Regensburg, 24. Mai 2024
Am 22. Mai 2024 hat die Deutsche Bischofskonferenz ihre zehnseitige „Zusammenfassung der Reflexionsberichte aus den deutschen (Erz-)Diözesen vor dem Hintergrund des Syntheseberichts der Synodensitzung 2023 und in Vorbereitung der Synodensitzung 2024“ veröffentlicht. Aus dem Bistum Regensburg wurde an die Deutsche Bischofskonferenz Ende März 2024 folgender Bericht geschickt:
In seinem Schreiben „Bis Oktober 2024“ vom 11. Dezember 2023 hat das Generalsekretariat der Synode (XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode) die Ortskirchen aufgerufen, „zur Vertiefung einiger Aspekte des Syntheseberichts beizutragen“ (S. 2). Ziel ist es, die Wege und Instrumente zu identifizieren, die in den verschiedenen Kontexten zu beschreiten sind, „um die Originalität eines jeden Getauften und einer jeden Kirche in der einzigartigen Sendung der Verkündigung … in der heutigen Welt zu stärken“ (S. 2). Auf der Ebene der Diözesen ist zu fragen: „Wie kann die differenzierte Mitverantwortung aller Glieder des Volkes Gottes für die Sendung gestärkt werden?“ Die Ortskirchen werden aufgefordert, „eine weitere Konsultation durchzuführen“ (S. 3), „den gesamten Synthesebericht durchzugehen und die Forderungen zu sammeln, die ihrer Situation am besten entsprechen“ (S. 4).
Alle Getauften sind berufen, missionarisch zu sein
In der Diözese Regensburg wurde in den vergangenen Wochen eine „weitere Konsultation“ durchgeführt. Verschiedene partizipative Gremien (u. a. Priesterrat, Diözesanpastoralrat, Diözesankomitee) haben eine – allen Mitgliedern zur Verfügung gestellte – Zusammenfassung des Syntheseberichts durchgearbeitet. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand die Frage, wie geeignete Initiativen gefördert werden können, die das ganze Volk Gottes stärker in den Missionsauftrag der Kirche einbeziehen.
Dabei wurde wiederholt auf die große Bedeutung der Familien in der Kirche und – konkret – in den Pfarrgemeinden hingewiesen. Die Familien sind der bevorzugte Ort für die Hinführung der Kinder und Jugendlichen zum Glauben und zu einer christlichen Lebenspraxis. Es bedarf einer großen Kreativität bei der Schaffung von Diensten, die dem Aufbau der Gemeinden dienlich sind. Junge Menschen, bei denen die Freundschaft mit Jesus Christus gewachsen ist, können unter Gleichaltrigen in besonderer Weise zu Aposteln des Evangeliums werden.
Die vielfältigen Charismen der Laien („Weltchristen“) müssen in der Kirche anerkannt und voll zur Geltung gebracht werden. Es wurde darauf hingewiesen, dass kirchliche Bewegungen und neue Gemeinschaften wertvolle Zeichen setzen für eine heranreifende Mitverantwortung aller Getauften. Ihre besondere Bedeutung liegt in der Förderung der Gemeinschaft zwischen verschiedenen Berufen, in den Impulsen, mit denen sie das Evangelium verkünden, und in ihrem Engagement für das Gemeinwohl. Es ist gründlich zu überlegen, wie das geweihte Leben, die Laienvereinigungen und die neuen geistlichen Gemeinschaften ihre Charismen noch stärker in den Dienst der Ortskirchen stellen können. Zu bedenken ist auch, wie in den kirchlichen Ausbildungskursen die Aufmerksamkeit auf die charismatische Dimension der Kirche gestärkt werden kann.
Anregungen aus dem Priesterrat
Die Mitglieder des Priesterrats haben zu verschiedenen Themen des Syntheseberichts folgende Aspekte betont: Der Begriff „Synodalität“ wird in sehr unterschiedlicher Weise verwendet. Entsprechend den Kontexten werden auch verschiedene Intentionen damit verbunden. Der Begriff scheint zu einem gewissen „Modebegriff“ geworden zu sein. Insofern ist eine weitere Klärung des Begriffs für die Arbeit in der Pastoral notwendig, damit keine falschen Erwartungen geweckt werden. Es muss Klarheit über den Begriff gewonnen werden – v. a. im Zusammenhang mit der notwendigen Reflexion über die Aufgaben der Amtsträger in einer synodalen Kirche.
