News Bild „Begegnung und Austausch im Workshop haben gut getan“ - Familienleben mit einem behinderten Kind

„Begegnung und Austausch im Workshop haben gut getan“ - Familienleben mit einem behinderten Kind

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Das Tagesseminar „Herausforderung Familie mit Behinderung“, das Dipl. Päd./Dipl. Soz. Päd. Gerlinde Fechtner im Rahmen der Aktion „Gehandicapt – na und!“ moderierte, kam bei den Eltern gut an. Für ein besonderes Kind Verantwortung zu tragen, bedeutet für die betroffene Familie eine große Herausforderung psychischer, physischer und finanzieller Art. Im Alltag wird die Familie vielen Belastungen ausgesetzt.

Durch die vermehrte Zuwendung, die Pflege, Arzt- und Therapiebesuche bleibt wenig Zeit und Energie für sich selbst, den Partner oder Freunde. Die Veranstalter, die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe KISS, die Offene Behindertenarbeit des Caritasverbands Regensburg, die Epilepsieberatung und das Referat Behindertenhilfe der KJF boten den Eltern ein Forum zum Erfahrungsaustausch, zur Reflexion und zur Weitergabe fachlich fundierter Informationen an.

„Wir würden das sehr gerne wiederholen oder fortsetzen“, „Es hat gut getan und war hilfreich“, „Die Atmosphäre war entspannt, achtsam und offen“ – das waren Kommentare zum Tagesseminar für Eltern mit einem behinderten Kind, das im Pater-Rupert-Mayer-Zentrum der KJF stattgefunden hat. Der Erfolg des Seminars lag auch mit daran, dass eine professionelle Kinderbetreuung durch die Offene Behindertenarbeit des Caritasverbandes Regensburg begleitend angeboten wurde. Dadurch konnten sich die Eltern mit den Themen, mit sich und ihrer Situation ungestört befassen.

„Wir sind nicht allein. In manchen Beschreibungen aus dem Leben der anderen Teilnehmer kann ich mich so auffällig wieder erkennen“, so eine Rückmeldung. Das war sicher eine wichtige Erfahrung im Seminar, die den intensiven Austausch der Eltern ermöglichte. Gerlinde Fechtner hat diesem Bedürfnis viel Zeit eingeräumt. Sie weiß um die besonderen Familiensituationen und schöpft aus einem großen beruflichen Erfahrungsschatz.

Alltag mit einem behinderten Kind


Familien mit einem behinderten Kind empfänden ihren Alltag als äußerst schwierig, so Gerlinde Fechtner. Ein Kind mit Behinderung bei Verwandten oder Nachbarn zur Betreuung zeitweise abzugeben, allein das sei nicht unproblematisch, denn diese fühlten sich mit der besonderen Betreuung, den pflegerischen Anteilen z.B. im Umgang mit Sonden, bei epileptischen Anfällen oder ungesteuerten Wutausbrüchen häufig überfordert. Nicht verwunderlich also, dass betroffene Eltern, die sich rund um die Uhr um ihr behindertes Kind kümmern, Gefahr laufen, in der Isolation und in Verlassenheitsgefühlen zu versinken. Mobil und flexibel sein, wie es unsere Gesellschaft fordert, das ist für diese Familien tatsächlich eine Herausforderung.

Wenn sich der gesamte Tagesablauf an den Bedürfnissen des behinderten Kindes orientiert, haben Geschwisterkinder oft das Nachsehen. Dies mache den Eltern nicht selten ein schlechtes Gewissen, so die Seminarleiterin, oder halte sie davon ab, ein zweites Kind zu bekommen. „Wichtig sind eigene Zeiten mit den Elternteilen. Vielleicht können Geschwisterkinder nicht genauso viel Zeit und Aufmerksamkeit erhalten. Ein Papawochenende, Shoppen mit Mama, ein Wunschnachmittag – diese Einheiten könnten geschaffen und fest im Familienleben verankert werden“, empfahl Gerlinde Fechtner den Eltern.

Um die alltagspraktischen Anforderungen zu schaffen, gab die Referentin gute Tipps und Ratschläge. Bei den sensiblen Themen wie Partnerschaft, Selbstwahrnehmung, Schuldzuschreibungen, Verantwortung wahrnehmen und abgeben, hilft ein behutsames und einfühlsames Verstehen. Oft ist es für die Eltern schwierig, zum eigenen Kind mit Behinderung uneingeschränkt Ja zu sagen. Von der Vorstellung eines „normalen“, „gesunden“ Kindes müsse Abschied genommen werden – ähnlich wie bei einer Trauerphase, erklärte die Referentin. Die Krise käme meist mit der Diagnose. Da sind Fassungslosigkeit, nichts tun zu können, und häufig auch die Schuldfrage: Was haben wir falsch gemacht? Mütter stellten sich die Frage, was sie in der Schwangerschaft falsch gemacht haben.

