Bischof Voderholzer eröffnet in Neukirchen beim Heiligen Blut die Wolfgangswoche
Heiliger Wolfgang ist Patron Europas
Neukirchen beim Heiligen Blut, 22. Juni 2024
„Der heilige Wolfgang ist ein Lehrer der recht verstandenen Synodalität und ein Patron Europas.“ Diese Aussage stand im Mittelpunkt der Predigt von Bischof Dr. Rudolf Voderholzer beim Pontifikalgottesdienst anlässlich der grenzüberschreitenden und völkerverbindenden Wallfahrt nach Neukirchen beim Heiligen Blut. Sie fand im Rahmen des Festjahres „1.100 Jahre Heiliger Wolfgang“ statt. Dazu war auch der Wolfgangsschrein in den Wallfahrtsort gebracht worden. Mit der Eucharistiefeier wurde ebenfalls die diesjährige Wolfgangswoche eröffnet.
Bereits im Bus, der die Pilger von Regensburg nach Neukirchen brachte, erläuterte Domvikar Andreas Albert, der Leiter der Pilgerstelle der Diözese Regensburg, den Pilgern nach dem von ihm gespendeten Reisesegen das Leben und Wirken des heiligen Wolfgang. Besonders ging er dabei auf entscheidende Fakten für das Bistum Regensburg ein: die Trennung des Bischofsamtes und des Amtes des Abtes von St. Emmeram, Abspaltung des böhmischen Teils des Bistums Regensburg und damit die Gründung des Bistums Prag, und die Gründung einer Domschule, woraus die Domspatzen erwuchsen. Außerdem unterrichtete Wolfgang die spätere ungarische Königin Gisela, die wesentlich zur Christianisierung Ungarns beitrug. Natürlich erklärte der Domvikar auch die der Wallfahrt in Neukirchen beim Heiligen Blut zu Grunde liegende Legende, die zur Bezeichnung dieser Marienverehrung führte.
Vier Bischöfe dabei – zwei aus jedem Bistum
Bei angenehmen Sommertemperaturen konnten sich die Pilger – ob zu Fuß, mit dem Fahrrad, Auto oder Bus – im Klostergarten noch stärken und ins Gespräch kommen. Auch mit den anwesenden Bischöfen aus Regensburg und Pilsen – Dr. Rudolf Voderholzer, Weihbischof Dr. Josef Graf sowie dem Pilsener Altbischof František Radkovský und dem amtierenden Oberhirten Dr. Tomáš Holub. Seitens des Marktes Neukirchen beim Heiligen Blut hieß Bürgermeister Markus Müller die Wallfahrer willkommen, für die Pfarrei und das Franziskanerkloster Pater Dr. Augustinus Kozdra OFM. Aus Regensburg war eigens der Wolfgangsschrein nach Neukirchen beim Heiligen Blut gebracht worden. Am Marktplatz, wo sich Vereinsabordnungen, die Kommunalpolitiker und die Pilger bereits zahlreich versammelt hatten, inzensierte der Regensburger Oberhirte den Schrein. Mit Musikbegleitung zog die Prozession dann zur Wallfahrtskirche, vier Männer der Freiwilligen Feuerwehr Neukirchen beim Heiligen Blut trugen den Wolfgangsschrein.
Die Saat des heiligen Wolfgang ist aufgegangen
In seiner Eigenschaft als Regionaldekan für die Region Cham begrüßte zum Beginn des Gottesdienstes Pfarrer Holger Kruschina die Pilger. „Die Saat, die der Heilige Wolfgang gelegt hat, ist aufgegangen“, erklärte er und verwies besonders auf den Brückenschlag – auch bei dieser Gelegenheit – zwischen den Bistümern Regensburg und Pilsen. Letzteres ist ja 1993 wiederum vom Bistum Prag abgespalten worden. Der „Uropa“ dieser Bistümer, der heilige Wolfgang, habe durch sein Wirken ein klares Zeugnis für Christus abgelegt.