Inwiefern verstehen sich unsere Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungen wirklich als synodale Gremien in den Pfarreien? Was ist dafür erforderlich und wie gehen wir als „Leiter“ dieser Gremien damit um? Die „Machtfrage“ ist nicht zu vernachlässigen, da sie oft im Raum steht. Wenn sie nicht beachtet oder geklärt ist, taucht sie immer wieder auf andere Weise auf. Das Miteinander der Priester (z. B. im Dekanat; Engagement bei den Dekanatskonferenzen) sollte unter dem Aspekt der Synodalität stärker bedacht werden. Wenn die Priester nicht damit „arbeiten“, wird es nicht leicht sein, dies auf anderen Ebenen zu verwirklichen. Diesbezüglich kann das Miteinander mit den pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Impulse geben.
Netzwerke des Glaubens aufbauen
Synodalität braucht Zeit, Bereitschaft zum Wachstum und zum Reifenlassen. Gerade in größer werdenden Pfarreiengemeinschaften sollte ein geistliches Verständnis von Synodalität erarbeitet werden. Was muss neben aller strukturellen Planung theologisch-spirituell geschehen? Eine Kirche, die zuhört und begleitet, muss die verschiedenen Charismen erkennen und fördern. Ziel muss es dabei sein, den Willen Gottes gemeinsam zu ergründen und ihm besser zu entsprechen. Es müssen Netzwerke des Glaubens (innerhalb und außerhalb der Familien) aufgebaut werden: z. B. Hauskirche, Ehevorbereitung, Alltag des Ehelebens (Charismen der Eheleute) stärken. Wie kann man mit Kindern den Glauben leben? Wertvoll sind Familienkreise und Bibelkreise. Wie ist die Nähe zu den Menschen in größeren Seelsorgeeinheiten möglich? Wichtig ist auch Folgendes: z. B. kleine Dienste wertschätzen, Gläubige aus der Vereinzelung herausholen, moderne Medien über kirchliche Themen anbieten, seine eigenen Ressourcen pflegen, Willkommenskultur, niederschwellige Angebote, Sakramente, Rituale etc.
Gremien: Wofür und für wen sind wir da?
Über allem stehen die Autorität des Wortes Gottes und die Eucharistie. Es geht um eine Stärkung der „inneren Verwurzelung“. In den Gremien soll ein geistliches Klima herrschen (hören – in die Stille gehen – sich senden lassen). Die vorherrschende Frage sollte lauten: Wofür und für wen sind wir da? „Sendung“ setzt eine Beziehung zu Jesus Christus voraus. Die Crux liegt darin, dass in Gremien vielfach mehr „Aufgaben erledigt werden“ und „Aktionen“ im Vordergrund stehen als missionarisches Tätigsein. Wir sind eine gut organisierte und strukturierte Kirche. Wo bleibt die Offenheit, auch Neues zu wagen? Wir müssen lernen, manches Vertraute und Gewohnte loszulassen, um das Wesentliche von Kirche zu behalten. Eine Teilnahme am missionarischen Dienst ist auf vielen Ebenen möglich (auch politisches Engagement von Christen).
Anliegen von Mitgliedern diözesaner Gremien
Vertreterinnen und Vertreter von Diözesankomitee, Diözesanpastoralrat undJugendverbänden haben auf folgende Gesichtspunkte hingewiesen: Es ist Aufgabe der Kirche, sich am Evangelium auszurichten und es glaubwürdig zu verkünden. Dabei ist es notwendig, dass die Kirche einen kritischen Blick auf ihre eigenen Strukturen wirft und diese so gestaltet, dass die Frohe Botschaft bestmöglich gelebt werden kann. Die Bedeutung des Firmsakramentes (auch der Erstkommunion) müsste stärker im Bewusstsein der Gläubigen verankert werden. Hier gilt es, kreative Ansätze zu finden, um jungen Menschen einen Weg zur Glaubenserfahrung zu eröffnen. Die Kirche hat die Sorge um Randgruppen oft an spezialisierte Einrichtungen weitergereicht, wodurch sie vor Ort den direkten Kontakt zu diesen Menschen verloren hat. Die Forderung, an die Ränder zu gehen, wird oft ignoriert, weil es unbequem ist, weil man sich dies nicht zutraut oder es an Zeit mangelt. Das missionarische Engagement (Zugehen auf Menschen außerhalb der etablierten Gemeinde) ist in den Pfarrgemeinden oft wenig ausgeprägt. Verantwortliche scheuen nicht selten den Schritt heraus aus ihren geschützten Bereichen und stellen sich unbequemen Fragen ungern. Es fehlt auch an Bemühungen, Menschen nachzugehen, die aus der Kirche ausgetreten sind. Die Rolle der Verantwortlichen hat sich eher auf die „Betreuung des verbleibenden Gemeindebestands“ beschränkt. Ängste vor Veränderungen dürfen uns nicht bremsen. Das Zugehen auf Menschen (nicht nur das Einladen zu Gottesdiensten und Pfarreiveranstaltungen) sollte eine größere Rolle spielen.
