News Bild Bischof Voderholzer besucht Wallfahrtskirche in Hetzenbach

Bischof Voderholzer besucht Wallfahrtskirche in Hetzenbach

Glaube ist mehr als Gebote

Home / News

Hetzenbach, 3. November 2024

Am vergangenen Sonntag besuchte Bischof Rudolf Voderholzer zum ersten Mal die Wallfahrtskirche St. Leonhard in Hetzenbach bei Zell. Dort feiern die Gläubigen heuer vier besondere Jahrestage: Vor 425 Jahren begann die erste dokumentierte Wallfahrt nach Hetzenbach. Die Wallfahrtskirche feiert ihren 260. Geburtstag, der Leonhardverein wird 25 Jahre alt und die Altarweihe ist zehn Jahre her. „Ich bin der Einladung sehr, sehr gerne gefolgt, um meinen Weg ins Bistum fortzusetzen. Auch in die kleinen Wallfahrtskirchen und Nebenkirchen, die auf der Bistumskarte gar nicht offiziell vermerkt sind. Es freut mich, dass ich mit ihnen das Vierfach-Jubiläum feiern kann.“

Was ist das Wichtigste in deiner Religion?

Bischof Rudolf Voderholzer nahm zu Beginn die Gläubigen mit auf eine gedankliche Reise, wobei er eine Geschichte aus der Zeit Jesu erzählte. Damals gab es zwei berühmte Theologenschulen, die miteinander konkurrierten: die von Rabbi Schammai und die von Rabbi Hillel. Ein Fremder besuchte Rabbi Schammai und stellte ihm eine provokative Frage: „Rabbi, sag mir doch, was ist das Wichtigste in deiner Religion? Wenn du es mir in der Zeitspanne erklären kannst, in der ich auf einem Fuß stehen kann, werde ich mich euch gerne anschließen.“ Doch Rabbi Schammai, überwältigt von der Vielzahl an Geboten und den komplizierten rabbinischen Auslegungen, musste ablehnen: „Es ist mir unmöglich, dir in der kurzen Zeitspanne das Wichtigste meiner Religion darzulegen.“ Der Fremde ließ sich nicht entmutigen und ging zu Rabbi Hillel mit der gleichen Frage. Rabbi Hillel antwortete ohne zu zögern: „Das ist ganz einfach: Was dir selbst widerwärtig ist, das mute auch keinem anderen zu.“

Das wichtigste Gebot

„Man spürt schon, die Frage aus dem heutigen Evangelium tendiert in Richtung Rabbi Hillel,“ so Bischof Voderholzer. Auch Jesus wurde gefragt, welches das wichtigste Gebot sei. Seine Antwort wies auf das „Schma Jisrael“ hin, das Grundgebet Israels bis heute: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit all deinen Fähigkeiten und mit deinem ganzen Denken.“ Zugleich betonte Jesus: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Diese beiden Gebote seien untrennbar miteinander verbunden, da die Liebe zu Gott und zum Nächsten das gesamte Gesetz zusammenfasse. Der Heilige Leonhard ist ein gutes Beispiel für die Erfüllung des wichtigsten Gebotes“, fuhr Bischof Voderholzer fort. „Er war von vornehmer Herkunft, wollte aber mehr, als das irdische Leben zu bieten hatte.“ So widmete er sein Leben dem Gebet und der Hilfe für Notleidende, insbesondere der Befreiung ungerecht Gefangener. „Die Ketten und Fesseln sind sozusagen die Brücke zu seinem Patronat.“ Da Ketten auch genutzt wurden, um Tiere zu führen und zu sichern, sei der Heilige Leonhard heute auch Patron der Landwirtschaftstiere.

„Wenn wir von Jesus so eine kurze Antwort bekommen auf das wichtigste Gebot in unserem Glauben – wenn das alles so einfach ist, wenn es auf eine Postkarte passt –, warum haben wir dann eigentlich die Bibel?“ Hier kommt es auf die richtige Frage an. Jesus wird gefragt, welches das wichtigste, das erste Gebot ist. Das ist die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe. Aber das Wichtigste in unserem Glauben sind nicht die Gebote. „Darauf will man uns natürlich manchmal festlegen und wir lassen uns auch manchmal darauf ein und kommen zu einem Verständnis vom Glauben, als wäre es vor allem ein System von Ver- und Geboten. Als wäre der Glaube vor allem ein Moralsystem. Aber das ist nicht der Fall“, betonte Bischof Voderholzer. Vielmehr sei entscheidend, „was Gott getan hat und was er für uns immer wieder tut.“ Gott habe die Menschen „ins Dasein gerufen, weil er uns Anteil geben möchte an seiner Liebe.“ Gottes Liebe zeige sich bereits im Alten Testament und in der Menschwerdung Jesu Christi. „Die dicke Bibel braucht es, um die ganze Liebesgeschichte zu erzählen.“ Bischof Rudolf verwies hier auf Papst Franziskus' vierte Enzyklika „Dilexit nos“ („Er hat uns geliebt“), die die Herz-Jesu-Verehrung als Ausdruck dieser Liebe in den Mittelpunkt rückt. „Das ist die Botschaft, die uns Papst Franziskus ans Herz legt. Er hat uns geliebt.“ Das ist der Mittelpunkt und das Zentrum unseres Glaubens – sich immer wieder von dieser Liebe beschenken und bewegen zu lassen. Das, was wir empfangen haben, auch weiterzuschenken, ist das Entscheidende.“ Im Anschluss segnete Bischof Rudolf Voderholzer das Leonhardi Brot, welches den Pferden unter das Futter gemischt wird.

