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Blog zum Sonntagsevangelium: „Durch das Kirchenjahr“

Der Maßstab der Liebe

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Regensburg, 17.02.2023

Jede Woche teilt Benedikt Bögle seine Gedanken zum Sonntagsevangelium. An diesem Sonntag hören wir von Scheinheiligkeit und der Forderung nach Feindesliebe.

 

Siebter Sonntag im Jahreskreis A – Matthäus 5,38-48

„In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: 38Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. 39Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin! 40Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel! 41Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm! 42Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab! 43Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. 44Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, 45damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. 46Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? 47Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? 48Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!“

 

Jesus spricht über die Bedeutung der Gesetze: Schon im Evangelium des letzten Sonntags lehrte Jesus, er wolle die Gesetze Israels nicht aufheben, sondern erfüllen. Was das bedeutet, erfahren wir nun. Jesu bringt mehrere Beispiele, die eines gemeinsam haben: Seine Jünger sollen sich nicht mit dem zufriedengeben, was sie gesetzlich schulden; sie sollen weniger verlangen und mehr leisten. Wer verurteilt wird, sein Hemd herzugeben, soll gleich noch seinen Mantel dazu geben. Wer geohrfeigt wird, soll auch den nächsten Schlag dulden.

Diese Liebe, die Jesus selbst lebt und die er von seinen Jüngern fordert, kennt keine Grenze. „Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“, verlangt Jesus. Diese Ethik grenzt sich von den Schriftgelehrten und Pharisäern ab. Immer wieder steht Jesus im Gegensatz zu diesen führenden Eliten. Dabei scheint Jesus nicht so sehr deren Lehre abzulehnen; es geht ihm eher um ihr Leben. Über die Schriftgelehrten und Pharisäer sagt Jesus: „Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach ihren Taten; denn sie reden nur, tun es aber nicht.“ (Mt 23,3) Nicht ihre Predigt ist das Problem, sondern ihr eigenes Verhalten. Die Pharisäer werden scheinheilig, weil sie zwar völlig zurecht auf der Einhaltung der Gebote beharren, diese aber selbst nicht beachten.

Dieses Problem der Scheinheiligkeit verdichtet sich überall dort, wo Menschen mit dem Anspruch auftreten, vollkommen zu sein. Die Kirche kennt das Problem gut genug: Schon die frühen Häresien zeichneten sich dadurch aus, für sich selbst die moralische Vollkommenheit zu behaupten. Nach dem Wort Jesu aber kann es das nicht geben: Der Maßstab für die Liebe ist der „himmlische Vater“. An dessen Liebe aber kann niemand heranreichen. Wer könnte für sich einfordern, so sehr zu lieben wie Gott der Vater? Niemand. Das Halten der Gebote bleibt daher ein Prozess, in dem jeder immer wieder scheitern muss. Jesus weiß das – und gleichwohl fordert er die immer größere Liebe seiner Jünger ein, die sogar ihre Feinde lieben und für sie beten sollen.

Titelbild: ©BillionPhotos.com – stock.adobe.com

Text: Benedikt Bögle / (jw)



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