Gerlinde Fechtner zeigte anhand des Spiralphasenmodells von Erika Schuchardt die Krisenverarbeitung als einen Lernprozess auf. In diesem durchlaufen Betroffene unabhängig von der Art der Behinderung verschiedene Phasen: Ungewissheit, Gewissheit, Aggression, Verhandlung, Depression, Annahme, Aktivität und Solidarität. Eltern berichteten, dass sie immer wieder verschieden Phasen erlebten. Nach einer guten aktiven Phase könne durchaus wieder eine aggressive oder depressive Phase kommen. Die Annahme der Tatsache, dass das eigene Kind behindert ist und immer auf andere angewiesen sein wird, beschäftigt Eltern oft ein Leben lang.

Hilfen und Entlastung für die Eltern


Die Arbeit mit den betroffenen Familien zeigt es immer wieder: Ist die Elternrolle klassisch verteilt und die Väter arbeiten, gehen täglich oder auch für mehrere Tage aus dem Haus, leisten die Mütter die Versorgung und Betreuung der Kinder allein. Entlastung erfahren die Eltern durch Einrichtungen der Behindertenhilfe, die eine bedarfs- und altersgerechte Förderung und Betreuung von Kindern anbieten. Dazu gehören der Integrative Kindergarten, die Schulvorbereitende Einrichtung, Förderschulen und die vielfältigen Angebote der Offenen Behindertenarbeit. Für viele Eltern besonders wertvoll seien die Selbsthilfegruppen, erzählt Margot Murr, Leiterin von KISS. Letztendlich sei der Anstoß zum aktuellen Tagesseminar auch aus den Gruppen gekommen. „Viele Partnerschaften gelangen mit der Zeit ans Ende ihrer Kräfte“, so Murr, „das Seminar sollte auch helfen, diese Dynamik im Kreis von Gleichbetroffenen anzuschauen.“

Die Selbsthilfekontaktstelle ist kompetenter und professioneller Partner der Familien. Auch die Organisation des „Netzwerks – Besondere Kinder Regensburg“ läuft über KISS. Dort werden Mitglieder aus Selbsthilfegruppen mit Fachkräften aus Einrichtungen, Ämtern und Behörden „möglichst auf gleicher Augenhöhe zusammengebracht“, informiert Margot Murr. Diese Angebote sind für die Eltern wichtig, ebenso wie die Förder-, Betreuungs- und Therapieangebote in den Einrichtungen der Katholischen Jugendfürsorge und des Caritasverbandes in der Diözese Regensburg e.V.

Bertin Abbenhues, Abteilungsleiter Behindertenhilfe der KJF, stellt heraus: „In der Offenen Behindertenhilfe mit dem familienentlastenden Dienst, in der Angehörigenarbeit, in unseren Förderschulen mit dem ergänzenden Angebot der Heilpädagogischen Tagesstätte und in einer Vielzahl von Freizeitangeboten ermöglichen wir einerseits Förderung und Betreuung für die betroffenen Menschen, andererseits Unterstützung und Entlastung für die Familie. Hier bietet die Katholische Jugendfürsorge Soziale Dienste von der Frühförderung für behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder bis hin zum Wohnen für behinderte Menschen im Alter an gemäß dem Motto „Auf der Seite junger Menschen ... ein Leben lang“.

Weitergehende Informationen für Eltern mit einem behinderten Kind:


Der Arbeitskreis besondere Kinder Regensburg, der sich aus Fachleuten und Selbstbetroffenen zusammensetzt, möchte betroffenen Eltern hilfreich zur Seite stehen. Die Hilfsangebote im Raum Regensburg sind vielfältig. Ein Überblick darüber findet sich auf der Website des Arbeitskreises unter: http://www.besondere-kinder-regensburg.de. Die auf den Seiten enthaltenen Informationen sind auch in Papierform über KISS erhältlich: KISS - Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe, Landshuter Straße 19, 93047 Regensburg, Telefon: 0941/ 599388-610,
Email: kiss.regensburg(at)paritaet-bayern.de,
Web: http://www.kiss-regensburg.de.


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