Brauchtum an Ostern
Seit dem Konzil von Nicäa im Jahr 325 feiert die katholische Kirche am ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond die Auferstehung Christi. „Ostarun“ bedeutet althochdeutsch „Morgenröte“, die Zeit, in der die Sonne im Frühjahr wieder kraftvoll im Osten aufgeht. Die viel beschriebene Frühlingsgöttin Ostara oder Eostra als Namensgeberin unseres Osterfestes hat es wohl nie gegeben. Die kirchliche Osternacht beginnt mit dem Entfachen des Osterfeuers.
Osterfeuer und Osterwasser
Aus dem Holz, das sie bei den Bauern eingesammelt hatten, errichteten die Burschen früher dafür einen großen Holzstoß. Die Kraft des Osterfeuers galt als segenspendend für Felder und Fluren. Und so wetteiferten die Buben darum, das Feuer nach der Messe in die Häuser zu tragen und dann mit einem Geldstück oder zumindest einigen Ostereiern entlohnt zu werden. Zu diesem Zweck hatten sie in manchen Gegenden getrocknete Baumschwämme dabei, mit denen sich die Glut lange halten ließ. Andernorts wurden im Osterfeuer Späne angebrannt und geweiht, die dann kreuzförmig mit Palmzweigen besteckt und auf die Felder gebracht wurden. Zum Teil mussten diese sogenannten Weihscheitl von neun verschiedenen Bäumen stammen. Mit der Weihe des Osterfestes versehen galten sie als ähnlich Segen bringend wie die geweihten Palmkätzchen und wurden bei drohendem Unwetter ins Herdfeuer geworfen oder auf die Felder gebracht. Auch in Laternen trugen die Gläubigen das Osterfeuer nach Hause. In manchen Häusern ließ man das Tag und Nacht sorgsam gehütete Herdfeuer am Gründonnerstag mit Beginn der Kartage erlöschen. Zwei Tage lang gab es kein warmes Essen, erst mit dem aus der Kirche mitgebrachten Osterfeuer wurde der Herd neu entzündet.
Besondere Gnade und Segen versprach man sich auch vom Osterwasser, dem Taufwasser, das in der Osternacht in der Kirche geweiht wird. Es wurde von den Gläubigen mit nach Hause genommen, um das ganze Jahr über die Weihwasserkessel im Haus zu füllen. Das Vieh im Stall wurde mit Osterwasser besprengt, ebenso wie Garten und Felder. Und wer ganz sicher gehen wollte, der füllte Karfreitagswasser, das als besonders heilkräftig galt, in ein Gefäß und ließ es in der Osternacht segnen.
Speisenweihe und Eierspiele
Zur Feier der Osternacht gehört bis heute die Speisenweihe. Zahlreiche Gläubige bringen einen Korb mit Speisen mit zum feierlichen österlichen Hochamt. Früher versuchte jeder Haushalt, seinen Korb mit den Speisen möglichst weit vorn in der Kirche abzustellen – denn je näher am Pfarrer, desto mehr Segen würde auf die Speisen abfallen, davon war man überzeugt. Neben Schinken, Osterwecken, Brot, Salz und Kren befanden sich natürlich Ostereier im Speisenkorb. Und die wurden vor der Weihe noch „angepeckt“, „damit die Weich auch hinein kann“.
Nach dem Osterfrühstück ging’s vielerorts nach draußen zu den Eierspielen. Sie erfreuten sich früher auch bei den Erwachsenen großer Beliebtheit. Da gab es das „Eierpicken“ oder „Eierknacken“, bei dem zwei Eier so lange zusammengeschlagen wurden, bis eines davon in die Brüche ging. Der, dessen Ei am Schluss ganz geblieben war, hatte gewonnen. Beliebt war auch das „Oascheibn“: Zwei Rechenstile werden auf der Wiese nebeneinander aufgestellt. Sie bilden eine Kugelbahn, auf der die Eier in die Wiese gerollt werden. Wer mit seinem Ei das andere trifft, darf beide behalten, oder: Wessen Ei getroffen wird, der muss einen Pfennig bezahlen.
Emmausgang am Ostermontag
Dass der bayerische Dialekt manchmal zu sprachliche Missverständnissen führen kann, zeigt sich am besten im alten Brauch des Emmausgehens am Ostermontag. Er erinnert an den biblischen Ortsnamen Emmaus, wo Jesus nach der Auferstehung zwei seiner Jünger erschienen war. Im Bayerischen bedeutet dieses Emmaus „Ehm aus – Eben hinaus“. Und so macht sich der Bayer am zweiten Osterfeiertag auf zum traditionellen Osterspaziergang „eben hinaus“. In Waldkirchen im Bayerischen Wald wird der Brauch des Emmausgehens seit Generationen gepflegt. Bis zu 200 Burschen und Männer werden am Ostermontag zu „Emmausjüngern“. Schon um halb fünf Uhr früh treffen sich die Emmausgeher am Oberen Marktplatz, schlag fünf Uhr setzt sich der Zug dann betend in Bewegung. Er führt von Waldkirchen aus zur Lourdes-Kapelle, wo die Teilnehmer kurz im Gebet verweilen. Dann geht es weiter durch das Zwieselholz zur Zwieselkapelle. In manchen Jahren ist der Weg noch tief verschneit und die Männer in den vordersten Reihen haben es nicht leicht, für die Nachfolgenden einen Weg zu stapfen. Ziel der Männerwallfahrt ist die Karolikapelle. Auf dem Weg dorthin bricht jeder Teilnehmer nach alter Tradition einen Zweig von den umstehenden Tannen und steckt diesen an den Hut oder ins Knopfloch, zum Zeichen dafür, dass er am Emmausgang teilgenommen hat. Unter Glockengeläut ziehen die Wallfahrer in die Karolikapelle ein, wo gemeinsam eine Litanei gebetet wird. Gegen sieben Uhr machen sich alle wieder betend auf den Weg zurück in den „Bayerwald-Dom“ nach Waldkirchen. Den Abschluss des Emmausgangs bildet ein gemeinsamer Gottesdienst und danach geht’s – wie könnte es anderes sein – zu einer zünftigen Feier ins Wirtshaus.
Der Waldkirchener Emmausgang ist eine reine Männerwallfahrt, die Frauen haben ihren eigenen Bittgang. Er findet traditionell am Pfingstmontag statt.
Text: Judith Kumpfmüller