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Bistum Regensburg schafft Zentrum für christliche Bilderwelten

Ein bundesweit einzigartiger Ort für religiöse Volkskunst

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Regensburg, 6. Februar 2024

Es gibt Glaubenszeugnisse, die finden Platz in einer Glasflasche. Das Bistum Regensburg verfügt über eine Sammlung religiöser Volkskunst, die ihresgleichen sucht. Hinter einigen verbergen sich regelrechte Dramen.

Auf zwei Etagen des 2014 entstandenen Gebäudeflügels hinter dem Regensburger Ordinariat finden sich Schätze religiöser Volkskunst, die Bischof Rudolf Voderholzer gerne interessierten Besuchern zeigt. Nur wenig davon gehört ihm selber. Zum Beispiel eine Kollektion von 3.000 Primizbildchen, also persönlich gestaltete Gebetszettel zur ersten Messfeier eines Neupriesters. Chronologisch sortiert, lagern sie in Leitzordnern, beginnend 1840. Auf einigen steht noch der handschriftlich notierte Preis: Schnäppchen vom Flohmarkt. Seit fünf Jahren führt Voderholzer durch die Sammlung, die mittlerweile 2.000 Besucher bestaunen konnten: Glaubensvermittlung anhand anschaulicher Objekte. Das kann Geschenkpapier sein; eine Kirchenfassade, gestaltet aus glitzerndem Stanniolpapier, Abfall von Schokoladentafeln und Pralinen; oder ein Kruzifix, das ein handwerklich geschickter Bastler in einer Glasflasche untergebracht hat - nach Art eines Buddelschiffs.

Was es in den Räumen zu sehen gibt, ist nur ein Bruchteil des Bestandes an religiöser Volkskunst im Besitz der Kunstsammlungen des Bistums Regensburg. Mit mehr als 3.800 Objekten handelt es sich um eine Kollektion von europäischem Rang. Für sie soll nun ein neuer Platz geschaffen werden - einer, den es so in ganz Deutschland bisher nicht gibt. "Institut für christliche Bilderwelten", heißt der Titel des Projekts. Im Ehrenfelser Hof, einem denkmalgeschützten Bau in der Regensburger Altstadt, entsteht bis 2026 ein "Forschungs- und Kompetenzzentrum für religiöse Volkskunst und visuelle christliche Glaubensvermittlung" in Kooperation mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen.

Ein Museum, also eine Dauerausstellung, ist dort nicht mehr geplant. Nach Bedenken im Priesterrat wurde dieses um einige Millionen Euro teurere Vorhaben fallengelassen, für das ein Neubau im Innenhof nötig geworden wäre, Aufzug inklusive. Mit 2,5 Millionen Euro wird die Ertüchtigung des Gebäudes in der Schwarze-Bären-Straße 2 kalkuliert. Geld, das nur zum Erhalt des gut 800 Jahre alten spätromanischen Gemäuers ausgegeben werden muss. Dazu kommen für die geplante Nutzung als Institut weitere 1,3 Millionen Euro. Dank privater Spender soll die Eigenleistung auf unter eine Million Euro gedrückt werden, hoffen die Verantwortlichen. Laut Maria Baumann, Leiterin der diözesanen Kunstsammlungen, gelte es ein kulturelles Erbe zu erhalten und auch für kommende Generationen zu erschließen - möglichst über die Grenzen des Bistums hinaus. "Für mich ist es ein Glücksfall, einen Bischof zu haben, der Kultur wertschätzt", sagt Baumann. Das sei nicht selbstverständlich. Und sie betont, dass die benötigte Zustimmung in allen Gremien im Bistum einstimmig ausgefallen sei.

Es hat sich bundesweit herumgesprochen, dass Regensburg ein guter Ort für Objekte dieser Art ist: Klosterarbeiten, Weihwasserkessel, Kerzen und andere Wachserzeugnisse fanden Eingang in den Bestand, auch die größte Adventskalendersammlung der Welt. Sammler wenden sich nach Regensburg in Sorge, dass ihre Erben keinen Sinn mehr haben für ihre Leidenschaft. Oder keinen Platz. Auch mancher Pfarrer ist froh um einen sachkundigen Abnehmer für das, was auf seinem Dachboden an Überbleibseln aus der Vergangenheit aufgetaucht ist. Dazu kommen gezielte Ankäufe.

Hinter einigen Stücken verbergen sich regelrechte Dramen. Voderholzer bleibt vor einer sogenannten Fluchtkrippe stehen. Nach der Vertreibung 1945 ist ein Vater mit seinem Sohn des Nachts über die Grenze zur damaligen Tschechoslowakei zurück, um sie aus dem Versteck zu holen. "Es berührt mich immer wieder, was so eine Krippe einem Mann bedeutet, dass er sein Leben und das seines Kindes dafür riskiert hat", sagt Baumann.

Auszüge aus einem Text von Christoph Renzikowski (KNA)
Foto: Jakob Schötz

 



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