44. Bayerisch-Tirolische Wallfahrt zur Ölbergkapelle in Sachrang mit Bischof Voderholzer aus Regensburg
„Traditionen mit Substanz füllen“
„Zum Ruhme Gottes und zur Mahnung für das Tal“ rief die Glocke der Ölbergkapelle die Pilger nach Sachrang. Den Festgottesdienst zur 44. bayerisch-tirolischen Wallfahrt zur Ölbergkapelle in Sachrang hielt Bischof Dr. Rudolf Voderholzer aus Regensburg. Bürgermeister Peter Solnar begrüßte Wallfahrer und zahlreiche Ehrengäste – darunter den Abgeordneten Klaus Stöttner, die stellvertretende Landrätin Marianne Loferer und den Vorsitzenden des Bayernbundes Adolf Dinglreiter.
„Seit 44 Jahren treffen wir uns hier an der Ölbergkapelle, in all den Jahren wurde in allen Grußworten vom steten Willen nach Frieden gesprochen. Aber wie sieht es jetzt nach dem Eintreffen vieler Tausend Menschen aus allen Ländern aktuell mit dem vielstrapazierten Wir aus? Freilich sehen wir alle dieses Wir-Erlebnis angesichts der vielen Hilfesuchenden und der ungezählten Freiwilligen. Wir sehen aber genauso, dass unsere Bundesländer und genauso die Staaten der EU vor Uneinigkeit strotzen, wir sehen Abgeordnete, die jetzt erst langsam erwachen und sich über die Flüchtlingsproblematik informieren. Was sind das für Menschen, denen wir unser Vertrauen gegeben haben“, fragte der Regensburger Bischof.
Bürgermeister Solnar dankte dem Vorsitzenden des Müllner-Peter-Freundeskreises, Hans Pumpfer, sowie allen Initiatoren und den zahllosen Helfern für die Durchführung dieser seit 44 Jahren weit über Aschau und Sachrang hinaus bedeutenden Wallfahrt.Dirigent Sebastian Weyerer,die Musikkapelle Aschau und der Müllner-Peter-Chor begrüßten musikalisch die zahllosen Pilger auf dem kleinen Platz vor der Ölbergkapelle im Schatten der Bäume. Aufgeführt wurden die „Ölbergmesse für Chor und Bläser“ von Sebastian Weyerer mit der Musikkapelle Aschau und dem Müllner-Peter-Chor. Die Aschauer Alphornbläser stimmten die Gläubigen in den Gottesdienst ein, einen Teil der musikalischen Umrahmung übernahmen die Schwarzenstoaner Sängerinnen.
Bischof Dr. Rudolf Voderholzer zelebrierte den feierlichen Festgottesdienst. „Wir erleben derzeit eine kaum gekannte Willkommenskultur, aber viele fragen sich: Werden wir das auf Dauer schaffen und durchhalten? Wir müssen diese Sorgen ernst nehmen und versuchen, alle Menschen auf diesem Weg mitzunehmen.“ Bischof Voderholzer berichtete, dass er vom „Marsch für das Leben“ aus Berlin komme, der zum Gedenken für alle Kinder eingerichtet wurde, die nie geboren werden durften. „Willkommenskultur ist nicht teilbar, auch das Ungeborene hat Rechte und auch ihm muss das Willkommen unserer Gesellschaft gelten. Wir haben heute keine Kultur des Lebens, sondern eine Kultur des Sterbens“, erklärte er.
Es spreche sich auf den Kontinenten mit junger Bevölkerung herum, dass in Europa bald viel Platz für junge Leute zur Verfügung stehe. Eindringlich forderte er die Gläubigen auf, die Traditionen des Abendlandes fortzuführen und weiter mit Substanz zu füllen, nicht der Moslem, der seinen Koran kennt, sei eine Bedrohung für die abendländische Kultur, sondern der Christ, der seine Glaubenslehre nicht kennt. „Geben Sie alle ihren Glauben weiter an die kommende Generation und sorgen sie dafür, dass unsere Kultur eine Kultur des Lebens bleibt.“
Zahlreiche Gläubige aus der weiten Umgebung nahmen an der 44. Sachranger Wallfahrt teil. 16 Fahnenabordnungen aus Bayern, Tirol und Südtirol, Gebirgsschützen, Traditions- und Trachtenvereine und die Feuerwehren umstanden den reich geschmückten Altar an der Ölbergkapelle nahe der Grenze zu Tirol. Die Ehrenkompanie der Gebirgsschützen stellte in diesem Jahr die königlich bayerische Gebirgsschützenkompanie Aschau (GSK Aschau); die Aschauer schossen den exakten Ehrensalut.
Gebirgsschützen aus Lana dabei
Die Südtiroler Gebirgsschützenkompanie aus Lana nahm zum 32. Mal an der Wallfahrt teil, ihr Hauptmann Andreas Pixner beklagte die Wiedererrichtung der Grenzen zwischen Italien, Österreich und Bayern; wer das noch vor einem Jahr vorhergesagt hätte, wäre scheel angesehen worden, meinte er. Aus Bayern waren die Gebirgsschützenkompanien aus Aschau, Bad Endorf, Bernau Raubling, Rosenheim und Traunstein mit dabei, aus Tirol die Kompanien und Einheiten der grenznahen Orte Ebbs, Niederndorferberg, Niederndorf und die Kaiserjäger aus Kufstein. Gebirgsschützenhauptmann Hubert Stein von der Aschauer Gebirgsschützenkompanie begrüßte noch vor dem Festgottesdienst zusammen mit dem Vorsitzenden des Müllner-Peter-Freundeskreises Hans Pumpfer Bischof Dr. Rudolf Voderholzer an der Kirche Sankt Michael in Sachrang und stellte die Front der angetretenen Schützenformationen mit ihren Hauptleuten vor.
Die Ölbergkapelle zu Sachrang entstand als Klause bereits im 17. Jahrhundert, in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts entwickelte sich eine rege Wallfahrt. Um 1700 war die Blütezeit dieser Wallfahrt, danach ging die Zahl der Wallfahrer stetig zurück. Die Wallfahrtsstätte verfiel und wurde erst durch den bekannten Müllner-Peter von Sachrang, Peter Huber, um 1800 wieder renoviert. Nach Aufklärung und Säkularisation erwachte neues religiöses Leben und die Wallfahrt gewann für etwa 50 Jahre wieder an Bedeutung. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts versiegte der Wallfahrerstrom endgültig. Die jetzige bayrisch-tirolische Ölbergwallfahrt wurde 1971 wieder ins Leben gerufen, nachdem sie weitgehend in Vergessenheit geraten war.
Der Roman und der Film über den Müllner Peter von Sachrang machte den Ort und die Ölbergkapelle weit über die Region hinaus bekannt und so erreichte der damals neu gegründete „Müllner Peter Freundeskreis“ die Wiederbelebung der Wallfahrt. Zahlreiche hochrangige Zelebranten hielten in den vergangenen 44 Jahren am dritten Sonntag im September den Wallfahrtsgottesdienst, darunter alle Münchner Kardinäle, an ihrer Spitze der emeritierte Papst Benedikt XVI., sowie die Bischöfe aus Salzburg und Innsbruck.
Text und Fotos: Heinrich Rehberg
Quelle: <link http: www.ovb-online.de external-link-new-window>Oberbayerisches Volksblatt