Ökumene: Voraussetzung für Starkbleiben des Glaubens
Die Ökumene ist in unserer globalen Welt eine der herausforderndsten und wichtigsten Anliegen. In Deutschland und Europa ist sie eine grundlegende Voraussetzung für das Starkbleiben des christlichen Glaubens und der christlichen Werte. Insofern müssen ökumenische Bestrebungen gefördert und gestärkt werden. Die Ausübung der Mitverantwortung aller Getauften ist auf allen Ebenen der Kirche unerlässlich. Die dem Evangelium entspringenden Werte sollten in der Familie, im öffentlichen Leben und in der Politik als Maßstab für das Gemeinwohl betrachtet werden. Christliche Sozialverbände spielen im Zusammenhang des kirchlichen Sendungsauftrags eine große Rolle. Von entscheidender Bedeutung ist es, Personen mit besonderen Charismen zu fördern und für ein kirchliches Engagement zu gewinnen. Dabei sollten auch neue Ideen von Laienchristen besondere Berücksichtigung finden. Es ist unabdingbar, über Finanzierungsmöglichkeiten für die Ausbildung von Laien nachzudenken. Zweifellos ist es wichtig, auf digitalen Wegen missionarisch präsent zu sein. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass Glaube und Glaubenszeugnis konkrete Gemeinschaften erfordern.
Einbindung von Laien und stärkere Beteiligung von Frauen
Die Einbindung von Laien bei der Bischofssynode ist zu begrüßen. Eine stärkere Beteiligung von Frauen an Entscheidungsprozessen und die Übertragung verantwortungsvoller Aufgaben an Frauen sind besonders wichtig. Eine Rechenschaftspflicht ist ein integraler Bestandteil einer synodalen Kirche. Es sollen Verfahren zur Überprüfung von Entscheidungen der Diözesanleitung entwickelt werden. Bestimmte anthropologische Kategorien der kirchlichen Lehre sind in einzelnen Fällen unzureichend und erfordern weitere Untersuchungen und Vertiefungen. Die Weiterentwicklung kirchlicher Strukturen sollte darauf abzielen, eine größere Partizipation und Transparenz zu ermöglichen.
Weitere zentrale Themen wurden angesprochen: Es müssen neue, lebensnahe Strukturen geschaffen werden. Sind unsere liturgischen Formen passend für die Lebensrealität von Menschen? Welche Lebensübergänge müssen heute begleitet werden? Eine genauere Definition bestimmter Begriffe (Berufung, Erfahrung und Kompetenz) ist notwendig.
Früchte konkreter Synodalität: Ausbildung von Katechisten
Im Schreiben „Bis Oktober 2024“ des Generalsekretariats der Synode wird auch die Erwartung ausgesprochen, dass sich jede Diözese in ihrem gewünschten Bericht auf jene Aspekte konzentriert, von denen sie glaubt, „aufgrund ihrer eigenen Besonderheiten und Erfahrungen einen Beitrag leisten zu können, indem sie bewährte Praktiken, die Früchte konkreter Synodalität darstellen, weitergibt“ (S. 3):
Mit seinem Apostolischen Schreiben „Antiquum ministerium“ vom 10. Mai 2021 hat Papst Franziskus „den laikalen Dienst des Katecheten“ errichtet. Im Anschluss daran wurde in der Diözese Regensburg ein Konzept zur „Ausbildung von Katechisten und Katechistinnen“ entwickelt. Das Konzept der Diözese Regensburg sieht vor, dass die zukünftigen Katechisten in Pfarreien „mit Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen und -phasen im Bereich der Glaubenskommunikation und -weitergabe arbeiten“. Dabei handelt es sich um einen rein ehrenamtlichen Dienst in der Gemeinde. Katechistinnen und Katechisten sind unter der Leitung der Pfarrer und des pastoralen Personals tätig. Zur Ausbildung werden nur Personen zugelassen, die ein Empfehlungsschreiben des Pfarrers vorweisen und ein Auswahlgespräch mit der Kursleitung durchlaufen haben. Sie müssen bestimmte Kriterien erfüllen (z. B. eine gute Vernetzung in der Gemeinde, psychische Stabilität, Grundverankerung im Glauben).
