News Bild Bischof Rudolf Voderholzer nimmt an Jahresempfang der Wirtschaft teil

Bischof Rudolf Voderholzer nimmt an Jahresempfang der Wirtschaft teil

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Am 12. März 2013 war Bischof Rudolf Voderholzer als Festredner beim Jahresempfang der IHK Regensburg zugegen. Hier lesen Sie seine Ansprache in Schriftform:

Sehr geehrter Herr Esser, sehr geehrter Herr Stark, meine sehr verehrten Damen und Herren,

herzlichen Dank, sehr geehrter Herr Präsident für die freundliche Begrüßung hier beim Jahresempfang der Industrie- und Handelskammer Regensburg für Oberpfalz / Kelheim und der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz.

Als Verleger der Mittelbayerischen Zeitung wird es Sie interessieren, vielleicht sogar freuen, dass ich gestern Abend zur Wiederanbingung der Gedenktafeln an der Wirkungsstätte von Fritz Gerlich in München in der Hofstatt war und zusammen mit Ihren Kollegen von der SZ und des Michaelsbundes jenen großen Patron der Journalisten und Zeitungsverleger erinnern und ihn auch würdigen durfte, zusammen mit dem Münchener Oberbürgermeister und Dr. Heribert Prantl von der SZ, der ja auch ein Oberpfälzer ist.

Ihre Einladung, heute Abend die Festrede zu halten, habe ich sehr gerne angenommen. Nicht nur, um die Nachbarschaft zwischen der IHK hier in der D.-Martin-Luther-Straße und dem Bischofssitz in der Niedermünstergasse zu pflegen, sondern auch, weil ich denke, dass uns einiges verbindet. Als Bischof stehe auch ich an der Spitze eines großen „Unternehmens“ mit immerhin fast 9000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und ähnlich wie die Wirtschaft hat auch die Kirche immer wieder mit einem verzerrten öffentlichen Bild, mit Skandalisierung und Geringschätzung zu kämpfen. Für die Kirche, genauso wie für die Wirtschaft, ist es deshalb wichtig, immer wieder auch auf den besonderen Beitrag hinzuweisen, den beide zu einem gelingenden Leben in dieser wunderbaren Region Bayerns und in ganz Deutschland leisten.

Der moralische Zeigefinger der Gesellschaft weist allzu gerne auf die „typisch unternehmerische[n] Laster hin. Da ist von Habsucht, Profitgier und Ausbeutung die Rede.“ Dass ein ausgeprägtes Machtstreben und der Drang zur Marktbeherrschung von Seiten der Manager nicht kompatibel sind mit den Werten, die die Gesellschaft zusammenhalten, nämlich soziale Gerechtigkeit und Gemeinwohl, liegt dann scheinbar auf der Hand. Auf diese Weise findet man leicht einen Sündenbock, wenn verschiedene Prozesse in unserem Land nicht zur Zufriedenheit der Bevölkerung ablaufen.

Meines Erachtens wird dabei freilich oft übersehen, welch hohen Wert die Unternehmerschaft und insbesondere natürlich auch das Handwerk für unser aller Leben hat. Das fängt im Kleinen an: wenn ich mir z. B. vorstelle, dass ich mir von einer softwaregesteuerten Maschine die Haare schneiden lassen müsste oder meinen wöchentlichen Lebensmitteleinkauf übers Internet abwickeln sollte, dann wird mir bewusst, wie dankbar ich für das deutsche Handwerk bin, wie dankbar ich dafür bin, dass es Betriebe gibt, die ihre Fertigkeiten an Auszubildende weitergeben und wie dankbar ich dafür bin, dass es Menschen gibt, die ihr Handwerk lieben und es weiterentwickeln.

Vielleicht darf nebenbei an dieser Stelle erwähnen, dass für die Erstellung meines Bischofsringes die Kooperation zweier Handwerke notwendig war. Es handelt sich nämlich um die Kopie eines Konzilsringes, der den Konzilsvätern von Papst Paul VI. 1965 geschenkt wurde. Sowohl die Zahntechnik zur Anfertigung der Schablone als auch er Goldschmied zur Herstellung der Kopie waren daran beteiligt.

Der Bogen lässt sich auch größer spannen. Dabei denke ich an den technischen Fortschritt, der unser aller Alltag prägt und unser Leben (meistens) erleichtert. Sei es im Bereich der Kommunikation, der Mobilität oder der Gesundheit. Natürlich darf man im Bereich der Forschung und Innovation nicht die wertvolle Arbeit der Hochschulen vergessen. Dass aber in diesem Bereich Entscheidendes fehlen würde, wenn es die Innovationskraft der Unternehmen nicht mehr gäbe, die ja ständig von der Praxis her Produkte weiterentwickeln und neue Lösungsmöglichkeiten erforschen, liegt meines Erachtens auf der Hand. Und oft genug sind es ja gerade auch die Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen, die Neues hervorbringen und Großes leisten.

