News Bild Ampel-Koalition: Staatsleistungen an Kirchen ablösen. Ein Leserbrief von Prof. Manfred Spieker
Ampel-Koalition: Staatsleistungen an Kirchen ablösen. Ein Leserbrief von Prof. Manfred Spieker

Rechtlich geboten

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In einem Leserbrief zum Beitrag von Reinhard Bingener/Daniel Deckers, „Der Teufel im Detail“, vom 26. November 2021 beleuchtet Dr. Manfred Spieker, anerkannter Professor für Christliche Sozialwissenschaften, die Rechtsgrundlagen für die geplante Ablösung von Staatsleistungen an die Kirchen durch die neue Regierung in Deutschland. Leider wurde dieser Beitrag von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nicht übernommen. Hier lesen Sie den Beitrag von Prof. Spieker im Wortlaut:                      

„Die Ampel-Koalition beabsichtigt gemäß ihrem Koalitionsvertrag den seit 1919 bestehenden Verfassungsauftrag umzusetzen, die Staatsleistungen an die Kirchen, die auf staatlichen Entschädigungspflichten gegenüber den im Jahr 1803 enteigneten Kirchen beruhen, durch Ländergesetze abzulösen. Dafür muss der Bund, so Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 138 Weimarer Verfassung, „Grundsätze“ aufstellen. Dass an der Vorbereitung eines solchen „Grundsätzegesetzes“ die Kirchen beteiligt werden sollen, verrate „die Handschrift der SPD“, schreiben Reinhard Bingener und Daniel Deckers in ihrem Kommentar zum Koalitionsvertrag. Verfassungsrechtlich sei diese Beteiligung aber „nicht erforderlich“. Sie ermögliche es den Kirchen, den Aushandlungsprozess zu blockieren.

Diese Meinung entspricht nicht der Rechtslage. Die Beteiligung der Kirchen beruht nicht auf dem Wohlwollen der SPD, sondern auf dem Reichskonkordat von 1933, das in Artikel 18 vorschreibt, vor der Ausarbeitung der für die Ablösung aufzustellenden Grundsätze rechtzeitig zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Reich ein freundschaftliches Einvernehmen herbeizuführen. Was im Reichskonkordat für die katholische Kirche vereinbart wurde, gilt seit Bestehen der Bundesrepublik auch für die anderen Religionsgemeinschaften. Artikel 18 des Reichskonkordats schreibt nicht nur die Beteiligung der Kirchen an der Ausarbeitung der Grundsätze vor, sondern auch, dass die Ablösung „den Ablösungsberechtigten einen angemessenen Ausgleich für den Wegfall der bisherigen staatlichen Leistungen gewähren“ muss. Insofern ist die Beteiligung der Kirchen bei der Ablösung der Staatsleistungen geboten.“

Prof. Dr. Manfred Spieker
Osnabrück



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