News Bild Bischof Voderholzer spricht beim Verein für Regensburger Bistumsgeschichte über die „drei Kränkungen des Westens“

Bischof Voderholzer spricht beim Verein für Regensburger Bistumsgeschichte über die „drei Kränkungen des Westens“

Worauf wir uns vorbereiten müssen

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Regensburg, 15. Juli 2022

„Wir sind in der Kirche in Deutschland nach meinem Eindruck kaum vorbereitet. Wir sind viel zu sehr mit uns selber beschäftigt, auch mit kirchenpolitischen Fragen“, sagte Bischof Dr. Rudolf Voderholzer am vergangenen Mittwoch mit Blick auf die Herausforderungen, denen sich die westliche Welt derzeit gegenübersieht. Er wohnte der Mitgliederversammlung des Vereins für Regensburger Bistumsgeschichte bei, dessen Protektor er als Regensburger Ortsbischof ist. Die Mitglieder des Vereins waren zu ihrer jährlichen Versammlung zusammengekommen, bei der sie den bisherigen Vorstand und die wissenschaftlichen Beiräte für weitere fünf Jahre bestätigten. Der Vorstand besteht aus Domdekan Dr. Josef Ammer (1. Vorsitzender), Domvikar Dr. Werner Schrüfer (2. Vorsitzender), Dr. Camilla Weber (Schriftführerin) und Lic. Ulrich Kaiser (Kassier).  Zu Kassenprüfern wurden Domkapitular Michael Dreßel und Dr. Tobias Weber neu gewählt.

Hier können Sie das vollständige Grußwort des Bischofs nachlesen.

Drei neue Bücher wurden vorgestellt

Wissenschaftlich enorm produktiv, so präsentierten sich der Verein für Bistumsgeschichte und seine Mitglieder bei der Jahresversammlung am vergangenen Mittwoch. Insgesamt drei Bücher wurden vorgestellt. Darunter der rund 440 Seiten umfassende Jahresband 2022, der einer Vielfalt von Themen wissenschaftlich nachgeht, darunter der Aufsatz aus der Hand von Domdekan Dr. Josef Ammer über die Amtsträger in den Dekanaten des Bistums Regensburg ab 1765 und eine Bibliographie der Beiträge zur Geschichte des Archivs und der Bibliothek anlässlich ihres 50-jährigen Jubiläums von Dr. Camilla Weber und Dr. Raymond Dittrich. Auch Prof. em. Dr. Karl Hausberger lieferte wieder zwei Beiträge. Hausberger, der nicht selbst anwesend sein konnte, wurde mit einer Festschrift zu seinem 75. Geburtstag geehrt, die Dr. habil. Johann Kirchinger vorstellte. Der 2. Vorsitzende des Vereins, Domvikar Dr. Werner Schrüfer, präsentierte sein Buch „Das wäre doch nicht nötig gewesen“, das anlässlich seines 40-jährigen Priesterjubiläums entstanden ist und eine Auswahl eine Auswahl seiner Predigten und Vorträge bietet.

Die heutige Weltsicht stößt an ihre Grenzen

Angesichts der zahlreichen Krisen, die uns derzeit beschäftigen, unternahm Bischof Dr. Rudolf Voderholzer im „Wort des Bischofs“ eine Diagnose Zeitgeschehens der vergangenen zwei Jahre. Während im Jahr 2020 das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil zur organisierten Beihilfe des Suizids noch einer Rechtsphilosophie der grenzenlosen Autonomie gefolgt sei, sei diese wenige Wochen später angesichts des Coronavirus an ihre Grenzen geraten, führte Bischof Voderholzer aus. Er bezeichnete dies in Anlehnung an Siegmund Freud als eine enorme Kränkung für die westliche Welt, dass selbst sie nicht immun gegen eine Pandemie sei. Das gehe nicht spurlos an den beiden antagonistischen philosophischen Grundhaltungen des radikalen Konstruktivismus und des Dekonstruktivismus vorüber, für die Wirklichkeit immer erfundene, also konstruierte Wirklichkeit ist. Ganz im Kontrast dazu stand die Erfahrung aus der Pandemie, „dass kein Geld der Welt medizinische Schutzkleidung schneller herbeischafft als ihre Herstellung und Transport Zeit brauchen.“ Bischof Voderholzer sieht hier „eine gute Gelegenheit, ihnen die Stimmenführerschaft im Kulturbetrieb streitig zu machen und eine Rückbesinnung auf die Natur, auf das Vorgegebene einzuleiten.“ Dass dort, wo vor zehn Jahren die Fußballeuropameisterschaft ausgetragen wurde, nun Krieg herrscht, das bezeichnete Bischof Voderholzer als die zweite große Kränkung des Westens, für den bis vor kurzem Krieg in unmittelbarer Nachbarschaft auf europäischem Boden unvorstellbar gewesen sei. Damit einher gehe die dritte Kränkung, „nämlich die erhebliche Einschränkung hinsichtlich des bisher gewohnten Wohlstands.“

Antworten für die Zukunft

Kirche und Theologie in Deutschland sind nach dem Eindruck des Bischofs kaum vorbereitet auf diese Herausforderungen. „Wir sind viel zu sehr mit uns selber beschäftigt, auch mit kirchenpolitischen Fragen“, so der Bischof. Die Antwort lieferten neue Bemühungen um ein richtig verstandenes Naturrecht, das das Bewusstsein um die leib-seelische Einheit des Menschen stärke und die Körperlichkeit des Menschen nicht zur Verfügungsmasse einer geistlich-geistigen Sphäre mache. Eine große Herausforderung werde die Frage nach einem gerechten Frieden sein. Gleiches gelte für die wirtschaftliche Lage. Die Inflation drohe, sich in erheblichem Maß auf das soziale Gefüge in Deutschland auszuwirken. „Die Kirche in ihren Beratungs- und Hilfsangeboten wird massiv herausgefordert sein.“ Und er fügte hinzu: „Wenn sich breite Bevölkerungsschichten die Heizung im Winter nicht mehr werden leisten können, werden wir ein Problem bekommen. Darauf müssen wir uns vorbereiten.“

Armin Hofbauer

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Verein für Regensburger Bistumsgeschichte

Der Verein für Regensburger Bistumsgeschichte hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des ausgedehnten Bistums Regensburg zu erforschen.

Als jährliches Publikationsorgan erscheinen seit 1967 die „Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg“, mit einem stattlichen Umfang bis zu 600 Seiten.

Weitere Infos zum Verein.

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