Die angehenden Katechisten arbeiten zunächst in einem ganz bestimmten, mit den Verantwortlichen der Pfarrei abgesprochenen pastoralen Schwerpunkt in der Gemeinde. In diesen sind sie wiederum in einem speziellen Arbeitsfeld tätig. Es sind folgende drei Schwerpunkte mit den unterschiedlichen (beispielhaften) Arbeitsfeldern:
1. Mit Kindern und Jugendlichen über den Glauben sprechen (Ministranten- und Jugendarbeit, Kinderbibeltage, Kindergottesdienste, Vorbereitung auf Beichte, Erstkommunion und Firmung);
2. Mit Erwachsenen über den Glauben sprechen (Ehe- und Taufvorbereitung, Seniorengruppen, Bibelgruppen, Haus- und Gebetskreise, Glaubenskurse, Pilgergruppenbegleitung, geistliche Kirchenführungen, Erschließung religiöser Volkskunst);
3. In besonderen Lebenssituationen über den Glauben sprechen (Begleitung von Kranken, Trauernden und Sterbenden; Begleitung caritativer Projekte, z. B. Geflüchtete, Menschen am Rand der Gesellschaft). Im Laufe der Jahre ist auch eine Ausweitung der Arbeitsfelder innerhalb der Schwerpunkte oder ein Wechsel zu einem anderen Schwerpunkt möglich.
Aus- und Fortbildung:
Die Ausbildung der Katechisten ist so konzipiert, dass sie die zeitlichen Möglichkeiten der Ehrenamtlichen – sowohl in der Ausbildungsphase als auch im späteren Dienst – berücksichtigt und die verschiedenen Biographien im Blick hat. Sie zielt darauf ab, den eigenen Glauben zu kennen und über ihn sprachfähig zu werden sowie für den künftigen Schwerpunkt mit dem jeweiligen Arbeitsfeld gerüstet zu sein. Mit der Aus- und Fortbildung wurde die Abteilung Katholische Erwachsenenbildung innerhalb der Hauptabteilung Seelsorge beauftragt. Die Aus- und Fortbildung findet in drei Phasen (Bausteine) statt: Baustein 1: zehn Kurstage mit einer theologischen Grundausbildung anhand des Credo (Prüfung in einem Abschlussgespräch); Baustein 2: Vertiefung theologischer Inhalte (z. B. Eucharistie, Theologie des Leibes); praxisorientierte Kurstage (ca. sieben Tage); Besuch der Kursleitung bei der Durchführung eines Praxiselementes in der Pfarrei; Beauftragung durch den Bischof; Baustein 3 (ständiges begleitendes Element): verpflichtende Fortbildungsangebote; Vertiefungsfortbildungen: z. B. Würzburger Fernkurs (Basiswissen), längere Ausbildungen in den Bereichen Sakramentenvorbereitung, Gruppenleitung, Kirchenführungen, Krankenbesuchsdienst usw. – Derzeit werden zwei Kurse mit insgesamt 40 Teilnehmern (21 Frauen, 19 Männer; jüngste Teilnehmerin 28 Jahre alt; ältester Teilnehmer 68 Jahre alt; Durchschnittsalter 50 Jahre) durchgeführt. Im Herbst 2024 beginnt ein dritter Kurs.
Dieser von Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml Ende März 2024 erstellte Bericht wurde an die Deutsche Bischofskonferenz weitergeleitet.
Text: Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml, Bischöflicher Beauftragter für den Synodalen Weg im Bistum Regensburg
(kw)