Als „Glaubensbote und Glaubenszeuge seiner Zeit“ würdigte auch der „Hausherr“ Pater Augustinus den heiligen Wolfgang, an dessen Schrein elf Kerzen – für jedes Jahrhundert eine – brannten. „Er steht gleichermaßen für die Kirche von Regensburg und als Patron der Völker Europas“, betonte er. Daher sei es auch kein Zufall, dass dieser Festgottesdienst mit dem Wolfgangsschrein an der Grenze von Bayern und Böhmen stattfinde. Auch die grenzüberschreitende Marienwallfahrt nach Neukirchen beim Heiligen Blut trage seit sechs Jahrhunderten zur Völkerverbindung bei. Mit Freude hieß er die Wallfahrer aus Tschechien (u.a. Klattau, Taus), den Nachbarorten, der Ackermann-Gemeinde und der Marianischen Männerkongregation willkommen. An die „völkerverbindende Wallfahrt“ vor zehn Jahren beim Katholikentag ebenfalls hierher erinnerte Bischof Voderholzer in seiner Begrüßung. Der am Seitenaltar aufgestellte Wolfgangsschrein sei „kein Sarg, sondern eine Wiege, ein Jungbrunnen“, denn die Kirche ist jung, „wenn sie sich ihrer Ursprünge vergewissert und neu daran ausrichtet.“
„Wolfgang hat die schon bestehende Eigenständigkeit anerkannt“
In seiner Predigt, die sein Pilsener Amtsbruder Holub abschnittsweise ins Tschechische übersetzte, rief der Regensburger Oberhirte einleitend das Motto des Katholikentages von 2014 „Mit Christus Brücken bauen“ und die damalige Wallfahrt ins Bewusstsein. „In Erinnerung an dieses große Fest sind wir heute wieder beieinander“, führte der Oberhirte aus, machte aber auch den aktuellen Anlass – den 1100. Geburtstag des heiligen Wolfgang, des gemeinsamen Bistumspatrons – deutlich. Als wichtigen Schritt Bischof Wolfgangs, der bis heute die Menschen in beiden Ländern betrifft, nannte sein jetziger Nachfolger den Verzicht auf die zum Bistum Regensburg gehörenden Regionen östlich des Bayerischen Waldes bzw. des Böhmerwaldes schon ein Jahr nach dem Amtsantritt – also im Jahr 973. Somit sei die Gründung des Bistums Prag möglich geworden, das später zum Erzbistum aufgestiegen ist und 2023 das 1050-jährige Jubiläum feiern konnte. Die rhetorische Frage, ob Bischof Wolfgang mit dieser Entscheidung eine Brücke gebaut oder eher eine Grenze gezogen habe, beantwortete Bischof Voderholzer postwendend: „Wolfgang hat den geografischen und kulturellen Gegebenheiten Rechnung getragen. Er hat keine neue Grenze aufgerichtet, sondern er hat die schon bestehende Eigenständigkeit anerkannt. Sein Tun war ein pastorales, seelsorgliches, missionarisches“, erläuterte der Oberhirte. In diesem Kontext zitierte er den Heiligen: „Wir sehen im Boden jenes Landes eine kostbare Perle verborgen, die wir nicht, ohne unsere Schätze zu opfern, gewinnen können. Gern opfere ich mich selbst und das Meinige auf, damit dort die Kirche erstarke und das Haus des Herrn festen Boden gewinne.“ Aus diesen Sätzen werde Wolfgangs Charakter als geistlicher Schatzsucher und als Förderer der Charismen und Gnadengaben deutlich.
