um die Organisation vor Ort und die Begleitung an den vier Tagen kümmerte sich das Reisebüro K?ižek in Prag (www.krizek-reisen.cz).

 

 



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