Viele Unternehmer – das haben Sie, Herr Esser eindrücklich berichtet - tragen mit persönlichem Einsatz und einer hohen Risikobereitschaft zur Vitalität unseres Landes bei. Oft sind sie auch familiär eng mit dem Unternehmen verbunden, setzen ihr Leben ein für den Bestand des Unternehmens und die Sicherung vieler wertvoller Arbeitsplätze. Ich darf Ihnen heute von Herzen ein Vergelt´s Gott dafür sagen, dass sie mutig Verantwortung übernehmen und auf diese Weise zum Wohl vieler Menschen beitragen.

Der Wert der Wirtschaft für eine Gesellschaft steht außer Debatte. Auf allen politischen Ebenen wird sie als Motor und Garant von Wohlstand und letztlich auch friedlichen Lebensverhältnissen gesehen und betont.

Wir stehen damit vor einer gewissen Diskrepanz: Einerseits wird man nicht müde, die Wirtschaft im Allgemeinen zu loben, andererseits wird gegenüber einzelnen Entscheidungsträgern in der Wirtschaft gerne der Zeigefinger der moralisierenden Kritik erhoben.

Wie hat sich die Kirche in dieser Frage positioniert, welchen Wert misst sie der unternehmerischen und wirtschaftlichen Tätigkeit des Menschen zu?

Zunächst mag man geneigt sein, der Kirche eine skeptisch-kritische Haltung gegenüber der Wirtschaft zu unterstellen. Heftet sie den Menschen nicht zu sehr an die irdischen Ziele und hält ihn so ab vom eigentlichen Sinn seines Lebens, nämlich der Teilhabe am glückseligen Leben Gottes (vgl. KKK, Nr. 1)?

Die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute des Zweiten Vatikanischen Konzils Gaudium et spes zeigt uns ein gegenteiliges Bild. Ihr Anliegen ist es, aufzuzeigen, dass Kirche und Welt keine zwei Bereiche sind, die man fein säuberlich voneinander trennen kann (vgl. GS 1). Nach dem Motto: Wir gehen am Sonntag in die Kirche, damit wir über die Woche den Herrgott einen guten Mann sein lassen können. Nein: Kirche und Welt sind nicht zwei Bereiche, die man gegenüber oder gar gegeneinander stellen kann. Kirche realisiert sich in der Welt. Kirche realisiert sich dort, wo getaufte und gefirmte Christen sich gemeinsam von Gott ansprechen lassen, ihn preisen, ihn anbeten, zu ihm hin sich öffnen; wo Menschen es wagen, die Brücke zu betreten, die Gott uns in seinem Sohn Jesus Christus gebaut hat; wo Menschen selbst Brücken bauen untereinander, indem sie sich gegenseitig beistehen, sich helfen, sich selbstlos lieben. Kirche realisiert sich dort, wo Menschen die Offenbarung Gottes in seinem Sohn annehmen und getragen vom Heiligen Geist versuchen, mit ihrem ganzen Leben darauf zu antworten. Das ist Glaube: das ganze Leben zur Antwort werden zu lassen auf die sich verschenkende Liebe des Dreifaltigen Gottes.

Das Arbeiten, die Wirtschaft, als integraler Bestandteil dieses ganzen Lebens kann und soll demnach auch Antwort sein auf das Heilshandeln Gottes, der uns erschaffen und erlöst hat. Er hat uns auch dazu berufen, Mitarbeiter in seinem göttlichen Unternehmen zu sein – wenn ich es einmal so formulieren darf. Ja, man könnte von Gott sprechen als einem Dienstleistungsunternehmer, der nichts anderes anbietet als die Vollendung der Welt und der Menschen. In der griechischen Theologie spricht von der Heilsgeschichte als der göttlichen oikonomia, der göttlichen Ökonomie. Uns bietet er an, daran mitzuwirken; nicht wie Leibeigene, die gewissermaßen blind und unmündig den Willen des Dienstherren ausführen müssten, sondern die als freie Mitarbeiter engagiert sind und immer wieder neu entscheiden dürfen, ob und wie sie einen Auftrag annehmen oder nicht.

