Pestgrab umgeben von Bäumen

Brauchtum in Ostbayern: Der Pestfriedhof in Mintraching

Die Rückkehr der Pest


Regensburg, 20. November 2025

Es war um das Jahr 1348, als Bayern das erste Mal von der Pest heimgesucht wurde. Die Seuche wütete vor allem in Braunau, Mühldorf am Inn, Landshut und München. Diese erste große Pestwelle kostete im 14. Jahrhundert in ganz Europa einem Drittel der Bevölkerung das Leben. Immer wieder brach die Seuche in einzelnen Regionen aus. Über drei Jahrhunderte lang wurde die Menschen vom „Schwarzen Tod“ heimgesucht. 

Die Pest von 1713

Zum letzten Mal trat die Pest in Bayern im Jahr 1713 auf. Betroffen waren vor allem das Berchtesgadener Land, die Stadt Landau an der Isar und Regensburg mit einigen umliegenden Gemeinden. Schon zu Beginn des Jahres kursierte in Regensburg eine ansteckende Krankheit, die zunehmend den Charakter der Pest zeigte. Da 1679 die Pest in Wien wütete, war man in der Oberpfalz alarmiert und hatte versucht, die Grenzen zu sichern. Die Wachen an der böhmischen Grenze wurden verstärkt und Gräben sollten dafür sorgen, dass niemand aus Böhmen einreisen konnte. Doch all das nutzte nichts. 

Strenge Geheimhaltung

Obwohl die Seuche immer mehr um sich griff, versuchten die Regensburger Ratsherren zunächst, den Ausbruch der Pest geheim zu halten. Doch schließlich musste die Freie Reichsstadt handeln. Anfang August wurden die Stadttore geschlossen, die ankommenden Schiffe mussten am Unteren Wöhrd landen. Außer den Gesandten des Immerwährenden Reichstages reisten auch viele andere geistliche und weltliche Personen aus der schwer heimgesuchten Stadt ab.

Der Regensburger Chronist Christian Gottlieb Gumpelzhaimer schreibt 1838 in „Regensburg’s Geschichte, Sagen und Merkwürdigkeiten“: „An einem Tag sind von hier bei 7000 Personen weggezogen... Alle Kranken wurden in das Lazareth im Untern Wöhrd gebracht und die Gestorbenen auch dort begraben... Nach einem vom Magistrat herausgegebenen Verzeichnis sind vom 4. Juny bis Ende Dezembers an dieser Pestseuche 4857 Personen gestorben.“

Mit der Pest „behaftet“

Doch die Maßnahmen kamen zu spät – vor allem für das etwa 17 Kilometer von Regensburg entfernte Mintraching. In der Pfarrchronik ist zu lesen: „Ein Menschenleben nach dem Dreißigjährigen Krieg kam die Pest nach Mintraching und raffte vom 11. August bis 7. November 1713 dreiundvierzig Personen dahin. Das erschütterte unser Dorf bis in die Grundfeste. Man druckte ein eigenes fliegendes Blatt, auf dem Sterbetag, Name, Stand und Alter dieser an der Pest Verstorbenen vermerkt waren. Eingeschleppt wurde die Seuche von Regensburg her durch den Halbbauern Christoph Schwarz, der mit der Pest behaftet nach Haus kam und ihr erstes Opfer wurde.“

Pestfriedhof im „geteilten Dorf“

Die ersten fünf Toten wurden im Kirchhof begraben, die anderen im Pfingstwinkel, fast eine halbe Gehstunde vom Dorf entfernt auf dem Weg zum Mintrachinger Holz. Ein großer Grabstein und ein steinerner Sarkophag erinnern noch heute an den alten Pestfriedhof. Auf dem Stein ist zu lesen:

„Hier ruhen in Gott 43 Angehörige der Pfarrei Mintraching,
welche vom 11. August bis 17. November 1713 an der Pest verstorben sind“.

Da das erste Pestopfer aus dem „Unteren Dorf“ stammte, versuchten die Mintrachinger, die Ausbreitung der Seuche durch den Bau eines hölzernen Zaunes quer durch das Dorf zu verhindern. Früher zeigte sogar eine inzwischen verschwundene Votivtafel in der St. Leonhardskapelle das „geteilte Dorf“. 

Das Mintrachinger Gelübde

In ihrer Not gelobte die Dorfgemeinschaft, eine Kapelle zu erbauen. Dies sei auch geschehen, berichtet 1717 der damalige Pflegekommissar dem Weihbischof von Regensburg. Und er berichtet weiter, dass die ganz neu gebaute Kapelle dem heiligen Leonhard „verlobt“ worden sei. 

Doch eine solche Kapelle wird bereits im Jahr 1590 in einem Visitationsbericht erwähnt. Beschrieben werden darin Verwüstung im Dach, an den Wänden, dem Altar und den Türen, die Kapelle sei unsauber und schmutzig und der Dachboden durchgebrochen. Bei all den Mängeln kann man schon verstehen, dass die Mintrachinger nach dem Wiederaufbau das Gefühl hatten, das sie das Kirchlein neu „erpauet“ hätten.


Text: Judith Kumpfmüller

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