News Bild 4000 Gläubige beim Anna-Schäffer-Gebetstag in Mindelstetten
4000 Gläubige beim Anna-Schäffer-Gebetstag in Mindelstetten

Leiden und Beten für die Kirche

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Mindelstetten, 26. Juli 2023

Der große jährliche Gebetstag von Anna-Schäffer hat trotz anfänglich schlechter Wetteraussichten wieder Tausende Gläubige an ihren Geburtsort gezogen. Belohnt wurden sie mit ein strahlendem Himmel, als Weihbischof Dr. Josef Graf auf dem Kirchplatz die Heilige Messe feierte. Unterstützt wurde Dr. Graf von nicht weniger als 17 Konzelebranten, unter anderem der Mindelstetter Pfarrer Josef Schemmerer, die Regionaldekane Thomas Stummer und Johannes Hofmann sowie Prodekan Wilhelm Karsten. Unter den vielen feiernden Gläubigen waren auch Vertreter aus der Politik, angefangen bei Tanja Schorer-Dremel vom bayerischen Landtag, Landrat Alexander Anetsberger, Stellvertretender Landrat Bernhard Sammiller, Kreisrat Josef Kundler sowie die Bürgermeister Alfred Paulus und Josef Lohr.

„Was ist mit der Kirche los?"

„Was ist mit der Kirche los?", mit dieser Frage begann Weihbischof Dr. Graf seine Predigt. Eine Frage, die ein Schulfreund ihm erst neulich per Whatsapp geschickt hatte. Eine Frage, die vielen von uns vielleicht auch schon aufgekommen ist in der heutigen Zeit durch die täglichen Berichte und Skandale in der Presse, angeführt von der nicht endenden Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Die hohen Zahlen bei den Kirchenaustritten sprächen auch für sich. Viele Zeitgenossen meinen, so der Weihbischof, die moderne Welt braucht doch die Kirche nicht mehr: „Sie denken anders, sonst wären sie nicht hier!", rief Josef Graf den Gläubigen zu. Heute zur katholischen Kirche zu stehen ist nicht leicht. Viele, die zur Kirche und zum Glauben halten wollen, leiden heute am Zustand unserer Kirche: „Vor allem die Schuld und die Sünden von uns hauptamtlichen Christen sind eine ganz schwere Belastung für die Kirche". Wer heute zur Kirche zu steht, erfährt nicht immer Verständnis, manchmal sogar Spott und Ablehnung. Dies kann durchaus bitter und schmerzhaft sein, erläuterte Weihbischof Dr. Josef Graf weiter.

Das stellvertretende Sühneleiden Anna Schäffers

Wenn man die Schriften von und über Anna Schäffer liest, so fällt auf, dass sie ein besonderes Gespür und Empfinden mit der katholischen Kirche hatte. Das betrifft auch das Leiden mit und an der Kirche. 1918 bat sie eindringlich im Gebet um Stärke für die Gläubigen, dass sie die Prüfungen bestehen. Hier ging es um die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche nach dem Ersten Weltkrieg, so Josef Graf: „Die Leute haben sich damals nicht scharenweise von der Kirche abgewandt, wie es heute leider ist, aber es herrschte damals eine große Unsicherheit wie es weitergehen sollte." Angst vor der Verbreitung kommunistischer Ideen in der Regierung, die der Kirche in ganz Deutschland feindselig gegenüber standen. „Eine andere Situation, als die unsrige heute, aber doch, wie heute, eine berechtigte Sorge um die Kirche. Auch darum, ob die Hirten ihren Aufgaben treu bleiben, im Glauben stark bleiben würden oder sich anpassen und davon laufen könnten." Die schon bettlägrige Anna Schäffer wusste von der Sorge. 1919 schrieb sie „Noch nie habe ich so viel geweint wie in den letzten Wochen, wo es um die Entscheidung unseres heiligsten Gutes auf Erden, nämlich um die heilige Kirche handelte." Aber wie ging sie mit den Sorgen um? Sie verbindet die Sorge um die Kirche und ihre Hirten mit dem stellvertretenden Sühneleiden. Sie bietet sich Gott an, mit und für die Kirche zu leiden, wie sie in einem Brief schreibt: „Für die heilige Kirche zu beten und zu leiden geht mir über alles. Jedes Mal zur heiligen Kommunion bitte ich inniglich den Heiland, er möge seine heilige Kirche und ihre Hirten schonen und mir lieber das qualvolle Martyrium für sie senden", zitierte der Weihbischof die Bistumsheilige.

Der Kirche treu bleiben

Der Sühnegedanke ist ein Kerngedanke unseres Glaubens, auch wenn er vielen schwerfällt: „Wir Christen glauben, Jesus Christus hat durch seinen freiwilligen auf sich genommenen Kreuzestod unsere Schuld vor Gott gesühnt." Hilfe kann der Gedanke an eine Mutter geben, die bereit ist, die schwere Krankheit ihres Kindes zu übernehmen, wenn nur ihr Kind dadurch wieder gesund würde. So ähnlich ist die Sühne im christlichen Sinn: Die stellvertretende Übernahme unserer Schuld durch Jesus Christus. „Die Sühne der Christen ist das Anteilnehmen an dem einen Sühnewerk Christi". Wir sollen wie Jesus für einander eintreten. Anna Schäffer hat es uns vorgemacht, indem sie mit und für die Kirche gelitten hat. „Was wir alle tun können, ist der Kirche wenigstens die Treue zu halten." Die Sorgen der Zeit aushalten und mittragen, um so am Sühneleiden der Kirche teilzuhaben, so Weihbischof Dr. Josef Graf abschließend. 

Am Ende des Gottesdienstes segnete Weihbischof Graf alle mitgebrachten Medaillen, Kreuze und Rosenkränze. Auch jedes der Kinder, die sich nach der Messe um ihn versammelten, segnete er einzeln. Viele Gläubige verbrachten noch einige Zeit zur Anbetung in der Mindelstettener Kirche am Grab der heiligen Anna Schäffer.

Text und Fotos: Simon Doering/jas



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