Ich möchte es noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Unsere tagtägliche Arbeit, sei es auf dem Bau oder im Büro, kann und soll Mitarbeit am Heilswirken Gottes sein.

Was bedeutet das nun konkret?

Zunächst einmal heißt das nicht, dass wir mit der ganzen Belegschaft um zwölf Uhr gemeinsam den Angelus beten müssen, oder dass wir quasi als arbeitende Wanderprediger unseren Arbeitsalltag durch fortdauernde Bekehrungsversuche Anders- oder Nichtgläubiger gestalten sollen. In der dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen gentium gibt das Konzil Auskunft darüber, wie der Beruf Element der Berufung eines jeden Christen werden kann. Dort heißt es: - ich zitierte eine etwas längere Passage aus dem Konzilstext -

„Sache der Laien ist es, kraft der ihnen eigenen Berufung in der Verwaltung und gottgemäßen Regelung der zeitlichen Dinge das Reich Gottes zu suchen. Sie leben in der Welt, das heißt in all den einzelnen irdischen Aufgaben und Werken und den normalen Verhältnissen des Familien- und Gesellschaftslebens, aus denen ihre Existenz gleichsam zusammengewoben ist. Dort sind sie von Gott gerufen, ihre eigentümliche Aufgabe, vom Geist des Evangeliums geleitet, auszuüben und so wie ein Sauerteig zur Heiligung der Welt gewissermaßen von innen her beizutragen und vor allem durch das Zeugnis ihres Lebens, im Glanz von Glaube, Hoffnung und Liebe Christus den anderen kund zu machen.
Ihre Aufgabe ist es also in besonderer Weise, alle zeitlichen Dinge, mit denen sie eng verbunden sind, so zu durchleuchten und zu ordnen, dass sie immer Christus entsprechend geschehen und sich entwickeln und zum Lob des Schöpfers und Erlösers gereichen.“ (LG 31)

Das bedeutet in erster Linie, dass wir unseren Beruf gut ausüben sollen. Wir sollen unser Handwerk beherrschen, eng damit verbunden sein, wunderbar hat das die Internationale Handwerksmesse, die heute in München zu Ende geht in ihrem Motto zum Ausdruck gebracht: „Zukunft kommt von Können“.

Im Konzil lehrt die Kirche jeder soll sein Metier so gut wie nur möglich beherrschen. Wir sollen unseren Beruf, sei es als Hilfsarbeiter in der Industrie oder als Verleger einer Zeitung, als eine echte Aufgabe wahrnehmen und nach unseren Kräften ausfüllen. Nur so können wir auch dazu beitragen, dass sich die zeitlichen Dinge entwickeln, wie es das Konzil in seiner Sprache ausdrückt. Dazu ist es aber auch notwendig, dass wir wissen, was wir tun. Wenn ich den Sinn einer Tätigkeit nicht erkenne oder verstehe, kann ich sie auch nicht in diesem Sinn weiterentwickeln, kann ich nicht dazu beitragen, dass Arbeitsabläufe, Produkte oder Dienstleistungen verbessert werden.

Als nächstes Kriterium für eine Berufsausführung, die Mitarbeit am Heilshandeln Gottes ist, nennt das Konzil, dass sie Christus entsprechend geschehen soll. Hiermit ist der ganze Bereich der katholischen Soziallehre angesprochen. Der ein oder andere kennt vielleicht die „10 Gebote für die Wirtschaft“ von meinem ehemaligen Trierer Professorenkollegen Pater Wolfgang Ockenfels. Sie wollen eine Hilfestellung bieten für Unternehmer, die ihre Tätigkeit an den christlichen Grundwerten ausrichten wollen. Drei Gebote möchte ich Ihnen exemplarisch vorstellen. Das erste Gebot lautet: „Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Für die Wirtschaft übersetzt, kann das heißen: „Spiele dich nicht als Herrgott auf und halte dich nicht für allwissend oder allmächtig. Höre auf dein Gewissen und auf deine Mitarbeiter. Sei kritisch dem Zeitgeist gegenüber und orientiere dich an bleibenden Werten.“

Das Fünfte Gebot lautet: „Du sollst nicht töten.“ In der Übertragung, bzw. Übersetzung von Wolfgang Ockenfels in die Welt der Ökonomie hinein heißt es dazu: „Sorge dafür, dass dem Leben dienliche Güter und Leistungen in humaner Weise entstehen. Beachte die Menschenwürde, verängstige nicht deine Mitarbeiter und verhindere „Mobbing“. Vernichte nicht deine Konkurrenten. Sie sind notwendig für den Wettbewerb und sollen deine Leistung beflügeln.“

