Trauernde junge Witwe in altertümlicher Kleidung und Umgebung

Brauchtum in Ostbayern: Das Trauerjahr

Feste Regeln und harte Strafen


Regensburg, 1. November 2025

Die ersten Tage im November sind traditionell dem Totengedenken gewidmet. So feiern wir am 1. November das Fest Allerheiligen mit einem Besuch an den Gräbern der Angehörigen. Es ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen Tod und Sterben ins Gedächtnis gerufen werden. Ganz anders war das in früherer Zeit. Das irdische Leben endet mit dem Tod – das ist eine unumstößliche Tatsache. Was sich geändert hat, ist der Umgang mit dem Sterben und dem Tod. 

Der letzte Weg

Früher betraf der Tod eines Menschen nicht nur die Angehörigen. Das ganze Dorf nahm Anteil. Nachbarn und Verwandte saßen betend am Sterbebett, um dem Sterbenden in seiner Todesstunde beizustehen. Solange der Tote im Haus aufgebahrt war, versammelte man sich zur Totenwache in der Stube. Am dritten Tag fand dann gewöhnlich die Beerdigung statt. Schon in aller Frühe ging man zum Trauerhaus, um von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen. Unter lautem Gebet wurde der Sarg aus dem Haus getragen, der Leichenzug setzte sich in Bewegung. Die Familie, Verwandten, Freunde und Nachbarn begleiteten den Verstorbenen auf seinem letzten Weg zum Friedhof, denn der Trauergottesdienst wurde erst nach der Beerdigung abgehalten.

Feste Regeln

Waren Beerdigung und Leichenschmaus vorbei, hatte man ganz bestimmte Vorstellungen, wie sich die nun Angehörigen zu verhalten haben. Sie mussten sich nach bestimmten Regeln richten, die genau besagten, welches Verhalten man nach einem Trauerfall für eine genau vorgeschriebene Zeit von Ihnen erwartete. 

Bereits im 17. Jahrhundert, vermutlich aber schon wesentlich früher, waren von der Obrigkeit für die Hinterbliebenen Trauerzeiten vorgeschrieben, die sich im Lauf der Zeit von Region zu Region unterschiedlich entwickelten. So war in der Oberpfalz für nahe Verwandte ein ganzes Trauerjahr üblich, während man in Regensburg im Jahr 1689 unterschiedliche Trauerzeiten festsetzte. So sollte um einen verstorbenen Ehepartner ein halbes Jahr getrauert werden, um Eltern oder Großeltern vier Monate und um ein Enkelkind je nach Alter zwischen einem und drei Monate. Auch in der Gegend von Cham gab es Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Hier trauerte man um eine Mutter ein ganzes Jahr, die Trauerzeit für den Vater dauerte dagegen nur neun Monate. Doch die Trauerzeit hing nicht nur vom Verwandtschaftsgrad ab, auch Alter und Stand des Verstorbenen spielten eine Rolle. Aber fast immer waren es die Witwen, die am längsten zu trauern hatten. 

Die Trauerkleidung

Während dieser Zeit wurde von den Angehörigen nicht nur erwartet, dass sie in der Öffentlichkeit schwarze Trauerkleidung trugen, sie sollten sich auch von allen öffentlichen Lustbarkeiten fernhalten. Früher war die Trauerkleidung zumindest bei den Frauen fester Bestandteil der Ausstattung und wurde schon mit der Aussteuer in die Ehe gebracht. Und von den Frauen erwartet man, dass sie sich streng an die Vorschrift hielten und in der Trauerzeit nur in schwarz gingen. Das Trauerjahr galt zwar auch für Männer, doch sie durften nach der Trauerfeier wieder ihre normale Alltagskleidung tragen.   

Harte Strafen

Selbstverständlich war es auch verboten, während der Trauerzeit eine Hochzeit zu feiern. Das schlimmste Vergehen aber war es, wenn eine Witwe oder ein Witwer die Trauerzeit nicht einhielten. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde in solchen Fällen sogar eine Geldstrafe verhängt. So musste eine Witwe im Jahr 1604 drei Gulden Strafe bezahlen, weil sie 16 Wochen nach dem Tod ihres Mannes wieder geheiratet hatte. Und ein oberpfälzer Dorfhirte, der sich nur zwei Wochen nachdem sein Weib gestorben war mit einer anderen verehelichte, musste so lange von ihr getrennt leben, bis die Trauerzeit vorüber war. Doch damit nicht genug! Das „unrechtmäßige“ Ehepaar wurde – natürlich getrennt voneinander – einen Tag und eine Nacht in ein finsteres Blockgefängnis geworfen. 


Text: Judith Kumpfmüller

Weitere Infos

Mehr Beiträge aus der Reihe Brauchtum und Geschichte in Ostbayern



Nachrichten