Der heilige Wolfgang hat eine stärkere Teilhabe ermöglicht
Damit leitete Bischof Rudolf zum Hauptthema über. Den Auftrag von Papst Franziskus aufgreifend, gerade heute das Moment der Synodalität in der Kirche zu stärken, stellte er den heiligen Wolfgang als „Lehrer der Synodalität“ vor. Er nannte die zentralen Themen Partizipation, Mission, Gemeinschaft des im Herbst in Rom stattfindenden zweiten Teils der Bischofssynode. „All das hat der heilige Wolfgang, ohne den Begriff der Synodalität dafür zu verwenden, aber durch seinen Hirtendienst bewirkt. Er zeigt uns zugleich das wahre Wesen der Synodalität. Denn sie darf nicht verwechselt werden mit einer Demokratisierung der Kirche im politischen Sinn. Der heilige Wolfgang ist ein Lehrer der recht verstandenen Synodalität“, verdeutlichte Bischof Voderholzer. Dies vertiefte Wolfgang mit der damals vollzogenen Trennung der Ämter des Abtes von St. Emmeram einerseits und des Bischofs von Regensburg andererseits, wodurch den Mönchen von St. Emmeram eine stärkere Teilhabe am kirchlichen Leben ermöglicht wurde. „Und er selber konnte als Bischof seinen Hirtendienst der Verkündigung des Evangeliums mit einem stärkeren Profil versehen. Auch die Reform des Klerus und der anderen Klöster war ihm ein Herzensanliegen. Sie sollten auf diese Weise wieder stärker die Kraft von Glaube, Hoffnung und Liebe ausstrahlen. Durch die Freigabe der böhmischen Gebiete hat Wolfgang die Partizipation vieler kostbarer Perlen für das Erstarken der kirchlichen Sendung im künftigen Bistum Prag ermöglicht.“ In diesem Kontext nannte Bischof Rudolf den heiligen Wenzel, den heiligen Johannes Nepomuk, die heilige Ludmilla, den heiligen Adalbert und den heiligen Johannes Nepomuk Neumann sowie „viele nicht namentlich bekannte Heilige des Alltags“, so der Oberhirte. Mit der Gründung der Domschule und seiner eigenen Erziehertätigkeit hat der heilige Wolfgang nicht zuletzt dafür Sorge getragen, dass die Voraussetzungen für eine kompetente Teilhabe am Leben der Kirche und ihrer Mission geschaffen wurden. Zu seinen Schülern gehören ja der spätere Kaiser Heinrich II., der Heilige, und die spätere ungarische Königin, die heilige Gisela.
Synodalität: miteinander auf dem Weg sein
„Heute baut der heilige Wolfgang eine Brücke zwischen unseren Bistümern, indem wir uns auf den Weg gemacht, uns um seinen Schrein versammelt haben und mit ihm den dreifaltigen Gott preisen. Synodalität heißt ja wörtlich: miteinander auf dem Weg sein. Aus allen Himmelsrichtungen sind wir gekommen, aus Bayern und Böhmen, aus dem Bistum Regensburg und dem Bistum Pilsen. Uns verbindet der gemeinsame Glaube, den einst der heilige Wolfgang verkündet hat. Der heilige Wolfgang ist somit auch ein Patron Europas, dessen kulturelle Vielfalt in den Regionen lebt, und das durch seine christlichen Wurzeln geeint ist.“ Mit dem Dank an die vielen Pilger, die auch Zeuge des gemeinsamen Glaubens seien, der eine Brücke bildet, schloss der Oberhirte seine Predigt. „Diese Brücke hält, sie hält uns zusammen, weil Gott uns zusammenführt und zusammenhält.“
Kinder aus beiden Bistümern gestalteten den Gottesdienst musikalisch
Der Gottesdienst war zum Teil zweisprachig. Die Lesung wurde in tschechischer, das Evangelium in deutscher Sprache vorgetragen, die Fürbitten abwechselnd in Deutsch und Tschechisch. Am Ende der Eucharistiefeier segnete der Bischof die Wolfgangsmedaillen, welche die Pilger dann am Ausgang überreicht bekamen. Musikalisch gestalteten den Pontifikalgottesdienst ca. 65 Kinder aus den Bistümern Pilsen und Regensburg: zum einen die „Špačcisv. Bartoloměje“ (Bartholomäus-Spatzen), der verstärkte Kinderchor des Doms zu Pilsen (Leitung: Blanka Nosková) und Mitglieder von sechs Kinderchören des Regensburger Diözesanverbands Pueri Cantores (Leitung: Julia Glas). Nach dem Gottesdienst sangen die Mädchen und Jungen im Klostergarten noch drei Lieder bzw. Kanons, darunter auch eines in tschechischer Sprache.
Text und Fotos: Markus Bauer
(jas)