Und schließlich das sechste Gebot: „Du sollst nicht ehebrechen.“ Der Appell, den dieses Gebot an die Wirtschaft richtet, könnte heißen: „Sei nicht so mit einem Unternehmen ‚verheiratet‘, dass deine Familie darunter leidet. Bedenke die Treuepflicht gegenüber deiner Familie. Sei dir auch der Loyalitätspflicht dem Unternehmen gegenüber bewusst, dem du zu dienen hast.“

Die Arbeit ernst nehmen und sie Christus entsprechend ausführen: vor 700 Jahren (1311), als die Kramerbruderschaft hier in Regensburg gegründet wurde, verdichtete sie dieses Ideal in dem Ausdruck „ehrbarer Kaufmann“. Ich denke, auch heute kann man in Ihrer Orientierung an den ethischen Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft, also der katholischen Soziallehre, und ihrer Ausrichtung am Wohl des Menschen und der Gesellschaft erkennen, dass sie versuchen, dem Ideal des Zweiten Vatikanischen Konzils zu entsprechen.

Somit machen sie ihre Arbeit zur Mitarbeit am Heilswirken Gottes, dem einzigen rechtmäßigen Monopolisten auf dem Markt des menschlichen Heiles.

Zum Abschluss möchte ich auf einen Mann hinweisen, den wir als Vorbild des christlichen Arbeiters verehren dürfen. Es ist der hl. Josef, der als Bauhandwerker in aller Stille seiner Arbeit nachgegangen ist und damit unserem Herrn Jesus Christus und der Gottesmutter Maria, der Patronin unseres Bayernlandes das tägliche Brot erwirtschaftet hat. Die Kirche feiert am 1. Mai den Gedenktag des hl. Josefs des Arbeiters und heute in einer Woche feiern wir das Hochfest des hl. Josefs, des Bräutigams der Gottesmutter Maria. – Wenn alles gut geht, werden wir heute in einer Woche im Dom zu Regensburg die Feier des Hochfestes des hl. Josefs, der auch als Patron der Kirche verehrt wird, mit unserem Dank für einen neuen Papst verbinden. Ich lade Sie jetzt schon ein zum Festgottesdienst – vorbehaltlich eines zügigen Verlaufes des Konklaves, zu dem sich in dieser Stunde die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle in Rom versammeln.

Zur Bedeutung des hl. Josef für unser Leben sagte Paul VI. bei einer Ansprache am 19. März 1969: „Der hl. Josef ist das Vorbild der Demütigen, die das Christentum für große Ziele bestimmt; […] er ist der Beweis dafür, dass es, um gute und glaubwürdige Nachfolger Christi zu sein, keiner ‚großartigen Dinge‘ bedarf, sondern nur allgemeine, menschliche, schlichte, aber wahre und glaubwürdige Tugenden erforderlich sind“.

Ich wünsche Ihnen, dass die IHK und die Handwerkskammer weiterhin so gut wie bisher, die Kräfte der Wirtschaft bündeln und dazu beitragen, dass die Arbeit in unserer Region als Mitarbeit am Heilswirken unseres Schöpfers und Erlösers verstanden werden kann und so zum Wohl des Menschen und zum Lobe Gottes beiträgt.

Ich habe eben in Bezug auf den Glauben vom Brückenbauen gesprochen. Im nächsten Jahr findet in Regensburg der 99. Deutsche Katholikentag statt, der unter dem Motto „Mit Christus Brücken bauen“ steht. Im Trägerverein des Katholikentages ist die Unternehmerschaft von Regensburg ja bereits vertreten. Und an dieser Stelle darf ich noch eine zweite Einladung aussprechen: Ich lade Sie ganz herzlich zur Teilnahme am Katholikentag 2014 ein. Vielleicht ergibt sich ja auch die eine oder andere Gelegenheit, einen Betriebsausflug im nächsten Jahr mit dem Besuch des Katholikentages zu verbinden.

Ich habe – wie Sie vielleicht gesehen haben – in meinem Bischofswappen auch eine Brücke. Das Bischofsamt ist von seinem Wesen her auch das Amt eines Brückenbauers, übrigens ein Handwerksberuf, der viel Geschick und Ingenieurs-Know-How erfordert. So haben wir also noch etwas gemeinsam. Ich hoffe, heute Abend die eine oder andere Brücke zu Ihnen gefunden zu haben und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit im gemeinsamen Ziel, Brücken zu bauen zwischen den Menschen und den Völkern.

Ich erbitte Ihnen Gottes Segen für Ihre Unternehmen, Ihre Familien und alle Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.



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