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Alte Bräuche im Advent

Engelamt und Flachskollektur

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Regensburg, 9. Dezember 2022

„Der Advent hat seinen kirchlichen Brauch und seine bayerische Volkssitte“, so schreibt Josef Schlicht in seinem Buch „Bayerisch Land und Bayerisch Volk“. Viele dieser alten Bräuche sind zum Teil kaum mehr dem Namen nach bekannt, während andere bis heute überlebt haben. So werden noch heute in der Adventszeit in den Kirchen die Engelämter, die Rorate, gefeiert.

Früher mussten die Gläubigen allerdings zeitig aufstehen, denn der Gottesdienst begann schon um sechs, spätestens um halb sieben Uhr morgens. Die Rorateämter gehörten zur Adventszeit, und jede Familie, die etwas auf sich hielt, ließ eine Messe für die verstorbenen Angehörigen lesen. Mancher Pfarrkalender war bereits auf Jahre im Voraus mit Vorbestellungen für diese Zeit gefüllt.

Rorate coeli

Der Name „Rorate“ ist von den traditionellen lateinischen Anfangsworten der Liturgie (Rorate coeli – Tauet, Himmel) abgeleitet. Und weil das Evangelium von der „Verkündigung des Herrn durch den Engel Gabriel“ verlesen wurde, hatte die Messe auch die Bezeichnung „Engelamt“. In Scharen strömten die Gläubigen in aller Herrgottsfrüh in die Kirche. Oft hatten sie einen langen und beschwerlichen Weg durch die dunkle und kalte Winternacht hinter sich, und nicht wenige waren eine Stunde und länger unterwegs. Mit Laternen stapften die Menschen durch die Kälte, Mäntel und Mützen mit Schnee oder Reif bedeckt.

Wärmender Kerzenschein

Trotz der frühen Stunde und des oft weiten Weges versuchte man, mindestens einmal in der Woche ein Rorateamt zu besuchen. In der kalten Kirche ging jeder auf seinen Platz, fast jede Familie hatte ihren Kirchenstuhl. Wenn dann die Wachsstöcke in den Kirchenbänken und die Kerzen am Adventskranz angezündet wurden, spürte so mancher der Gläubigen in der kalten Kirche eine innere Wärme aufsteigen.

Der Volksglaube schrieb den Rorateämtern eine besondere Wirkung für die Familie – die Lebenden wie die Toten – sowie für das Vieh und für Haus und Hof zu. Und zu keiner Zeit wurde so zahlreich die Messe besucht wie im Advent.

Naturalien für den Kaplan

Ein Brauch, der heute oft nicht einmal mehr dem Namen nach bekannt ist, war die Flachskollektur des Kooperators. Weil die Gehälter der Kapläne so niedrig waren, bekamen sie in einigen Gegenden der Oberpfalz von den Bauern als zusätzliche Naturalleistung Flachs und Weizen. Das Einsammeln war eine mühsame Angelegenheit. Mit einem Helfer – meist war das der Mesner – machte sich der Kooperator auf den Weg zu den Höfen, die oft Wegstunden auseinander lagen. Das eingesammelte Getreide wurde dann zur Mühle gefahren, die Kleie konnte er verkaufen oder als Mahllohn anrechnen lassen.

Vor verschlossenen Türen

Dieser Weg von Hof zu Hof galt für den Kooperator als obligatorischer Hausbesuch. Er wurde am Sonntag zuvor von der Kanzel aus angekündigt. Trotzdem passierte es nicht selten, dass der Kaplan mit seinem Helfer vor verschlossener Tür stand.

Das war aber nicht die einzige „Haussammlung“ in der Adventszeit. Auch der Hütebub holte jetzt seinen verdienten Lohn.

Im Bayerischen Wald machte sich im Advent der „Herrgottskramer“ auf den Weg ins Flachland. In einer Kraxen hatte er seine geschnitzten Kreuze und Hinterglasbilder, die er dort verkaufen wollte. Damit zog er von Haus zu Haus. Zu essen bekam er bei den Bauern, geschlafen wurde im Stroh oder Stall.

Text: Judith Kumpfmüller



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