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Brauchtum in Ostbayern: Totenzettel und Sterbebilder

Zur frommen Erinnerung

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Regensburg, 14. November 2024

In vielen Gegenden Altbayerns gehören sie heute zum festen Bestandteil des Brauchtums um Tod und Beerdigung: Die Sterbebilder, in anderen Gegenden auch Totenbild, Sterbezettel, Trauerbild, Leichenzettel, Grabzettel oder Leidbild genannt. In Österreich sind es die Parten oder Partezettel, die an den Verstorbenen erinnern sollen.

Tröstende Worte

Ihren Ursprung haben die Sterbebilder in den Totenzetteln, die vor allem in den Niederlanden sehr beliebt waren. Zum ersten Mal sind solche Zettel im Jahr 1668 erwähnt. Ihr Aussehen war dem jeweiligen Zeitgeist und den Gewohnheiten angepasst. Meist waren es einfache Zettel mit den wichtigsten Lebensdaten eines Verstorbenen, die dann im Rahmen der Totenmesse an die Trauergäste verteilt wurden. Ende des 17. und vor allem im 18. Jahrhundert ließ man auf vielen Totenzetteln das Leben des Verstorbenen Revue passieren, stellte wichtige Ereignisse heraus und hob seine Frömmigkeit hervor. Manchmal wurden auch biblische Zitate oder tröstende Worte abgedruckt.

Das Sterbebildchen

Die Hinterbliebenen haben die Totenzettel auch als Todesmitteilung verteilt oder an weiter entfernt lebende Verwandte verschickt. Heute sind diese Zettel eine beliebte Quelle für die Ahnenforschung.
Im Lauf der Zeit wurden die Totenzettel kleiner und man beschränkte sich auf wenige Lebensdaten. Immer jedoch fand sich die Bitte um ein Gebet für den Verstorbenen. Noch heute werden in einigen Gegenden Totenzettel verteilt, doch zum größten Teil sind sie von den kleinen Sterbebildchen verdrängt worden.

Letzter Gruß

In Bayern hat sich das Sterbebild erst im 19. Jahrhundert verbreitet, vor allem in den Kriegsjahren 1870/71. Es war ein Trost für die Hinterbliebenen, wenn die Gefallenen in fernen Ländern begraben waren. Auch im Ersten Weltkrieg wollte man wenigstens durch ein Sterbebildchen das Andenken an die in der Fremde Gefallenen aufrechterhalten. Ursprünglich war eine Abbildung des Verstorbenen hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten. Das änderte sich jedoch in den Kriegszeiten. Die Sterbebilder der Soldaten waren häufig mit einer Fotografie versehen, sie enthielten die Kriegsschauplätze, an denen der Gefallene eingesetzt worden war und den Ort seines Todes. Nicht selten wurden für die Gefallenen auch Verse auf das Sterbebild geschrieben:

„Als ich starb im Feindesland, reichte niemand mir die Hand. Doch eh‘ mein Auge war gebrochen, sah ich schon den Himmel offen.“

Tugendsame Jungfrauen und ehrengeachtete Herren

Bei Nichtsoldaten war es üblich, den Beruf des Verstorbenen aufdrucken zu lassen: „Christliches Andenken an den ehrengeachteten Herrn L., Gastwirt und Ökonom“ war da zu lesen, oder „Zur frommen Erinnerung im Gebet an Herrn O., Eisen- und Kohlenhändler“. Doch die Sterbebilder enthielten nicht nur Name, Beruf, Wohnort und Alter, sondern auch Informationen über das Ableben: „Zur Erinnerung im Gebet an die ehrengeachtete Frau E., Ökonomensgattin, welche am 5. August 1895 abends halb 6 nach längerem Leiden und nach öfterem Empfang der Sterbesakramente im Alter von 59 Jahren und 7 Monaten selig im Herrn verschieden ist“. Bei unverheirateten Frauen – vorausgesetzt, sie hatten keine ledigen Kinder – hieß es „tugendsame Jungfrau“, Verheiratete waren „ehrengeachtete“ Frauen oder Herren.


„O ruhe sanft“

Die Erinnerungsbildchen, die noch heute beim Requiem an die Kirchgänger verteilt werden, sollen das Andenken an den Verstorbenen aufrechterhalten. Früher hat man sie als „Einmerkerl“ in die Gebetsbücher gelegt, wo sie beim Gottesdienst an ein Gebet für den Verstorbenen erinnern sollten. Eine entsprechende Anleitung war oft auf dem Sterbebild abgedruckt, wie etwa auf dem Sterbebild eines im ersten Weltkrieg in Frankreich gefallenen Soldaten:

„Mein Jesus Barmherzigkeit!
(100 Tage Ablass)
Süßes Herz Jesu, sei meine Liebe!
(300 Tage Ablass)
Oh Herr, gib ihm die ewige Ruhe!
Und das ewige Licht leuchte ihm!
Vater unser – Ave Maria“

Auf manchen war aber auch ein kurzes Gedicht zu lesen, wie:

„O ruhe sanft im kühlen Schoß der Erde,
Nach manch langem Kampf und mancherlei Beschwerden;
Wer dich gekannt, der wird und muss es sagen,
Es hat ein edles Herz in deiner Brust geschlagen.“

Text: Judith Kumpfmüller

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