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Zur Neuigkeit
Angela Kreuz liest beim Literarischen Café der Ackermann-Gemeinde
Taktwechsel: ein Versöhnungsroman
Regensburg, 1. Juli 2025
Mehrmals hatte bei früheren Lesungen die Regensburger Schriftstellerin Angela Kreuz bereits auf ihren kommenden bzw. damals in Arbeit befindlichen Roman „Taktwechsel“ hingewiesen. Beim jüngsten Literarischen Café der Ackermann-Gemeinde in der Diözese Regensburg im Café Pernsteiner by Sipl in Regensburg stellte sie nun ihr neues Werk vor und las einige Passagen daraus. Es geht um die komplexen tschechisch-deutschen Beziehungen, die damit verbundenen Traumata, die Nazi-Herrschaft sowie die Bedeutung der Vertreibung der Deutschen für die Angehörigen beider Nationen.
Nach der Begrüßung durch den Diözesanvorsitzenden Prof. Dr. Bernhard Dick, der sich über gut 30 an Literatur Interessierte freute, stellte Moderator Marcus Reinert kurz die Ackermann-Gemeinde und dann die Autorin vor. Die im Jahr 1969 in Ingolstadt geborene Schriftstellerin studierte in Konstanz Psychologie und Philosophie und veröffentlichte 2007 ihren ersten Roman. Zu ihrem Oeuvre gehören neben Romanen auch Erzählungen, Gedichte und experimentelle Texte. Sie erhielt bereits mehrere Auszeichnungen – und im Kontext dieses Opus’ ein internationales Stipendium des Oberpfälzer Künstlerhauses in der Villa Paula Klatovy in Tschechien. Reinert wies einleitend auch auf die Zeitphase des Romans, den Sommer 1993 (gut drei Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, ein paar Monate nach der Teilung der Tschechoslowakei in Tschechien und die Slowakei), hin. „Fragen der Identität, Herkunft sowie Erinnerungen und Versöhnung“ würden, so der Moderator, eine wichtige Rolle spielen.

Gespräche über deutsch-tschechische Geschichte vor allem ab 1938
Über die Premiere für ihren neuen Roman „Taktwechsel“, die erste Lesung, freute sich die Autorin und versprach einen „Genuss mit allen Sinnen“ – auch angesichts der Musikstücke von ihr als Cellistin und Dieter Lohr mit der E-Gitarre – unter anderem Filmmusik, eine Eigenkomposition von Lohr und das Hauptthema aus Smetanas „Moldau“. Mit den ersten Seiten des Romans stieg Kreuz ein. Bereits in den ersten Zeilen werden Assoziationen deutlich. „Wie eine Rucksackdeidtsche schaust aus“, sagt die Oma zur Hauptprotagonistin Sophie, die mit dem Zug nach Prag fährt, um dort als Cello-Musikerin ins Konservatorium aufgenommen zu werden. „Omas Atem roch süßlich nach Weinbrandbohnen, den Guten aus Böhmen“, heißt es drei Zeilen später. Angedeutet werden bereits zu Beginn leichte Kontroversen in früherer Zeit zwischen den Nationalitäten. Aber auch die Tatsache, dass der kranke Opa in letzter Zeit viel von der alten Heimat erzählt. Die zweite Szene, die Kreuz vorlas, beinhaltete die Begegnung im Zug mit dem Tschechen Milan, ebenfalls Cellist im Prager Rudolfinum. Neben musikalischen Themen kommt das Gespräch schnell auf die deutsch-tschechische Geschichte vor allem ab 1938. Beide relativieren gängige Klischees: Sophies Großvater sei Sozialdemokrat gewesen, Milans Vorfahren hätten Teilnehmer eines Todesmarsches nach Flossenbürg unter eigener Lebensgefahr versorgt. Auch um die Bezeichnungen „Sudeten“ versus „Böhmen/Bohemia“ geht es und um den „wilden Osten“ bzw. die „Mitte Europas“. Eine weitere Annäherung an die Verflechtungen zwischen Deutschen und Tschechen kam in der dritten Lesepassage zum Ausdruck, in der Sophie bei Marketta, Milans Tante, ankommt. Deren Großeltern lebten ursprünglich in Böhmen, weshalb bei Marketta viele Aspekte auf diese Herkunft hinweisen: die Suppe, die Vitrine mit kristallenen Glastieren, das Geschirr usw. In der abschließend gelesenen Szene in einem Jazzkeller wird unter anderem Václav Havels Entschuldigung an den Sudetendeutschen diskutiert. Im Buch sind wir damit auf Seite 57 von 220 Seiten – es passiert also noch einiges, auch in Bezug auf die Geschichte und Traumata.

Transgenerationale Traumata spielen mit herein
Im anschließenden Gespräch erläuterte die Autorin, dass ihre Romanfigur wenig von der Geschichte bzw. den familiären Zusammenhängen damit wusste, „eher etwas gespürt“ habe, dies aber nicht richtig einordnen konnte. „Mit der Zeit lernt sie dazu“, merkte Kreuz an. Die Psychologie spricht von transgenerationalen Traumata. Durch persönliche Kontakte lernt Sophie, „woran es liegt und kann die Traumata teilweise wieder zusammenlegen“, so die Schriftstellerin. Sie gab auch Auskunft dazu, warum im Roman die Eltern von Sophie nur am Rand vorkommen und so die Beziehung zu Oma und Opa wichtig wurde. Im Fokus steht auch der Umgang mit der (sudeten)deutsch-tschechischen Frage, die vor allem vor dem Hintergrund der Familien von Sophie und Milan beschrieben wird. In der Enkelgeneration ist beiderseits eine vorurteilsfreiere Beschäftigung möglich.
„Den Schmerz und Verlust würdigen“
Abschließend merkte Angela Kreuz an, dass der Roman – trotz ihrer eigenen böhmischen Wurzeln – nicht autobiografisch ist. Vielmehr seien Geschichten aus unterschiedlichen Erzählungen – auch mit Schriftstellerfreunden und -kollegen aus Pilsen – mit in den Roman eingeflossen. Wichtig sei zudem im Jahr 2020 (Corona) eine deutsch-tschechische Begegnung auf dem Osser gewesen, die sie zum Erlernen der tschechischen Sprache motiviert hat. „Das hat viele Türen geöffnet, ich habe viele Reisen in Tschechien unternommen“, berichtete sie. Dabei habe sie bei tschechischen Personen immer wieder auch Bedauern über die schlimmen Vorkommnisse in der Geschichte gehört. Spürbar sei oft gewesen, dass die Zeit für Versöhnung reif sei. „Daher ist ‚Taktwechsel‘ ein Versöhnungsroman geworden. Ich fühle mich heute kompletter als vor 2020. Ich wäre froh, wenn der Roman überflüssig wäre. Es geht besonders auch darum, den Schmerz und Verlust zu würdigen“, fasste die Autorin zusammen.
Text und Fotos: Markus Bauer
(kw)




