Regensburg, 15. Februar 2024
Geistliche Spiele gab es in Altbayern bereits im Mittelalter und erst recht in der Barockzeit. Allein 500 Ölbergspiele sollen in Bayern aufgeführt worden sein.
Während der nüchternen Zeit der Aufklärung wurden die Aufführungen dann von staatlicher und kirchlicher Seite verboten und abgeschafft. Nur in wenigen Orten haben sich Reste dieser geistlichen Spiele erhalten. So zum Beispiel in der Stadt Dietfurt im Altmühltal, durch deren Gemeindegebiet die Diözesangrenze der Bistümer Regensburg und Eichstätt verläuft.
Hier finden in der Franziskanerkirche seit 1680 fast ohne Unterbrechung in der Fastenzeit die Ölbergspiele statt. Im Jahr 2005 wurden die Dietfurter Ölbergspiele mit dem Kulturpreis der Oberpfalz ausgezeichnet.
Pfinstaprediger und Chorgesang
Jeden Donnerstag in der Fastenzeit – am „Fastenpfinsta“ – pilgern noch heute zahlreiche Gläubige zu den Andachten. Die Fenster der Kirche sind mit schwarzen Tüchern verhängt. Eingebettet in eine feierliche Andacht mit „Pfinstapredigt“ und Chorgesang wird in drei Szenen das Ringen Jesu mit sich selbst und Gottvater wegen des bevorstehenden Leidens und Sterbens dargestellt. Das große Bild am Hochaltar ist durch einen Vorhang ersetzt, auf dem das Ölbergleiden Christi dargestellt ist. Hinter dem Vorhang tut sich eine Altarbühne auf. Die Kulissen zeigen den Garten Gethsemane mit der Stadt Jerusalem im Hintergrund. Auf beiden Seiten ruhen die Apostel.
Die „drei Fälle Jesu“
In der Mitte kniet Jesus – eine bewegliche Figur aus Holz. In den „drei Fällen Jesu“ schwebt ein Kreuz auf sie herab und bleibt eine Weile auf der Figur liegen. Solosänger und Chor bringen dabei die Gedanken und Gefühle Jesu zum Ausdruck. Dann erhebt sich die Christusfigur und ein Engel – gespielt von einem Dietfurter Kind – kommt mit Kelch und Kreuz in der Hand vom Himmel herab, um Jesus für sein kommendes Leiden und Sterben zu stärken.
Die Ölbergspiele in Dietfurt beginnen jeweils um 13 Uhr mit einem Rosenkranz, um 13.30 Uhr folgt die Fastenpredigt bevor sich um 14 Uhr der Vorhang für die Ölbergspiele öffnet.
Die Berchinger „Angst“
Nur 15 Kilometer entfernt von Dietfurt liegt Berching. Die Berchinger Ölbergspiele gehen zurück bis ins 16. Jahrhundert. Der Vikar von Sankt Lorenz stiftete im Jahre 1516 eine so genannte „Angst“, eine Andacht zur Todesangst Christi am Ölberg. Durch die Zustiftung eines Berchinger Bürgers rund 80 Jahre später sollte die „Angst“ dann an jedem Donnerstag im Jahr gehalten werden. Heute ist nicht mehr bekannt, wie lange dieser „Auftrag“ durchgeführt wurde. Sicher ist nur, dass auch die „Angst“ in der Zeit der Aufklärung ab 1770 aufgehoben worden war. Erst die nach Berching berufenen Franziskaner ließen 1806 die altehrwürdige Tradition wenigstens an den sechs Donnerstagen in der Fastenzeit wiederaufleben. Doch nach der Kirchenrestaurierung im Jahr 1880 wurde die lebendige Darstellung der drei Fälle Jesu am Ölberg wieder ausgesetzt – aus Furcht, die bei der Ölberg-Andacht damals verwendeten Öllämpchen könnten durch den bei der Verbrennung entstehenden Ruß der neuen Kirche schaden.
Bewegte Geschichte
Der entschlossenen Tatkraft von drei Berchinger Bürgern ist es zu verdanken, dass am 21. März 1929 in der Franziskanerkirche in Berching die „Auferstehung der Ölbergandachten" gefeiert werden konnte. Doch schon 1940 wurden die Ölbergandachten wieder für 12 Jahre eingestellt und dann 1967 zum letzten Mal vor der Auflösung des Klosters in der Franziskanerkirche aufgeführt.
1982 schließlich - ein Jahr vor der 1100-Jahrfeier der Stadt Berching – wurde die Ölbergandacht mit dem beliebten Ölbergspiel in der St.-Lorenz-Kirche wieder zu neuem Leben erweckt. Heute hat das Mysterienspiel einen festen Platz in Berching und zieht alljährlich tausende von Besuchern an.
Die Andachten beginnen jeweils um 13.45 Uhr mit einem Rosenkranz, um 14.15 Uhr folgt die Predigt, die an jedem Donnerstag von einem anderen Prediger gehalten wird. Dann folgt das eigentliche Ölbergspiel mit lebenden Darstellern. Den Schluss bilden eine eucharistische Andacht und der Segen des Priesters. Eine Ausnahme ist die letzte Andacht am 21. März. Sie beginnt mit um 18.30 Uhr mit einem Rosenkranz und einer anschließenden Bußandacht.
Mechanisches Spiel
Eine Besonderheit verbirgt sich in der Pfarrkirche St. Vitus in dem kleinen Ort Burgharting zwischen Landshut und Erding. Hinter dem Hochaltar hat sich eines der wenigen mechanischen Ölbergspiele erhalten. Wenn am Gründonnerstag das Altarbild abgenommen wird, offenbart sich eine dreischichtige Bühne, auf der die letzte Nacht der Leidensgeschichte dargestellt ist, als Jesus mit den Jüngern auf den Ölberg ging, und die „drei Fälle Jesu“. Nach dem dritten Fall wird ein Engel über eine Seilwinde nach unten gelassen und im Hintergrund erscheint die Mutter Gottes. Bewegt werden die Figuren mechanisch mit einem längeren Hebel auf der Rückseite. Aufgeführt wird das Spiel Sonntag, 10. März, und am Palmsonntag, 24. März, jeweils um 13 Uhr.
Text: Judith Kumpfmüller