Leonhardiritt in Hetzenbach -Zwischen, Kindern, Pferden und Oldtimern

Am 6. November versammeln sich jährlich Ross und Reiter rund um den Namenstag des Heiligen Leonhards, der als Schutzpatron der Gefangenen, der Pferde und des Viehs verehrt wird. In Hetzenbach begleitete Bischof Rudolf Voderholzer heuer erstmals den Leonhardiritt, nachdem er den Patroziniumsgottesdienst gefeiert hatte. Davor versammelten sich die Kinder in der Wallfahrtskirche St.Leonhard um auch den persönlichen Segen vom Bischof zu erhalten. „Einfach spitze, dass du da bist,“ sangen die Kinder lautstark um Bischof Rudolf zur Kindersegnung zu begrüßen. „Schön, dass so viele von euch hier sind, zusammen mit euren Eltern, Großeltern und Geschwistern,“ sagte Bischof Rudolf Voderholzer mit einem strahlenden Lächeln, als er die große Zahl der Kinder sah. „Ich bin ganz überwältigt.“ Nacheinander traten die Kinder nach vorne, um vom Bischof persönlich gesegnet zu werden. Die Segensfeier wurde musikalisch gestaltet vom Kinderchor der Seelsorgeeinheit Wald-Zell unter der Leitung von Michaela Gleixner. Die festliche Atmosphäre wurde durch den Gesang der Kinder und von Sebastian Schiegl an der Gitarre und Jonas Zimmerer am Cajón bereichert. Direkt im Anschluss versammelten sich die Reiter und Besucher zum Leonhardiritt. Der Umritt, der nicht nur von prächtigen Pferden, sondern auch von Oldtimern und einer Blaskapelle begleitet wurde, zog zahlreiche Besucher an und machte diesen Tag zu einem besonderen Ereignis für das kleine Dorf.

Karl Kotz, der Vorsitzende des Leonhardi-Vereins, begrüßte die Reiterinnen und Reiter, die Oldtimerfahrer sowie die vielen Pilger, die zur Wallfahrt nach Hetzenbach gekommen waren. Der Leonhardi-Verein wurde im Jahr 1999 gegründet und feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen.  Kotz erinnerte auch an die lange Tradition der Prozessionen, die in Hetzenbach seit 425 Jahren gefeiert werden. „Mit dem Besuch unseres Bischofs Rudolf wird das heutige Patroziniumsfest zum Höhepunkt für Hetzenbach. Wir sind Ihnen, lieber Bischof, sehr dankbar und freuen uns sehr“, so der Vorsitzende weiter. Der Bischof segnete daraufhin die Pferde und ihre Halter. „Allmächtiger Gott, die ganze Schöpfung bezeugt deine Größe und Güte. Du hast sie in die Hand des Menschen gegeben, damit er sie gebrauche und dafür danke. Segne auf die Fürbitte des Heiligen Leonhard diese Pferde. Schütze sie vor Krankheit und Gefahr und halte alle schädlichen Einflüsse von ihnen fern.“ Nach dem Segen stiegen die Geistlichen und Ehrengäste in eine festlich dekorierte Kutsche und begleiteten die Reiter und Oldtimerfahrer durch Hetzenbach.

Bischof feiert Wolfgangsandacht in Schillertswiesen

Im Anschluss versammelten sich die Gläubigenvor der Wolfgangskapelle in Schillertswiesen, um eine Andacht mit Bischof Rudolf Voderholzer zu feiern. Dekan Pfarrer Ralf Heidenreich eröffnete die Andacht mit einer herzlichen Begrüßung. In seiner Predigt beleuchtete Bischof Rudolf Voderholzer die Darstellung des Heiligen Wolfgang in der Kunst und die Symbole, die mit ihm verbunden sind (Attribute). Bischof Voderholzer schilderte die Legende, in der Wolfgang das Hackl ins Tal wirft, um den Standort für eine Kirche zu bestimmen: „Da müssen Engel mitgeholfen haben, weil es ziemlich weit geflogen ist.“ Wolfgang findet schließlich das Hackl und baut an dieser Stelle eine Kirche. „Er ist Kirchenbauer im wahrsten Sinne des Wortes.“ Jedoch nicht nur, weil er in St. Wolfgang eine Kirche errichtete, sondern weil er im geistigen Sinn die Kirche aus den lebendigen Steinen, den gläubigen Menschen, erbaute. Abschließend präsentierte der Bischof den Gläubigen ein Reliquiar, das einen Teil der Rippe des Heiligen Wolfgang enthält. „Das nennt man Ostensorium, eine kleine Reliquienmonstranz. Es ist aus der Barockzeit und gehört der Pfarrei Matting.“ Zum Abschluss der Andacht segnete Bischof Voderholzer alle Gläubigen mit der Reliquie einzeln. „Auf die Fürsprache des Heiligen Wolfgang segne und beschütze dich Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.“ Die Mattinger Reliquie war auch stetiger Begleiter bei den 15 Wolfgangsspuren-Wanderungen, die anlässlich des Wolfgangjubiläumsjahres durch das Bistum führten.

Text und Fotos: Simon Doering
(jas und SG)

 

 

 



Nachrichten